Pelagic Zone / Same
Same Spielzeit: 43:05
Medium: CD
Label: Cranky Crustacean Sound, 2013
Stil: Jam Rock


Review vom 07.06.2013


Ulli Heiser
Hamburg, schon wieder Hamburg. Kürzlich begeisterte mich eine Band aus eben dieser Stadt. Sollte das wieder funktionieren?
Heute geht es um Pelagic Zone - die Wasserratten unter uns werden mit diesem Begriff vertraut sein und wenn die Band den Namen gewählt hat, um ihre musikalische Bandbreite adäquat zu umschreiben, dann hat sie sich viel vorgenommen: Vom Epipelagial bis hinunter zum Hadopelagial sind es schließlich ein paar Kilometer. In Musik ausgedrückt sollte es da schon auch in Zonen unterschiedlicher Provenienz gehen.
Das Infoblatt nennt als Genre Rock, Pop und Experimental. So einfach will ich das aber nicht akzeptieren. Rock ist klar, das passt immer. Pop wäre klasse, denn wenn das vorliegendes Album in die Populär-Schublade passen würde, wäre es mehr als sehr gut um die Musiklandschaft in deutschen Landen bestellt. Vielleicht kratzt "Trees" ein wenig am Pop, was sicherlich an der Gastsängerin Birte Königshoff liegt, deren sanfte Stimme unweigerlich dafür verantwortlich zeichnet. Sie kratzt aber wirklich nur, denn dem Song wohnt mehr oder weniger unterschwellig eine süßliche Jazz-Note inne.
Experimental kann ich nicht heraushören, zu sehr ist mir diese Art von Musik vertraut, als dass ich da Parallelen zu echter Experimentalmusik ausmachen könnte. Selbst die paar elektronisch klingenden Einlagen z. B. bei "Wanted" sind weit davon entfernt, diese Richtung einzuschlagen - zu sehr killt die geil einsetzende Gitarre und der bouncende Rhythmus die kurze Sequenz.
Und jetzt sind wir da, wo wir hinwollen: Pelagic Zone muss, wenn man das komplette Album betrachtet, bei den Jambands einsortiert werden, so man denn eine Klassifizierung vornehmen will. Die Einflüsse gehen in Richung moe., Phish und Widespread Panic, ohne aber eine eigene Identität zu verbergen, oder den drei Größen zu nahe zu kommen. Es ist mehr eine Art Seelenverwandtschaft, die auf Stimmung und Ausdruck basiert. Locker, flockig jammen die Hamburger durch die Tracks, hier und da mit sehr passender Choreografie gelungene Breaks setzend. Die Truppe spielte mit Genreikonen wie Schluff Jull und den Mars Mushrooms. In diesem Jahr waren sie im Billing des Deadheatmeeting in Plauen und wenn man sich die Meinungen der Deadheads auf dem Wheel (Seite der Veranstalter und der deutschen Deadheads) anschaut, dann haben sie auf dem Meeting eingeschlagen.
In Plauen, bei eben erwähntem Treffen konnte Pelagic Zone die absolute Stärke des Jam-Genres ausspielen: Live-Jamming. Aber Hut ab, auch auf vorliegender Studioproduktion ist nichts von sterilem Abspulen zu spüren. Die Musik kommt fast wie live gespielt rüber, wenngleich die Stücke live mit Sicherheit einige Potenzen an Groove, Dauer und Intensität zulegen. Die Band selbst geht auf dieses Thema im Infoblatt ein, dass sie sich bei der Produktion innerhalb ein definierten Gerüstes bewegen musste und ihre Stärke, das ausufernde Live-Jammen schlecht ausspielen konnte. Mit ein Grund, weswegen sich die Musiker auch zweieinhalb Jahre Zeit für ihr Debütalbum nahmen. Das Ergebnis sollte schließlich wiedergeben, für was die Band steht. Das ist gelungen, denn würde mir die Scheibe mit der Bemerkung 'alles live' vorgespielt werden, so würde ich keinen Zweifel an dieser Aussage hegen. Wie brutal genial müssen die Shows im richtigen Leben sein…?
Gigantische Gitarrenchords legen Breaks und driften (aber immer leicht jammend) kurz in proggige Gefilde, die die Tanzenden vor der Bühne aber aber nie aus dem Schritt bringen. Rhythmisch - und das ist ja schließlich das A und O beim Jammen - herrscht von vorne bis hinten Dampf. Es groovt, es funkt hier und da und die ganz leichten Jazz-Anleihen hatte ich ja bereits erwähnt. Die vier Jungs lassen zu keiner Zeit Zweifel aufkommen, dass sie das, was sie gerade tun, mit höchstem Spaß tun. Zu keiner Zeit nimmt sich auch nur einer die Freiheit, die anderen an die Wand zu spielen. Möglichkeiten wären zuhauf vorhanden, denn Gitarre und Keyboard haben oft Parts, die des Hörers Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Aber was wären diese Parts, ohne den unbändigen Groove und Drive, den die Rhythmiker dazu präsentieren?
Beim Rezensieren kommen mir immer wieder Referenzen unter, die aber, liebe Leser, bitte nicht allzu ernst genommen werden sollten. Es sind eher kleine Lichtblitze, die hier und in einer Nummer bestimmte Cluster auf meiner kopfinternen Festplatte anregen. Bisschen was von der Leichtigkeit des Biddu Orchestras, eine Spur Idris Muhammad, eine spannende Prise Quantum Jump, eine Nuance Lockerheit à la Doobies und auch etwas vom Flair Little Feats.
Da haben wir sie wieder, die Zonen: Epipelagial, Mesopelagial, Bathypelagial, Abyssopelagial und Hadopelagial. Bei dem ein oder anderen werden die Gehirnsynapsen sie mit anderen 'Bewohnern' füllen. Genau das ist mit eine der Stärken der vier Hamburger - sie lassen Platz zum eigenen 'Mitmachen' und geben kein starres Korsett vor. Jam Rock, wie er sein soll. Und noch mal wie es sein soll: Auch in Vinyl erhältlich!
Ein Debüt vom Allerfeinsten und die Summe aus Rock, Pop, Experimental, Jazz, Funk und was die Musikgötter sonst noch so heraushören mögen, ergibt bis auf die letzte Stelle hinterm Komma nur eines: Jam Rock und noch mal Jam Rock. Well done.

Eigentlich wäre das Review jetzt fertig, aber mein Langzeitgedächtnis scheint zu funktionieren, denn irgendwie hatte ich Peter Urban und Martin 'Maui' Mundt auf dem Schirm, wuste aber nicht so genau, wann und wie. Im Jahre 2007 war es, als ich die beiden auf Platte kennenlernte. Damals auch bei einer Jamband und zwar bei Captain Obvious. So klein ist die Welt...
Über die folgenden Links kann man die CD oder die LP übrigens komplett streamen und bei Gefallen direkt bei der Band ordern (CD: € 10, LP: €12).
Line-up:
Bernd Ubben (guitar, lead vocals)
Peter Urban (drums, background vocals)
Martin 'Maui' Mundt (keyboards, background vocals)
Julian Bohne (bass, background vocals)

Birte Königshoff (vocals - #5)
Tracklist
01:Your Are Pen
02:Hummingbird
03:How Up (Do High Knee)
04:Wanted
05:Trees
06:Fast Or Far
07:Hand Grenades & Harmonies
08:Too Fidy
09:Void
Externe Links: