Keine Ahnung, ob es einigen oder sogar den meisten Musik-Fans ebenso ergeht bzw. ergangen ist, wie mir. Es gibt Alben, die hört man über einen langen Zeitraum sehr intensiv, bevor sie dann ins Regal wandern und für lange Zeit nicht mehr angefasst werden. Nicht, weil sie einem nicht mehr gefallen oder man ihrer überdrüssig geworden ist. Vielmehr ist es so, dass diese Platten irgendwann im Kopf und der Seele gespeichert sind, sprich, man sie sprichwörtlich im eigenen Gehirn auflegen kann, ohne sie physisch über die Anlage laufen lassen zu müssen. Für den Rezensenten handelt es sich bei einer dieser Platten um Deep Purples "Made In Japan", das vor wenigen Wochen zum fünfzigsten Geburtstag der Scheibe in verschiedenen Formaten wieder auf den Markt gekommen ist.
Mir selbst ins Haus geflattert ist die 'einfache' Doppel-Vinyl-Ausgabe, die, von den Songs deckungsgleich mit der Original-LP-Version, von Steven Wilson remixt wurde. Die Engländer hatten zu jener Zeit bereits eine jahrelange und anfangs – mal abgesehen von der Hit-Single "Hush" – gar nicht mal so erfolgreiche Karriere hinter sich. Die drei, noch von dem ersten Band-Line-up mit Rod Evans sowie Nick Simper eingespielten, Alben Shades Of Deep Purple, The Book Of Taliesyn sowie Deep Purple waren nicht gerade Verkaufsschlager, um es gelinde auszudrücken. Erst nach den beiden Personalwechseln (Ian Gillan für Rod Evans und Roger Glover für Nick Simper) ging es deutlich nach oben, angefangen mit dem immerhin als Achtungserfolg zu wertenden "Concerto For Group And Orchestra". Tja, und dann kam "Deep Purple In Rock" und es begann eine komplett neue Zeitrechnung.
"Made In Japan" wurde bei uns in RockTimes bereits von unserem Ulli, dazu von den Ex-Kollegen 'Jogi' Rutenstroth, Manni Hüther sowie Michael Breuer ausführlich besprochen und auseinander genommen, sodass dazu von meiner Seite gar nichts Neues mehr dazu kommen wird. Einzig, und das mag vielleicht für den einen oder anderen Leser eine Kaufentscheidung sein, dass ganz klar gesagt werden muss, dass diese neue Abmischung von Steven Wilson schon richtig klasse ist. Ich meine zumindest, dass die einzelnen Instrumente auf dieser neuen Ausgabe sogar noch frischer klingen und dazu jedes einzelne noch differenzierter heraus zu hören ist. Alleine daher schon war es für mich ein kleines Abenteuer, diese Aufnahmen nach langer Zeit mal wieder gehört zu haben. Der Mix ist klasse!
Natürlich kann und darf man immer wieder betonen, welche Bedeutung dieses Album damals hatte und eigentlich bis heute immer noch hat, was für ein starker Opener "Highway Star", wie abgedreht "Child In Time" und das Gitarre-Gesang-Duell bei "Strange Kind Of Woman" waren oder ob das ellenlange Schlagzeugsolo von Ian Paice bei "The Mule" wirklich sein musste. Aber wie gesagt, diese Dinge sind an anderer Stelle in diesem Magazin bereits ausführlich besprochen worden und außerdem darf dies eh jeder sehen, wie er möchte. Schön wäre lediglich gewesen, auch der Doppel-Vinyl-Ausgabe die drei auf der kurzen Japan-Tour ebenfalls gespielten Tracks "Speed King", "Black Night" sowie "Lucille" auf irgendeine Art und Weise hinzu zu fügen. Aber gut, das Label hat sich wahrscheinlich gedacht: Original-Album ist Original-Album ist Original-Album. Basta!
Leider war um die Zeit dieser Live-Aufnahmen das Ende des Line-ups, sprich der Mk II-Besetzung, bereits auf die Wand gemalt. Die beiden Sturköpfe Ritchie Blackmore und Ian Gillan konnten sich gegenseitig nicht mehr riechen und Gillan reichte seine Kündigung für etwa Mitte 1973 ein. Was dann immerhin noch das Studioalbum "Who Do We Think We Are" abwarf, das in der Beliebtheits-Skala so einiger Purple-Fans allerdings auch nicht gerade ganz oben steht.
Wie dem auch sei, wer "Made In Japan" schon immer geliebt/gemocht und die Aufnahmen lange nicht mehr gehört hat, der wird mit dieser neuen Abmischung garantiert seinen Spaß haben. Neben der mir vorliegenden 2LP-Version ist das Werk zu seinem fünfzigsten Geburtstag auch noch in den Formaten 10LP-Vinyl-Edition sowie einer 5CD/Blu-ray-Box erschienen.
Line-up Deep Purple:
Ian Gillan (vocals)
Ritchie Blackmore (guitars)
Jon Lord (organ, piano)
Roger Glover (bass)
Ian Paice (drums)
Tracklist "Made In Japan":
- Highway Star
- Child In Time
Side 2:
- Smoke On The Water
- The Mule
- Strange Kind Of Woman
- Lazy
Side 4:
- Space Truckin'
Gesamtspielzeit: 19:16 (Side 1), 17:14 (Side 2), 20:29 (Side 3), 19:43 (Side 4), Erscheinungsjahr: 2025 (1972)



3 Kommentare
Jürg spiegelberg
8. September 2025 um 4:40 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Bestes Live album aller zeiten!!!!!Was diese band auf dieser platte musikalisch herausbringt.Einfach sensationel! spiegu
Ernst Schachermayer
7. September 2025 um 15:55 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Der 50. Geburtstag dieser Platte war im Jahr 2022!
Markus Kerren
7. September 2025 um 16:55 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Hallo Ernst,
und vielen Dank für deinen Hinweis. Der von dir mitgeteilte Fakt war uns durchaus bekannt.
Da muss sich die Plattenfirma offensichtlich verrechnet haben, das gab es ja schon öfter. Auslöser dieser neuen Ausgabe war allerdings tagsächlich der runde Geburtstag. Im Review auf die verspätete Veröffentlichung hinzuweisen habe ich mir bewusst erspart, weil ich dieses Grundwissen (Erscheinungsjahr) zu diesem Klassiker – vielleicht zu naiv, falls sich dein Kommentar darauf bezieht – vorausgesetzt habe.
Markus