The Perc / Electric Kindergarten, Rarities Vol. 6
Electric Kindergarten, Rarities Vol. 6 Spielzeit: 71:57
Medium: CD
Label: Freiland, 2015 (1987)
Stil: Underground


Review vom 15.07.2015


Ulli Heiser
Halleluja, das ist Geschichte, das ist Underground, das ist packender Minimalismus. Tom 'The Perc' Redecker hat mal wieder sein Vault geöffnet und mit "Electric Kindergarten, Rarities Vol. 6" eine weitere Perle der 'etwas anderen Musik' veröffentlicht. Wer den bisherigen Output dieser Reihe (Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4 und Teil 5) verfolgt hat, oder gar besitzt (was nicht viele sein dürften, denn wie immer ist die Produktion auf 500 Exemplare beschränkt), weiß um die Kuriositäten, die uns da um die Ohren fliegen.
Dieser sechste Part ist komplett den Kühen im Nebel gewidmet und die - ich fang mal (im doppelten Sinn) hinten an - scheißen im "Cowboy Song" so richtig schön auf die Landkarte. Genau dorthin, wo das geleckte Nashville liegt. Herrlich wie das Pferd durch den Underground trabt, wiehert und grad wieder auf die 'Saubermänner' scheißt.
"Tango Fandango", ich stelle mir ein geschniegeltes Tanzpaar vor, das zum wabernden Keyboard und der psychedelischen Gitarre einen Zeitlupentango tanzt und dabei so langsam aus dem Schritt (diesmal nicht doppeldeutig) kommt und zu stolpern beginnt.
Mit minimalem Instrumenteneinsatz und ohne das übliche Intro-Strophe-Bridge-Refrain-etc.-Songwriting schlendern die 'Kühe' durch durchaus packende Tracks wie "Big Boy", "Chemical Industry", "Helloween" und "Pain & Pleasure". Überhaupt sind die bisher erwähnten Songs diejenigen auf dem Sampler, die auch ungeübten Underground-Hörern eher beigehen. "Electric Kindergarten, Rarities Vol. 6", wie gesagt, komplett den Kühen im Nebel gewidmet, beinhaltet zwei Cassettenproduktionen aus dem Jahr 1987. "Guts & Lyrics - 10 Jewels Of Trash & Punishment" sowie das eben besprochene "Snips Of A Non-Career".
"Guts & Lyrics - 10 Jewels Of Trash & Punishment" nun also... Man mag den zweiten Part des Albumnamens sofort als passend beschreiben, wenn "The Gull" das erste Mal aus den Lautsprechern poltert. Roh und ungeschliffen, wie vom Perc beabsichtigt, präsentiert sich dieses musikalische Dokument dem Hörer. Es wurde kaum Hand an die alten Bänder gelegt, da das Label den Charme und den Zeitgeist der Aufnahmen beibehalten wollte. Daher übrigens auch wieder das spartanische Outfit der CD, der lediglich ein roter, gefalteter Beipackzettel mitgegeben wurde. Eine audio-sowie verpackungsmäßige Aufpolierung des "Electric Kindergarten" stünde auch in jähem Kontrast zu den Stücken.
Tom und OWI (Othmar Willi Weber) legten keinen Wert auf Gimmicks, die ihren brachialen Underground-Sound irgendwo hinbringen sollten, wo er nicht hingehört. Da ist z. B. die Bluesharp in "Moneymaker" fast schon als exotische Zutat zu bezeichnen. Und wenn der Name "Cows In Fog Boogie" zu lesen ist, dann zappelt der Nebel selbstredend auch im Boogierhythmus den Kühen um die Euter. Muss ich etwas zu "Radio Of Pain" sagen? »Desaster«, »War«, »Sex«»bloody«... hört man den 'Radiosprecher' mit verzerrter Stimme sagen, während brutal kalte Musik dazu spielt. Underground at it's best.
Ich glaube, ich muss nicht auf jeden Track eingehen. Man sollte diese Platte sowieso am Stück hören. Mit Zeit und mit dem Wissen, dass hier eine absolute Rarität vorliegt. Weit weg von bekannten Musikstrukturen, weit weg von einer hohen Leg-ich-mal-wieder-auf-Frequenz. Wobei, den "Cowboy Song" werde ich mit Sicherheit öfter auflegen. Besonders dann, wenn jemand reinschaut dem ich ihn noch nicht vorgespielt habe. Wie den "Dwarf", den ich Mothers-Fans goutieren werde.
Wie das meiste aus dieser Reihe ist auch "Electric Kindergarten, Rarities Vol. 6" kein Kantinenessen. Aber wer gerne abseits isst und sich ungewohnten Kulinarien gegenüber aufgeschlossen zeigt, wird ein interessantes Stück deutscher Underground-Musik in sein Regal stellen können. Sofern man schnell ist, denn 500 Exemplare ist nicht viel.
Line-up:
Tom (vocals, keyboards, guitar, bass, percussion, tapes)
Krupper, Theo von Thyssen (percussion, writing machine)
OWI (vocals, drum machine, mouth harp, flute)
Tracklist
Kühe im Nebel - Guts & Lyrics - 10 Jewels Of Trash & Punishment
01:The Gull (3:47)
02:Heartbeat (3:42)
03:Seven Pints Of Beer (3:02)
04:Moneymaker (4:13)
05:Cows In Fog Boogie (6:47)
06:Radio Of Pain (5:59)
07:Rain Bow Bow (5:20)
08:Dwarf (4:46)
09:Chemical Industry (3:18)
10:Heart Of The Hurricane (1:24)
Kühe im Nebel - Snips Of A Non-Career
11:Pain And Pleasure (3:54)
12:Tango Fandango (7:30)
13:Helloween (3:07)
14:Big Boy (5:01)
15:Chemical Industry II (5:04)
16:Cowboy Song (5:00)
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