Southside Johnny And The Asbury Jukes / Live At Rockpalast
Live At Rockpalast Spielzeit: ca. 233:00
Medium: DVD
Technik:
Bildformat: 4:3
DVD-Format: NTSC Region 0
Sound-Format: Dolby Digital 5.1 (1992), Dolby Digital 4.1 (1979)
Sprache: Englisch
Untertitel: keine
Label: Eagle Vision, 2011
Stil: Rock, Soul, R&B

Review vom 18.08.2011


Steve Braun
Meine erste Begegnung mit Southside Johnny war genau jene fünfte Rockpalastnacht, die den zweiten Teil auf dieser DVD bildet. Mann, der ließ mich ja so was von kalt... Sein Rhythm'n'Blues erinnerte mich zwar vor allem wegen der Bläser an die Blues Brothers und die mochte ich sehr. Wenn mir die Erinnerung keinen Streich spielt, war mir die Show allerdings etwas zu affig-aufgesetzt. Außerdem wartete ich wohl ungeduldig auf meine Lieblinge Nils Lofgren und Mitch Ryder, für die Southside Johnny And The Asbury Jukes eröffneten. Wie gut, dass Mann sich weiter entwickelt...
Mitte der siebziger Jahre trat der Mann aus New Jersey erstmals in Erscheinung. Seine ersten drei Alben, die er bis zu diesem Rockpalast-Gig veröffentlicht hatte, wurden samt und sonders von einem gewissen Little Steven produziert - jeder dürfte Mr. 'Springsteins' langjährigen, kongenialen Partner kennen. Zu Springsteen führen obendrein weitere Verbindungen: Genau wie dieser und dessen E Street Band zählte Southside Johnny zu den legendären Jersey Shore Musicians und war da bei Springsteen nicht auch etwas mit 'Asbury'? Richtig: dessen erstes Soloalbum hieß bekanntlich "Greetings From Asbury Park, NJ". Bis in heutige Tage sollten sich die Wege dieser drei Musiker immer wieder kreuzen.
Der umtriebige John Lyon, so heißt Johnny mit bürgerlichem Namen, ist noch immer beinahe ständig auf Tour und veröffentlicht regelmäßig auf seinem eigenen Label, Leroy Records. Es war und ist aber sein Fluch, stets im Schatten seiner beiden Wegbegleiter zu stehen. Beständig wurde er an Springsteen gemessen und flog - kurz nach diesem ersten Rockpalast - achtkantig aus seinem Major-Vertrag, wegen 'Erfolglosigkeit'. Ein mieses Business... als ob man diese beiden völlig unterschiedlichen Musiker miteinander vergleichen könnte! Southside Johnny hat sich aber (gerade auch hier in Deutschland) eine treue Anhängerschaft erspielen können - klein, aber sehr fein.
Heute kann ich nicht mehr nachvollziehen, was mir in dieser Nacht vom 6. auf den 7. Oktober 1979 missfallen hat. Southside Johnny und seine Asbury Jukes waren sofort im Set und das Publikum reagierte spontan begeistert auf diese mit prickelnder Energie geladene Bühnenpräsenz. Das war (und ist heute noch - wie später zu berichten sein wird) R&B der allerfeinsten Sorte: Das eine Bein knietief im Rock'n'Roll und das andere bis zur Hüfte im Soul steckend. Das markanteste und prägende Merkmal der Asbury Jukes sind bis heute die messerscharfen Bläsersätze, an Präzision nicht zu überbieten. Johnnys Stimme kann man ebenfalls als einzigartig bezeichnen - nicht schön, aber es passt, wie die Faust ins Gemächt.
Warum hat mich nur damals dieses bluesige Intro zu "Security" nicht gepackt? Wenn sich die exzellenten Gitarristen Billy Rush und Joel Gramolini hier duellieren, treibt das auch heute noch die Schweißperlen auf die Stirn und wenn dann der Gesang einsetzt wird's schwarz wie 'Laddwerge' (saarld. für Pflaumenmus). Ein glockiges Fender Rhodes über einem geschmeidigen Riff erinnert in "The Time" an die guten alten Chicago. Mit "Trapped Again" und "Vertigo" folgen die beiden bis dahin stärksten Songs und spätestens nach diesem 'Viererpack' ist mir klar, wie engstirnig und verbohrt ich seinerzeit war.
Doch es geht noch schärfer: "The Fever" wird von Johnnys Bluesharp eröffnet und geht in einen 'smoothen', aber alles andere als aalglatten Bar-Jazz über. Hammer, der Mann hat dich am Haken... Bis heute ist "I Don't Want To Go Home" wohl die Erkennungsmelodie des mittlerweile 63-Jährigen geworden. Der 'Rausschmeißer' "We Are Having A Party" lässt den Motown-Sound der Sechziger wieder quicklebendig werden. Überbordende Zugabeforderungen bringen Southside Johnny And The Ashbury Jukes noch zu einem Uptempo-Rock'n'Roll als Zugabe zurück auf die Bühne der Essener Grugahalle. Ein saustarker Gig...
Dreizehn Jahre später stand Southside Johnny mit komplett umformierten Asbury Jukes - einzig Posaunist 'La Bomba' Rosenberg war noch an Bord - auf der Bühne der Kölner Live Music Hall. Kein Geringerer als Rockpalast-Mastermind Peter Rüchel kündigt den 'Neuner' an.
Nicht nur die Bildqualität sondern auch der Sound sind im Vergleich deutlich verbessert, was selbstredend dem technischen Fortschritt geschuldet ist. Diesmal spielt Southside Johnny ein volles Set - und was für eins: sagenhafte zweieinhalb Stunden! Am Ende kann sich der gute Mann kaum noch auf den Beinen halten. Das ist Rock'n'Roll wie er leibt, lebt und schwitzt - was für eine Rampensau! Zu sehen ist ein Typ, der nicht nur älter sondern auch stimmlich und in seiner Bühnenperformance reifer geworden ist und eine Band, die noch 'tighter' (im Sinne von kompakter, dichter) agiert.
Die Songs des damals aktuellen Albums "Better Days" dominieren natürlich das Set. Man fällt vor Lachen fast von der Couch, wenn "I Played The Fool" in ätzendem Disco-Sound eröffnet wird, Johnny bricht ab »wollt ihr wirklich so einen Scheiß?« und startet danach den Song als feisten R'n'R neu. Bei "Soul's On Fire" und "The Fever" möchte man am liebsten im Soul zerfließen. Zu "I've Been Workin' Too Hard" wird ein Feuerwerk abgefackelt, dass einem Angst und Bange wird. Abrocker wechseln sich mit gefühlvollem Soul und R&B sowie unter die Haut gehenden Balladen ab - eine kaum für möglich gehaltene Steigerung gegenüber dem 1979er Gig.
Als absoluter Höhepunkt der Show kommt dann Little Steven zur zweiten Zugabe als Überraschungsgast auf die Bühne und rockt in gewohnter Manier ab. Insgesamt sechs (!!) Zugaben bekamen seinerzeit die Fans in der Live Music Hall auf die Ohren. Da ist es schon fast ein Hohn, wenn heutzutage die allermeisten Shows nach genau abgezirkelten 75 Minuten zu Ende sind. Nach zweieinhalb Stunden Southside Johnny brennt hier jedenfalls der Fernseher.
Zum Abschluss gibt es dann noch ein herrlich chaotisches Interview mit Alan Bangs und der Band. Viele (vernünftige) Informationen bekommt man nicht und es stellt sich vor allem die Frage, was für ein Kraut die da alle vorher geraucht haben! Macht aber trotzdem endlos Spaß.
Die Ausstattung ist (wieder mal) dürftigst ausgefallen. Wenigstens ein Faltblatt mit den beiden Line-ups hätte man spendieren können, aber: Dem gegenüber stehen 233 Minuten mit Hochsapannung geladener Musik. Muss man gesehen haben... unbedingt!!
Line-up:
1992:
Southside Johnny (vocals, harp)
Bobbie Bandiera (guitar, vocals)
Richie 'La Bomba' Rosenberg (trombone)
Joes Stann (saxophone)
Mark Pender (trumpet)
Rusty Cloud (keyboards)
David Hayes (bass)
David Beal (drums)

Guests:
Steven van Zandt (guitar)
Tim Holland (guitar, vocals)

1979:
Southside Johnny (vocals, harp)
Billy Rush (lead-and rythmguitar, vocals)
Joel Gramolini (rythmguitar, vocals)
Allan Berger (bass)
Kevin Kavanaugh (keyboards, vocals)
Steve Becker (drums, vocals)
Ed Manion (saxophone)
Richard 'La Bomba' Rosenberg (trompone)
Rick Gazda (trumpet)
Bob Muckin (trumpet, horn)
Stan Harrison (saxophone, flute)
[Anmerkung: Beide Line-ups sind dem Rockpalast-Archiv entnommen und nicht vollständig oder mglw. gar fehlerhaft!]
Tracklist
Live Music Hall, Köln, 1992:
01:Better Days
02:Talk To Me
03:Love On Wrong Side Of Town
04:Walk Away Renee
05:I Played The Fool
06:Hard To Find
07:Soul's On Fire
08:I Feel Free
09:Love Is A Sacrifice
10:All The Way Home
11:Let It Be Me
12:Broke Down Piece Of Man
13:I've Been Working To Hard
14:The Fever
15:Trapped Again
16:I Don't Want To Go Home
17:Shake 'em Down
18:Wonderful World
19:Having A Party
20:Coming Back
21:This Time It's For Real
22:Forever
23:It's Been A Long Time
24:Hearts Of Stone

Grugahalle, Essen, 1979
01:All I Want Is Everything
02:Your Reply
03:Talk To Me
04:Livin' In The Real World
05:Security
06:I'm So Anxious
07:The Time
08:Trapped Again
09:Vertigo
10:The Fever
11:I Don't Want To Go Home
12:We Are Having A Party
13:Got To Be A Better Way Home

Bonus Feature:
Interview with the Band (1979)
Externe Links: