The Tony Williams Lifetime / Turn It Over
Turn It Over Spielzeit: 38:04
Medium: CD
Label: Universal, 1997 (Polydor 1970)
Stil: Jazz Rock


Review vom 16.03.2009


Wolfgang Giese
Emergency, so hieß die erste Zusammenarbeit von John McLaughlin (guitar), Larry Young (organ) und Tony Williams (drums) im Jahre 1969. Nun, ein Jahr später, 1970, wurde aus dem Trio ein Quartett. Der Sänger und Bassist Jack Bruce mischte nun mit und wertete die 'Supergroup' nun noch einmal auf.
Und leider war dieses dann auch bereits der 'Schwanengesang' dieser Formation Lifetime.
War "Emergency", einst auf 2 LPs veröffentlicht, noch geprägt von langen Improvisationen, wurden nun kürzere, mehr strukturierte Stücke vorgelegt. Entgegen der klanglich nicht idealen Produktion von "Emergency" ist "Turn It Over" sehr gut gelungen.
Nach Angaben Williams' wollte er mit dieser Platte eine Fusion zwischen Rock und Jazz schaffen, die man möglichst laut hören sollte. Und so war dann auch der Sound ausgerichtet: Mächtige Schlagzeuganteile mit sehr kraftvollem Spiel, ein fetziger McLaughlin und ein brummelnder Bass, dazu Youngs abgehobenes Orgelspiel… das war damals durchaus wie ein 'Schock', sowohl für die Jazz- als auch die Rockgemeinde.
Denn diese Musik stellt in der Tat etwas besonderes dar und steht 'zwischen den Stühlen'. Darüber hinaus hatte sich die erst etwa zwei Jahre später formierende Fusion- oder Jazz-Rock-Szene hier noch gar nicht ausgeprägt, nur Miles Davis legte bereits entsprechend ausgerichtete Musik vor, so dass auch diese Platte insofern eine Vorreiterstellung einnimmt.
Ein Negativaspekt ist für mich, dass bei vier Tracks Gesang hinzugefügt wurde. Nun gut, einmal mit Bruce, der hier jedoch auch nicht so besonders hineinpasst ("One world"). Aber die anderen Versuche Williams' klingen nicht unbedingt überzeugend - andererseits, ich habe die Musik damals genau so kennen gelernt und sonderlich gestört hat es mich persönlich nie. So trägt dieser gesangliche Vortrag schließlich auch zur besonderen Atmosphäre der Musik bei.
Überhaupt sollte man der Musik dieses Albums offen gegenüberstehen, weil es etwas ist, das nicht in gängige Schubladen und Hörgewohnheiten passt!
Die Musik wirkt skurril, etwas düster und sehr außergewöhnlich; dadurch, dass hier sozusagen eine Atmosphäre auf den Hörer eindringt, die sich durch faszinierende, quirlende, unbequem anmutende, aufdringliche, mal fließende, mal 'abgehackte' Klänge auszeichnet.
Schade nur, dass, wenn sich hier Improvisationen entwickeln wollen (man beachte "To Whom It May Concern"), die zeitliche Limitierung der Stücke dann etwas ärgerlich wirkt - hätte man doch nur etwas länger... à la "Emergency"...
Aber es ist, wie es ist - trotz einiger Einschränkungen ist und bleibt dieses Album ein Unikum und eine Besonderheit in der Geschichte der Fusion-Bewegung: Rock Jazz im Popsong-Format.
Unter den Fremdkompositionen erfahren hier insbesondere "Once I loved" und "Big Nick" ganz eigenwillige Bearbeitungen. Wer die Platte noch nicht kennt, sollte sich bald auf Entdeckungsreise begeben. Es wird ein Abenteuer!
Line-up:
John McLaughlin (guitar)
Jack Bruce (bass,vocals)
Larry Young (organ)
Tony Williams (drums, vocals)
Tracklist
01:To Whom It May Concern - Them
02:To Whom It May Concern - Us
03:This Night This Song
04:Big Nick
05:Right On
06:Once I Loved
07:Vuelta Abajo
08:A Famous Blues
09:Allah Be Praised
10:One Word
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