Es gibt Sänger bzw. Stimmen, bei denen man sich umgehend 'zu Hause' fühlt. Eine dieser Stimmen gehört im Falle des Verfassers dieser Zeilen dem Amerikaner Edward James Gay. Der Musiker lebt schon seit einigen Jahren in Deutschland und überzeugte die RockTimes-Redaktion bereits im Sommer 2015 mit der Scheibe Honor The Spirit, zu der ich in meinem Fazit schrieb: »Ein zweites Album soll übrigens schon angedacht bzw. in der Mache sein und darauf darf man eigentlich nur gespannt sein. Denn wenn der aus New Orleans stammende Amerikaner die Qualität seines Songwritings halten kann, dazu die Produktion wieder genau so authentisch ausfällt, dann wird die Freude (zumindest beim Verfasser dieser Zeilen) groß sein.« Und eines wird beim Genuss von "Miles From New Orleans" schon recht bald klar: Der gute James hat weder etwas verlernt, noch hat er hinsichtlich der Qualität seiner Songs auch nur einen Deut nachgelassen.
Edward James Gay schwelgt auf dieser neuen Platte desöfteren in Erinnerungen und Geschichten um die geschichtsträchtige Stadt New Orleans sowie den mächtigen Fluss Mississippi. Musikalisch umgesetzt wurden diese Stories mit feinster Americana- oder besser gesagt Roots-Musik. Da ist sehr viel Akustik-Gitarre, auch Banjo und authentische Musik, gespielt von organischen Instrumenten am Start. Und wenn man dann noch diese 'warme', sehr emotionale sowie ausdrucksstarke Stimme addiert, zeigt der Richtungsweiser schon ganz deutlich gen Gewinner-Treppchen. Die Reise beginnt mit dem Titelsong, einer eingängigen wie auch melancholischen Ode an die Heimatstadt des Protagonisten. Zur Gitarre, dem Banjo und Percussion gesellt sich bald eine todtraurige Blues Harp, während der Song im Ganzen betrachtet doch sehr vom Gesang geprägt und getragen wird. Ein perfekter Start!
Und selbst wenn einige der Songs noch nicht beim ersten Durchlauf im Ohr hängen bleiben, so dauert es andererseits auch nicht sehr viel länger, bis sie ihre Melodien, ihre Gefühle wie Heimweh, Freude oder Schmerz sehr eindringlich an den Mann bzw. die Frau bringen. "Fare Thee Well, Father Rhine" hat ebenfalls damit zu tun, dass das Heimweh von Edward James Gay zu stark wird. Und obwohl er sich in Deutschland bzw. am Rhein pudelwohl fühlt, kann er dennoch den Mississppi nicht vergessen. Ein sehr schwungvolle musikalische Umsetzung (inklusive shuffelnden Drums) zieht das über die gesamte Scheibe sehr variabel gestaltete Tempo dabei etwas an. Spätestens nach ein paar Durchläufen wird klar, dass hier eine Song-Perle an die nächste gereiht wurde und für weitere Abwechslung sorgt das Instrumental "Rattle And Snap".
Außerdem wäre da noch ein kleines Kuriosum: Dabei geht es um den Song "The Burning Of The J.M. White", der nach kurzer Einleitung die Ohren vieler Deutsch Rock- und NDW-Fans klingeln lassen dürfte. Da hört sich der Rhythmus der Strophen nämlich ganz verdächtig nach der Nummer "Schickeria" von der Spider Murphy Gang an. Logischerweise dauert es dann nicht lange, bis sich plötzlich die Frage in den Kopf des Hörers einschleicht, wer denn hier nun die Henne und wer das Ei ist bzw. war. Hat der gute Edward James während seinen in unseren Landen verbrachten Jahren etwa soviel Musik der bajuwarischen Helden auf die Ohren bekommen, dass es unterbewusst auf dieses Stück abgefärbt hat, oder – und hier liegt ehrlich gesagt meine persönliche Vermutung begraben – hat sich die SMG damals (selbstredend auch ganz unterbewusst) von der amerikanischen Musik inspirieren lassen? Wo auch immer die Wahrheit liegt, sie nimmt keinem dieser beiden Tracks etwas von ihrer Größe.
Lange Rede, kurzer Sinn und vor allem wieder zurück zu Edward James Gay And The Double Dealers: Mit "Miles From New Orleans" ist dem Protagonisten sowie seiner Begleit-Band ein wunderschönes Roots-Album mit tonnenweise Feeling und richtig starken Songs gelungen. Klasse sind sie alle, wer aber nicht blind kaufen und erst mal reinhören will, dem lege ich den Titelsong, "The Devil’s In The Game", "Fare Thee Well, Father Rhine", "Dixieland Rock" sowie "Tintin Of Tennessee" ans Herz.
This one’s a winner, James!
Line-up Edward James Gay And The Double-Dealers:
Edward James Gay (acoustic guitars, harmonica, lead vocals)
Markus Abendroth (electric guitars, background vocals)
Bob Seidel (piano, keyboards, background vocals)
Peter Thomas (drums & percussion)
Paul Milmeister (bass)
Christian Hoehle (trumpet)
Ethan Schaffner (banjo)
Marie Seferian (background vocals – #1,2,4)
Sophie Grobler (background vocals – #8,10,12)
Tracklist "Miles From New Orleans":
- Miles From New Orleans
- Fare Thee Well, Father Rhine
- Laffite’s Lament
- The Burning Of The J.W. White
- The Devil’s In The Game
- Tintin Of Tennessee
- Three Things
- Dixieland Rock
- No Father
- Across The Sunshine Bridge
- Rattle And Snap
- Mardi Gras Morning (The King Is On His Way)
Gesamtspielzeit: 42:16, Erscheinungsjahr: 2018



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