Nehmt Euch Zeit für gute Musik!
Nehmt Euch Zeit für gute Musik! Ein Motto mit Sinn



Zwischenruf vom 31.12.2011


Jürgen Hauß
»Nehmt Euch Zeit für gute Musik!«. Dieses allseits bekannte RockTimes-Motto würde ich nur allzu gerne beherzigen. Doch gerade die Existenz von RockTimes nimmt mir - seitdem ich vor einigen Jahren durch Zufall auf diese Seite im Internet gestoßen bin - »Zeit für gute Musik«.
Damit meine ich nicht die Tatsache, dass ich seit geraumer Zeit als Gastschreiber selbst Beiträge für RockTimes verfasse (in diesem Jahr waren es rund vierzig Reviews); dies macht mir Freude und verlangt von mir ja auch, mich mit der zu besprechenden Musik auseinanderzusetzen, so dass ich mir jeweils - getreu dem RockTimes-Motto - »Zeit für Musik« nehme; ob es sich dabei jeweils um 'gute' Musik handelt, muss sich oftmals erst noch erweisen und ist leider allzu oft nicht der Fall.
Doch aufgrund der Informationen, die ich durch RockTimes erhalte, erfolgt ein Kauf von CDs durch mich in - für mich - geradezu inflationärem Umfang; mehr als fünfzig Scheiben gehen in diesem Jahr unmittelbar auf diese Informationsquelle zurück, die mittelbaren Folgekäufe potenzieren diese Zahl noch einmal. Zusammen bedeuten diese Zahlen, dass ich jede Woche mindestens zwei - eher noch drei - neue CDs gehört habe. Natürlich sind dies keine Zahlen, mit denen man einen gestandenen RockTimes-Redakteur beeindrucken könnte. Aber dennoch: Wann hat man die Zeit, all diese Musik zu hören?
Hinzu kommt noch, dass insbesondere auch die 'Zeitreise'-Artikel auf RockTimes - zuletzt in massiver Form der schöne Adventskalender - immer wieder Anlass geben, in Erinnerungen zu schwelgen und die eigene CD-Sammlung auf alte 'Schätzchen' zu durchforsten. Dabei kommt man schnell 'von Hölzchen auf Stöckchen', die auch mal wieder gehört werden wollen!
Zum Glück übe ich einen Beruf aus, der mir durchaus die finanziellen Mittel verschafft, dieser - sagen wir es ruhig - Sucht nach »guter Musik« nachkommen zu können. Gleichwohl ist es aber auch gerade dieser Beruf, der es mir schwer macht, mir genügend »Zeit für gute Musik« zu nehmen.
So ertappe ich mich mehr und mehr in der Situation, dass ich mir - nicht zuletzt aufgrund eines Reviews auf RockTimes - eine CD kaufe, sie schnell anhöre, sie zudem noch auf meinen tragbaren Media-Player übertrage (auf dem ich mein gesamtes und nicht gerade bescheidenes Musik-Archiv gespeichert habe) und parallel dazu ist schon das nächste Objekt der Begierde identifiziert!
Das Ganze - und insbesondere die jederzeitige und ubiquitäre Verfügbarkeit der Musik - führt schnell zur Beliebigkeit der einzelnen Objekte, und das ist - jedenfalls soweit es sich wirklich um »gute Musik« handelt - einfach schade! Noch schlimmer ist dies in Zeiten digitaler Downloads: Man schnappt irgendwo Informationen auf, die Interesse an der einen oder anderen Musikkonserve wecken. Und da es oftmals angesichts kaum interessanter CD-Verpackungen (inkl. Booklet) keinen wirklichen Grund gibt, sich die Hardcopy der Musik zu kaufen, geht man schnell ins Internet, wo man die Musik unmittelbar und meist kostengünstiger - möglicherweise auch nur songweise - downloaden kann! Doch - in Abwandlung eines alten Sprichwortes - was man nicht in den Augen hat, hat man nicht im Sinn! Nicht nur einmal ist es mir passiert, dass mir gar nicht bewusst war, dass ich eine bestimmte CD - allerdings in digitaler Form - bereits besaß, nur weil ich das entsprechende Objekt in meinem gut sortierten CD-Regal nicht fand.
Dabei gehört die haptische Auseinandersetzung mit einer Musik-CD für mich einfach dazu. Mit der Einführung der CD erschien im Jahr 1983 eine 'Audio-Spezial'-Ausgabe, in der der (frühere Schlagerstar und) Jazzinterpret, Funk- und Fernsehredakteur Bill Ramsey beklagte, dass die CD-Hüllen kaum zu öffnen seien. Sieht man einmal von der Einführung der DigiPaks ab, hat sich seitdem eigentlich nichts geändert, nur weiß heute jedermann, wie man CD-Hüllen öffnet. Aber - während man »guter Musik« lauscht - die LP-Hülle oder aber das CD-Booklet in der Hand zu halten und nähere Informationen über die Musik bekommen, das finde ich einfach großartig.
Und anschließend die ausgewählte »gute Musik« entspannt 'rauf und runter' zu hören, um auch die letzten Feinheiten der Komposition bzw. Interpretation herauszuhören, genau das verstehe ich unter dem RockTimes-Motto »Nehmt Euch Zeit für gute Musik!« Nur: der Wunsch bleibt leider allzu oft Vater des Gedanken!
Wer jetzt denkt, dass ich die Existenz von RockTimes verdammen möchte: Fehlanzeige! Ich bin froh und dankbar, auf diese Seite im Internet gestoßen zu sein, denn dort bekomme ich viele hilfreiche Tipps und Hinweise auf »gute Musik!«. Für mich gibt es vorliegend ein ganz anderes Resümee, das mich selbst mehr in die Verantwortung nimmt:
In diesen Tagen des Jahreswechsels, die für besinnliche Stunden bzw. gute Vorsätze für das nächste Jahr geradezu prädestiniert sind, nehme ich mir ganz bewusst »Zeit für gute Musik!« und höre mir die Errungenschaften des vergangenen Jahres ganz bewusst an - allen voran mein 'Album des Jahres':Beth Hart & Joe Bonamassa / Don't Explain. Zugleich nehme mir vor, mir in Zukunft noch mehr »Zeit für gute Musik« zu nehmen, wobei hier die Qualität den eindeutigen Vorrang vor Quantität bekommen soll. Die tägliche Lektüre von RockTimes jedoch wird auch in Zukunft dazu gehören!