Editorial - Juli 2010



Editorial vom 01.07.2010


Markus Kerren
Liebe RockTimes-Freunde,
der Juni ist ja eigentlich immer ein Monat auf den man sich freut, weckt er doch Assoziationen mit Sommer, Sonne, Grillen und vielen weiteren Vergnügungen, denen man in langen kalten Winternächten hinterher trauert. Irgendwie nicht so richtig mitmachen wollte dieses Jahr allerdings das Wetter, das nicht wenige Grillpartys sprichwörtlich ins Wasser fallen ließ. Noch entscheidender war aber wohl, dass immer noch der lange Schatten des Ablebens von Sangesgott
Ronnie James Dio über den Musikfreunden hing. Und wie meistens, wenn ein Großer gegangen ist, entstehen im Umfeld plötzlich erstaunlich zahlreiche Aktivitäten, im Guten wie im Schlechten. So zeigte sich Ronnies Witwe Wendy Dio gar überhaupt nicht begeistert von so manchen 'Tributen', deren Profit ganz selbstverständlich auch in Dios Krebsstiftung fließen sollten. So zumindest werden sie beworben, von der guten Wendy aber in vielen Fällen als reine Heuchelei entlarvt. Gruselige und höchst pietätlose Machenschaften also ...
Apropos gruselig: Leider war der Andrang vor der Rock'n'Roll-Himmelspforte auch im abgelaufenen Monat wieder überschwenglich. Ganze neun Todesanzeigen mussten wir mit feuchten Augen in unserer News-Abteilung schalten. Diesmal war zwar kein ganz großer Name dabei, aber ganz sicher hatten auch diese Musiker die Geschichte des Rock mitgeprägt. So erlag zum Beispiel Peter Quaife, Gründungsmitglied und (bis 1969) Bassist einer der wichtigsten englischen Bands überhaupt, den Kinks, (vermutlich) seinem langjährigen Nierenleiden. JoJo Billingsley hatte dagegen dem Tod vor 33 Jahren bereits einmal ein Schnippchen geschlagen, als sie als Background-Sängerin den legendären Flugzeug-Absturz von Lynyrd Skynyrd überlebte, dem drei andere Bandmitglieder plus Roadmanager Dean Kilpatrick zum Opfer fielen. Der Krebs hat aber leider wenig Sinn bzw. Verständnis für Begriffe wie Glück oder Zufall und ließ die 58-jährige viel zu früh aus dem Leben scheiden. Desweiteren neu im Trauer-Kabinett: Ali Ollie Woodson (Keyboarder für u.a. The Temptations, Aretha Franklin), Stuart Cable (ehemailger Schlagzeuger bei The Stereophonics), Marvin Isley (The Isley Brothers), Phillip Petty (Bassist bei den Southern Rockern Point Blank), Garry Shider (Gitarrist bei den Funk Rock-Bands
Parliament und Funkadelic) sowie die Musik-Journalistin und ehemalige Mitarbeiterin des Bayrischen Rundfunks Ingeborg Schober, die als intime Kennerin der sogenannten Krautrock-Szene galt.
Noch am Zappeln (wenn ich das mal so ganz salopp sagen darf) ist dagegen Gregg Allman, der eine Lebertransplantation offenbar gut überstanden hat. So musste schließlich auch diese amerikanische Legende eingestehen, dass man für die Sünden in jüngeren Jahren dann doch irgendwann mal (meistens sauteuer) bezahlen muss.
Aber zum Glück passierten auch ein paar schöne Sachen und für den ein oder anderen Lacher sind die Herren und Damen Musiker ja auch immer gut. Zunächst einmal in eigener Sache, denn es heißt: RockTimes ist jetzt auch im Radio vertreten. So stellen wir einmal wöchentlich, hauptsächlich in Person unserer Hauptstadt-Delegation Mike Kempf, Alben vor, die einen besonderen Eindruck bei uns hinterlassen haben. Der Sender heißt Alex - Berlin und ist selbstverständlich auch im Netz zu empfangen. Sendezeit ist immer Sonntags von 19.00 - 20.00 Uhr, und für alle, die mal reinhören wollen, hier ist der Link.
Versprechen kann ich, dass es sich lohnt!
Unser aller 'Madman' Ozzy Osbourne, dessen Spitzname - so wird gemunkelt - nicht ganz zufällig zustande kam, musste mal wieder ein neues Album promoten und hat sich dafür einmal mehr allerhand Unsinn einfallen lassen. So amüsierte er sich köstlich darüber, nichts ahnende Besucher bei Madame Tussaud's in Schreikrämpfe zu versetzen, nachdem er sich, zunächst als Wachsfigur getarnt, plötzlich zu grobmotorischen Ekstasebewegungen hinreißen ließ. Zirka vier Herzattacken unschuldiger Besucher später hatte er als Entschuldigung nur anzumerken, dass sein neues Album ja schließlich auch "Scream" ("Schrei") hieße. Aaahm ja, Ozzy ... Desweiteren wollte er uns unterjubeln, dass er aufgrund einer angeborenen Leseschwäche nur sehr ungern ein Buch in die Hand nimmt. Warum er sich als überzeugter Nicht-Leser dann aber über viele Jahre eine monumentale Bibliothek mit allen lyrischen Klassikern aufgebaut hat, lässt sich für den nun informierten Hobby-Psychologen allerdings nicht so leicht knacken.
In den USA ließ Elton John mit seiner Behauptung, Jesus sei homosexuell (gay) gewesen, mal wieder sämtliche religiösen Fanatiker total am Rad drehen und ihn gar (später vom Gericht ungestraft) als vogelfrei erklären. Der 'Dämon' Gene Simmons sorgt dagegen mit seinen zum besten gegebenen Witzen, in denen er seinen eigentlichen Platz auf Gottes Thron sieht, kaum noch für Aufsehen. Der vom Alkohol geplagte Ronnie Wood kündigte sowohl ein Solo-Album wie auch die weiteren Konzert-Aktivitäten der Faces (mit Mick Hucknall statt Rod Stewart am Mikro) an, knapp 20 Jahre nach ihrem letzten gemeinsamen Auftritt kommen The Pogues in (fast) Original-Besetzung wieder für ein paar Konzerte nach Deutschland und Robert Plant hat ein Album mit der Band Of Joy angekündigt, also der Truppe, in der er allabendlich vor zirka 50 Nasen sang, bevor ihn
Jimmy Page entdeckte und er im Verlauf zu einem unsterblichen Rock-Gott wurde.
Mit Freude durften wir vernehmen, dass auch die Berufungsklage von Gail Zappa gegen die Betreiber der jährlichen Zappanale vom Gericht abgewiesen wurde und die Geschichte damit nun wohl engültig gegessen ist. Für Misses Zappa wohlgemerkt und die Zappanale darf weiterhin im gewohnten Rahmen stattfinden.
Scott Weiland ging mal wieder seiner Lieblingsbeschäftigung (dem Jammern) nach, wie schlecht ihn die Presse doch behandele, Tim Bachman (Bachman, Turner, Overdrive) wurde wegen sexueller Belästigung dreier Mädchen zwischen 11 und 14 Jahren angeklagt, Gary Rossington fiel bei einer Verleihung für sein Lebenswerk durch einen ganz furchterregenden Haarschnitt unangenehm auf. Unruhe gab es in Italien, als Slash bei einem Konzert in Mailand auf der Bühne körperlich angegriffen wurde, die Verschwörungs-Theorien, dass Michael Jackson ermordet worden sei, nehmen so langsam lächerliche Ausmaße an und die USA zeigten einmal mehr, dass sie Rock und Metal als festen Bestandteil ihrer Kultur akzeptieren, in dem der Stadtrat von Los Angeles hochoffiziell den 30. Mai zum »Ronnie James Dio Day« ernannte.
Und, und, und ... nein, langweilig wird es ganz sicher nicht, liebe Leser. Bleibt zu hoffen, dass das diesjährige Sommerloch nicht zu tief gegraben wurde. Obwohl, aufgrund der vielen Festivals und Konzerte, die so anstehen, dürften wir da auch locker drüber hinwegkommen. Wie uns die Konzertbesuche bei den Altmeistern Eric Clapton / Steve Winwood, bzw.
Jackson Browne / David Lindley oder auch Gov't Mule sowie die 40. Geburtstagstour von Grobschnitt gefallen haben, und worüber wir uns in unseren Reviews gefreut oder geärgert haben, wie immer noch einmal über deb unten aufgeführten Link nachzulesen.
Markus von RockTimes
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