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Karibow / From Here To The Impossible – CD-Review

Was mag wohl einst einen musikbesessenen Burschen dazu veranlasst haben, inmitten heimatlicher Gefilde, wo regionale Nahrungsmerkwürdigkeiten aus dem Schlachthaus und unverständliche Dialektik, jedoch auch ergraute Industrie-Romantik sowie kollektiver Frohsinn sich nähren, nordamerikanische und Tasten-Burgen-beleckte Hardrock-Altwaren zu reaktivieren.
So verwirklichte der Westfale Oliver Rüsing Mitte der Neunziger seine musikalisch aufgestauten Intentionen studioreif zu verwerten. Anfangs mehr noch als Patriarch einer Handvoll Handwerker und an vormals autistische Studioalchemisten angelehnter Mulltiinstrumentalist, verwirklicht dieser seine Projekte mittlerweile gleichsam als selbstbestätigende Ich-AG mit Partnern, nicht nur am Reißbrett, sondern auch bühnenreif.

Auf seinen musikalischen 'Machtwerken' dominieren jedoch nach wie vor jene, auf den breiten Schulter Pomp-Soundiger nebst Stadion-Rockender Lehrherren befindliche Arrangements sowie neuklug zusammengeklebte Ansammlungen nie verrottender Spieltechniken.
Somit verspricht Karibow Neuestes "From Here To The Impossible" wiederum keinen kompositorischen Bildersturm, geschweige einen Versuch zur rockistischen Quadratur des Kreises, hingegen achtziger Melodic Rock gegerbte Gitarrenküren, dicht am Kitsch und gestrig gebautem Keyboard-Bombast, ferner noch um Pathos-Preise und Charts-Heuler raufende Sangesstreiter mit Substanz.
Trotz alldem vermag der geneigte Hörer bei aller handwerklich epischen Breite sowie den nachhaltigen Beiträgen einiger progkarätischen Gäste, wie Sachsens Spezi-Musikus Marek Arnold oder Sagas Tasten-Merlin Jim Gilmour, um nur diese zu nennen, mehr konzeptionelle, überdies kompositorisch hartgesottenere Reife auszumachen.
Dabei sorgen einige solistische Einlagen, in dem ansonsten symphonisch druckvollen und mit reichlich Griffbrett-Masturbationen und Keyboard-Vaseline geschmierten Soundgewand, für die wenigen Widerhaken, die den 2014 erworbenen Kollektivpreis Beste Progressive Band Deutschlands so halbwegs legitimieren.

Im Grunde genommen sollte der Genre-geneigte Hörer selbiges einfach nur wirken lassen, um spätestens bei Songs wie jenem Saga-haften "My Time Of Your Life", einem Smoothjazz-veredelten und mit instrumentalen Muskelspielchen ummantelten "Black Air" oder dem leicht überzuckerten Progrock-Opus "The Impossible", seinen eigenen Stuhlkreis bilden.
Im Allgemeinen setzt Oliver Rüsings Neuling neben gehärteten Pomp mit teils verschwurbelten Background auf textliche Sektionen des Menschseins und der Endlichkeit, jedoch auch auf gesanglich tragisches Gefühlskino seiner Akteure, wie Monique Van Der Kolkes elysische Stimm-Wellness neben Dany Loprestos eindringlicher Breitbrüstigkeit.

Zu guter Letzt muss man Maestro Rüsings Projektarbeit lobenswerten Tribut zollen, vermochte dieser zum wiederholten Male sowohl melodiebesessene Komplexität und opulenten Wohlklang, als auch spirituelles zudem studiosuswertes Textgut miteinander zu vermählen.
Kurzum, dieses eigenländliche Werk ist ein proper produziertes sowie rockistisch über den Tellerrand sehendes Tondokument mit Gütesiegel.


Line-up Karibow:

Oliver Rüsing (vocals, keyboards, guitars, bass, drums)
Jim Gilmour (keyboards) (Saga)
Sean Timms (keyboards) (Southern Empire, Unitopia)
Mark Trueack (vocals) (UPF, Unitopia)
Monique Van Der Kolk (vocals) (Harvest)
Marek Arnold (saxophones, organ, pianos) (SSTTGD, Toxic Smile, Damanek, Cyril, UPF)
Daniel Lopresto (vocals) (Southern Empire)
Kai Warszus (narrating voice)
Gerald Nahrgang (percussion)
Thomas Wischt (fretless bass)
Jörg Eschrig (guitar, mandolin)

Tracklist "From Here To The Impossible":

  1. Here
  2. My Time Of Your Life
  3. Passion
  4. Never Last
  5. Lost Peace
  6. A Crescent Man
  7. Requiem
  8. Inside You
  9. System Of A Dream
  10. Black Air
  11. The Impossible

Gesamtspielzeit:72:00, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Ingolf Schmock

Als gebürtiges Mauerkind zudem frühzeitig mit westlichen Rock'n Roll-Ultrakurzwellen-
Oddyseen und Beatclub-Aufklärungen sozialisiert, galt mein musikalisches Verständnis
deren meist langmähnigen Aussenseitern. The Who, Small Faces, The Move...,später dann
Hartglötzer wie Black Sabbath, Deep Purple&Co., zu guter Letzt Schwurbel-Pioniere
ala Yes, Genesis, ELP...waren (sind) meine Helden sowie Seelenklempner.
Heute liegt mein Hauptaugenmerk (auch Hierzulande) auf sowohl handgemacht Rockistischem
mit Engagement und Seele, als auch Prog-gebrandmarkten virtuos-Verspieltem.

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