Grobschnitt / Jumbo (mit englischen Texten) – LP-Review

Die im Sommer mit drei Alben begonnene Wiederveröffentlichungsreihe des Grobschnitt-Katalogs geht in diesem Winter mit den nächsten vier Scheiben, die konsequent weiterhin als Doppel-Alben mit Live-Bonusmaterial auf weißem 180g-Vinyl daherkommen, weiter. Nach dem vorgezogenen Jumbo mit deutschen Texten macht dabei die im Original chronologisch eigentlich früher erschienene Ausgabe mit englischen Texten den Anfang. Nachdem die deutsche Version bereits vorgestellt wurde (lediglich die Gesangsspuren wurden dafür neu aufgenommen), lassen wir das eigentliche Album also erstmal außen vor und konzentrieren uns hier auf die zweite Platte mit den Bonus-Tracks, selbst wenn auch diese sich lediglich durch einen Song und die Daten der Live-Aufnahmen unterscheiden.

Die Band traf sich damals täglich zum Proben und war deshalb dermaßen gut eingespielt, dass es bei den Konzerten natürlich lief, wie am Schnürchen. Zum Thema 'gut eingespielt' noch eine kleine Anekdote am Rande. Für die Aufnahmen zu "Jumbo" konnte wieder der legendäre Conny Plank als Sound-Ingenieur gewonnen werden und der staunte Bauklötze, als bereits am Abend des ersten Studiotages die ja nicht gerade unkomplizierte Nummer "The Excursion Of Father Smith" bzw. "Vater Schmidt’s Wandertag" komplett im Kasten war. Zudem soll die Stimmung innerhalb der Band während der Aufnahmen so aufgedreht und losgelöst gewesen sein, dass Plank schon zu diesem Zeitpunkt kurz vor einem Nervenzusammenbruch stand – vor lauter Lachen, wie es in dem tollen Inlay zu dieser Vinyl-Ausgabe festgehalten ist. Der neue Bassist Wolfgang 'Hunter' Jäger, auch 'Popo' genannt, hatte sich ebenfalls hervorragend in die Band integriert, was diesem sehr starken Album natürlich auch nicht hinderlich war.

Kommen wir also zu den Live-Aufnahmen des Bonus-Vinyls. Bei der starken Version von "Vater Schmidt/Father Smith" handelt es sich laut dem Cover um einen Zusammenschnitt aus zwei Konzerten in Berlin vom Februar 1981 sowie Gütersloh vom Februar 1977, was aber so kaum wahrnehmbar ist. Oder ist das doch ein Druckfehler? Denn woher die Live-Aufnahme von "The Clown" stammt, wird gar nicht erwähnt. Wie dem auch sei, die Band funktioniert auf der Bühne wie ein Uhrwerk, ohne dabei mechanisch oder gar steril zu wirken. Der Sound ist voll und warm, sodass es auch diesbezüglich keine Beanstandungen gibt. Grobschnitt verstand es ganz vorzüglich, die Tempi der Tracks zu variieren sowie auch perfekt die Waage zwischen den gesungenen und Instrumental-Parts zu halten, was nicht nur der Qualität, sondern natürlich auch der Kurzweiligkeit dieser Tracks sehr zugute kommt. "The Clown" war immer schon eine meiner Lieblings-Nummern der Band und auch die hier enthaltene Version lässt keine Wünsche offen.

Das allseits bekannte "Sunny Sunday’s Sunset" stammt ebenfalls von dem bereits oben erwähnten Konzert am 26. Februar 1977 und bringt es auf eine Spielzeit von über zwölf Minuten. Gegenüber der deutschen Version befindet sich hier mit "The A.F. Song Lünen" ein neues Stück. Aufgenommen im Januar 1977 in dem schönen – der Titel deutet es bereits an – Lünen. Ein neunminütiges Instrumental, das sich bestens in das übrige Material einfügt.

Beiden Scheiben wurde erneut ein vierseitiges Inlay (in Cover-Größe) mit vielen Fotos der damaligen Zeit wie auch zusätzlichen Informationen und obendrein Zeitungsartikeln hinzugefügt. Und wenn das alles nicht schon genug wäre, gibt es einen Download-Code sogar noch oben drauf. Wie schon bei Grobschnitt, Ballermann sowie "Jumbo (mit deutschen Texten)" wird also auch hier das volle Qualitätsbrett geboten. Die Musik ist super, der Sound sehr gut und die komplette Aufmachung der Scheibe wurde mit viel Liebe und Sorgfalt angegangen. Fan-Herz, was willst du mehr?

Line-up Grobschnitt:

Stefan 'Wildschwein' Danielak (rhythm guitars, acoustic guitars, lead vocals)
Joachim H. 'Eroc' Ehrig (drums & percussion, electronics, additional vocals)
Gerd O. 'Lupo' Kühn (lead guitars)
Wolfgang 'Hunter' Jäger (bass)
Volker 'Mist' Kahrs (piano, organ, mellotron, synthesizer)

Tracklist "Jumbo (mit englischen Texten)":

Gesamtspielzeit: 16:36 (Side 1), 17:49 (Side 2), 18:18 (Side 3), 21:11 (Side 4), Erscheinungsjahr: 2017 (1975)