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Lonnie Donegan / Lonnie Donegan Meets Leinemann – CD-Review

Zwei Komponenten treffen hier zusammen: Lonnie Donegan und Leinemann. Mal schauen, ob es klebt oder ob wir mit einem Zwei-Komponenten-Kleber nachhelfen müssen.

Ich denke, von Anthony James 'Lonnie' Donegan, geboren am 29. April 1931 in Glasgow, und gestorben am 3. November 2002, sollte jeder gut bestückte Musikhaushalt mindestens eine Kompilation im Regal stehen haben. Denn dieser Mann war bedeutsam, ja, der britische Folk-, Jazz- und Skiffle-Musiker platzierte zwischen 1956 und 1962 mehr als 30 Hits in den britischen und amerikanischen Charts. Das allein mag nicht bedeutend sein, doch Donegan hatte schließlich sehr großen Einfluss auf die Entwicklung der Rockmusik. Die von ihm in Großbritannien initiierte Skiffle-Welle inspirierte zahlreiche Musiker, wie John Lennon, Eric Clapton, Mark Knopfler; Rod Stewart, Van Morrison und viele andere.

Der 'King of Skiffle' spielte diese Musik, die neben dem üblichen Instrumentarium auch so ungewöhnliche 'Instrumente' wie ein Waschbrett, einen Teekistenbass, aber auch Gießkannen und Eimer zum Einsatz kommen ließ, etwa ab 1953 als einer der ersten in Großbritannien.
Skiffle, basierend auf anglo- und afro-amerikanischem Folk, auf Country, Blues und Jazz, gab es allerdings in den Vereinigten Staaten schon etwa zwanzig Jahre früher.

Donegans erster Hit war "Rock Island Line" (1956) und in der Folgezeit entwickelten sich so manche Klassiker, wie zum Beispiel "Does Your Chewing Gum Lose Its Flavour (On The Bedpost Over Night?)" (1961). Etwa nach 1963 verblasste sein Ruhm zusehends und es gab nur noch wenige Erfolge. Später trat er auch in Hamburg auf, wobei wir nun den Bogen schlagen können zu Leinemann. Denn 1974 erfolgte mit dieser Hamburger Band die Aufnahme der Platte "Lonnie Donegan Meets Leinemann".

Leinemann waren seinerzeit Teil der Musikszene um das Lokal "Onkel Pö" in Hamburg.Die Band etablierte sich 1969 um Gottfried Böttger, Jerry Bahrs, Uli Salm, Django Seelenmeyer und Ulf Krüger. Nachfolgend kam es zu diversen Änderungen der Besetzung. 1971 erschien eine erste Langspielplatte.
Die ursprüngliche Jazz- und Skiffleband entwickelte später einen Sound, gemischt  aus Rock und Ragtime. Bekannt wurde sie einem breiteren Publikum durch sehr erfolgreiche Singles, nämlich "In Hamburg sind die Nächte lang" (1975), "Volldampf-Radio" (1980) und ganz besonders durch "Mein Tuut Tuut"(1985).

Ja, und 1974 trafen sie nun erstmals zusammen, später noch einmal mit dem Resultat der als zweiter CD beigefügten Aufnahme von "Lonnie Donegan Meets Leinemann – Country Roads" (1976).
Darüber hinaus wurden dieser Ausgabe, als Collector’s Premium, noch drei Bonustracks spendiert.

So, um noch einmal auf die anfänglich von mir erwähnten zwei Komponenten zurückzukommen: Ich mag die alten Aufnahmen von Lonnie Donegan, man kann sie ob ihrer fröhlichen Ausstrahlung und Unkompliziertheit immer wieder gern einmal hören.
Mit Leinemann und ihrer besonderen Auffassung und Gestaltung von Skiffle konnte ich mich jedoch nie so recht anfreunden. Darüber hinaus gab es ja auch noch die Konkurrenz aus Hannover, die Bourbon Skiffle Company, deren Sound vielfach als authentischer eingeschätzt wurde.

Nun, immerhin verfügte Leinemann unter anderen über einen Musiker, der gehörige Stimmung verbreiten konnte – den Waschbrett-Virtuosen Ulf Krüger, ein Derwisch auf dem Brett!

Und so war die Band bei Konzerten stets ein Stimmungsmacher und sorgte durchgehend für gute Laune. Sicher ist das nun eine gemeinsame Komponente mit Donegan. Aber nun kommt so etwas wie subjektives Empfinden ins Spiel, und da fühle ich einfach mehr für die Musik Donegans. Ja, und nun sind sie zusammengetroffen, der nicht mehr so ganz spritzige Alt-Star und die aufstrebende Truppe und Burschen, die aussahen wie Hippies.

Heute, im Nachhinein betrachtet, sehe ich Licht und Schatten. Das Licht erstrahlt bei mir bei Songs wie "Dixie Darling": Hier swingt die Musik sehr entspannt und gekonnt, werden die einzelnen Soloinstrumente vorgestellt, gut integriert  ist die Fiddle. Es sind keine Angaben hierzu vorhanden, doch ich vermute einmal, dass es auch hier Lonzo ist, der geigt. Immer dann, wenn eine ähnliche Stimmung aufkommt, bei beiden Platten, dann stimmt das Gesamtpaket auch.

Schatten sehe ich bei Songs wie "Frankie And Johnny", wirkt es doch ein wenig statisch, und wie hier ist so manches Mal der Gesang nicht stimmig und überzeugend. Coverversionen wie "Me And Bobby McGee" oder "Country Roads" wirken saft-und kraftlos, Letzteres sogar leicht schräg."Louisiana Man" birgt trotz Bemühens nicht das Feuer der Cajuns, und so halte ich die Symbiose zweier Welten nicht durchgehend für gelungen. Manchmal passt es wunderbar, dann kleben die beiden Komponenten, dann wieder gibt es Haftprobleme und schlimmstenfalls scheinen sie sich gegenseitig im Weg zu stehen. Aber Spaß haben kann man mit der Musik allemal, und der wichtigste Musiker in diesem Kontext ist aus meiner Sicht Lonzo, der Geiger.


Line-up Lonnie Donegan/Leinemann (CD1):

Lonnie Donegan (vocals, guitar, banjo)
Jürgen 'Jerry' Bahrs (vocals, guitar)
Jörn Christoph 'Django' Seelenmeyer (banjo, vocals)
Gottfried Böttger (piano)
Uli Salm (bass)
Ulf Krüger (washboard, vocals)
Plus Gastmusiker

Line-up Lonnie Donegan/Leinemann (CD2):

Lonnie Donegan (vocals, guitar, banjo)
Jürgen 'Jerry' Bahrs (vocals, guitar)
Jörn Christoph 'Django' Seelenmeyer (banjo, vocals)
Uli Salm (bass)
Ulf Krüger (washboard, vocals)
Lorenz Westphal ("Lonzo") (fiddle)
Bernard 'Berry' Sarluis (piano)
Roger McKew (guitar)
Plus Gastmusiker

Tracklist Lonnie Donegan meets Leinemann:

  1. Casey’s Last Ride (2:44)
  2. Bottle Of Wine (2:241)
  3. Dixie Darling (2:40)
  4. Frankie And Johnny (4:45)
  5. Tops At Loving You (2:34)
  6. Gloryland (3:56)
  7. Leinemann’s Potatoes (3:28)
  8. Me And Bobby McGee (5:01)
  9. Does Your Chewing Gum Lose Its Flavour (2:53)
  10. Becky Deen (5:06)
  11. Jack O’Diamonds (2:26)

Tracklist Country Roads:

  1. Country Roads (3:27)
  2. Rock Island Line (5:04)
  3. Keep On The Sunny Side (2:40)
  4. Dixie Lily (2:35)
  5. Louisiana Man (3:17)
  6. Dead Or Alive (4:11)
  7. Midnight Special (3:34)
  8. Mule Skinner Blues (3:20)
  9. Roll In My Sweet Baby’s Arms (3:38)
  10. Lost John (3:50)
  11. Have A Drink On Me (2:57)
  12. Dublin O’Shea (3:04)
  13. Bonustracks:
  14. Midnight Special (3:17)
  15. Rock Island Line (5:08)
  16. Lonnie D(Medley) (4:59)

 

Gesamtspielzeit: 91:36, Erscheinungsjahr: 2016 (1974/1976)

Über den Autor

Wolfgang Giese

Hauptgenres: Jazz, Blues, Country
Über mich: Althippie, vom Zahn der Zeit geprägt, offen für ALLE Musikstile
Meine Seite im Archiv

Mail: wolfgang(at)rocktimes.de

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