Sean Taylor / 22.08.2010, Café De Muzikant, Neerkant (NL)
Café De Muzikant Sean Taylor
Café De Muzikant, Neerkant (NL)
22. August 2010
Stil: Singer/Songwriter


Artikel vom 26.08.2010


Joachim 'Joe' Brookes
Ein Mann, eine Gitarre, eine Stimme.
Sean TaylorSeit vier Jahren hat RockTimes den Londoner Musiker Sean Taylor auf dem Schirm und es dauerte relativ lange, ihn nun endlich live erleben zu dürfen. Sein Bekanntheitsgrad steigt stetig und schließlich trat er 2010 bereits beim renommierten Glastonbury Festival auf. Spotlight in unseren Breitengraden war ein Support für John Fogerty in der Schweiz. Für Begeisterung sorgte er auch als Einheizer bei Nine Below Zero,
The Groundhogs oder Chicken Shack. Nun standen für Taylor Termine in den Niederlanden an.
Mit seinem eineinhalbstündigen Auftritt in einem der wohl unzähligen gemütlichen niederländischen Cafés wie De Muzikant im idyllischen Neerkant sorgte Taylor für beste Unterhaltung und Laune beim Publikum.
Sean TaylorBereits mit dem Starter "None Of Us Are Free" von seinem Angels-Album umschmeichelte er die Ohren der Anwesenden mit einem seiner Grooves. Seine Stimme setzte er sanft wie Watte und rau wie Schmirgelpapier ein. Der Mann ist locker in der Lage, seinen Gesang als zusätzliches Instrument einzusetzen. Als nächstes folgte ein Song von Corrugations. "Ashes To Ashes" war ein Stück mit etwas mehr Intimität. Da gab es schon Anzeichen einer Gänsehaut, wenn man nicht nur die Musik hörte, sondern auch mitverfolgen konnte, mit welchem Verve Taylor seine Kompositionen zelebrierte.
Sean TaylorMit dem gleichzeitigen Einsatz von zwei Kapodastern setzte er erstmals ein technisches Schmankerl ein. Der Engländer spielte vor, zwischen und hinter den Vorrichtungen und erzeugte so richtig originelle Klänge. Der Protagonist belegte im Laufe des Konzerts, dass es für ihn in Bezug auf seine akustische Gitarre nicht nur wichtig ist, Saiten auf verschiedenste Weise zum Schwingen zu bringen. Für ihn zählte das gesamte Instrument als Fundament für unzählige Sounds. Er war ein Zauberer auf seinem Arbeitsgerät. Es gab viele Phasen ausladender instrumentaler Passagen, wie zum Beispiel in "The Best Days Of Your Life".
Taylor war in der Lage, ganz unterschiedliche Stimmungen zu schaffen. Mal war man als Hörer quasi in einer intensiven Intimität gefangen und dann konnte er einen mit ungemein offener Weitläufigkeit, so wie die Gegend, in der Neerkant liegt, imponieren. Neben einer Lehrstunde in Sachen differenziertem Groove, war das balladeske "For You" eine erste Kostprobe aus Walk With Me. Hatte ich etwas von Gänsehaut erwähnt ...
Sean TaylorViel Equipment befand sich nicht auf dem Dielenboden des Cafés. Als Geschicklichkeitskünstler erwies er sich beim Erzeugen von Echos. So wurde nicht nur eine Skip James-Nummer zu einem kathedralen Blues. Immer wieder ließ Taylor dieses Genre aufblitzen, wie mit "Feel Alright", ebenfalls von "Walk With Me". Das Tripel aus seiner momentan aktuellen CD machte "Hold On" komplett. Hammer, wenn die Atmosphäre nun auch noch durch eine Blues-Harp verfeinert wurde. Das sind Ingredienzien, die weiter an der Stimmungsschraube drehten.
Der Titelsong seines dritten Albums Calcutta Grove war für mich der Primus inter Pares des tollen frühen Abends, denn Taylor legte bereit um 17:30 Uhr los. Zwischen den Songs offerierte er Hintergründe zu seinen Stücken und einen Platz namens Calcutta Grove gibt es auf der Welt gar nicht. Dennoch brachte er die Fantasie in Gang und durch die imaginären Blätter der Bäume tauchte John Martyn auf. Mit geschlossenen Augen hatte man das Empfinden, es nicht mit nur einem Gitarristen zu tun zu haben. Niemand hatte verboten, mit einem klanglichen Überraschungseffekt aufzuwarten, wenn durch das Schallloch gesungen wurde. Toll!
Sean TaylorKlasse Groove war wieder angesagt ... "Nightmares". In der Zitatenabteilung gab es nach einer Bob Dylan-Nummer dann etwas später "Freedom" von Richie Havens. Mit einer Korpus-Percussion-Einlage als Intermezzo herrschte Woodstock-Stimmung in Neerkant. Ob er die Saiten nun schlagend oder durch Fingerpicking in Schwingungen versetzte, Sean Taylor zeigte sich als ein ausgezeichneter Musiker, der Emotionen freisetzte. Mit seiner Harp war er ein letztes Mal in "The Devil's Black Hat" unterwegs. Der Alleinunterhalter krönte seinen Auftritt mit einem Stück von Billie Holiday. Sean Taylor war ein Teufelskerl auf der akustischen Gitarre und konnte einen bereits nach wenigen Momenten gesetzten Spannungsbogen über das gesamte Konzert aufrechterhalten. Hoffentlich ergibt sich bald wieder die Gelegenheit, diesen Künstler abermals bewundern zu dürfen.
Wir bedanken uns bei Sean Taylor für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Sean Taylor (vocals, guitar)
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