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Rich Hopkins & Luminarios / Exiled On Mabel St. – CD-Review

Rich Hopkins & Luminarios / Exiled On Mabel St.

Sandiger Reifeprozess in der Wüste

Wenn es einen Terminus in der gitarrenorientierten Popularmusik gibt, der dem Rezensenten seit jeher Fragezeichen auf die Stirn nagelte, ist das der sogenannte 'Desert Rock'.
Im Augenblick erleben wir die 'Zelebrierung' eines Wüsten-Fußballs … in Saudi Arabien lässt sich damit by the way schon länger gutes Geld verdienen.
Aber Wüsten-Rock?

Als Urgestein desselben gilt ein gewisser Rich Hopkins, der 1987 mit den Sidewinders seine Plattenkarriere startete, welche sich aus namensrechtlichen Gründen vier Jahre später in Sand Rubies umbenannten.
Kurze Zeit später startete er zusätzlich noch seine Solo-Ambitionen unter dem Banner Rich Hopkins & Luminarios, welche uns 30 Jahre später nach unzähligen Studio- und Live-Produktionen zu "Exiled On Mabel St." führen.
Zwischen 2019 und 2021 eingespielt, darf auch dieses Album als ein Pandemie-Werk gelten und hat dementsprechend verschiedene Home-Recording-Studios gesehen. Herausgekommen ist dabei aber ein erstaunlich in sich geschlossen klingendes Album, welches musikalisch – Wüste hin oder her – ganz klare Koordinaten in den Sand kritzelt:

Den Albumtitel als schelmisch falsche Fährte nutzend, treffen wir hier keinerlei rollenden Steine an, sondern Neil Young (& Crazy Horse), die Byrds mit Roger McGuinn, Tom Petty mit seinen Herzensbrechern und der große John Hiatt geben sich imaginär die Klinke in die Hand, was aber als Beschreibung Rich Hopkins nicht gerecht wird.
Dieser sieht sich seit geraumer Zeit weniger als (spektakulärer) Gitarrist, sondern vielmehr als veritabler Songschmied und diesbezüglich hat er zwar hörbar seine Vorbilder, aber genauso eine eigene Handschrift. Und so kann "Exiled On Mabel St." einerseits Songkleinode des rootsigen (Alternative)Gitarrenrocks bereithalten, wunderbar gewürzt mit folkiger bis fast schon poppiger Melodic, mit filigranerer Saitenarbeit abgeschmeckt, als es dem Protagonisten gemeinhin zugeschrieben wird (er liebt das langgedehnte Ziehen der Saiten, angereichert mit viel Verzerrung, aber ohne jegliches Notenschreddern) und als Topping mit psychedelischen Duftnoten versehen.

Andererseits lässt er es sich nicht nehmen, im bei ihm schon fast traditionellen Hidden-Track-Bereich, der in diesem Fall ungewöhnlich üppig ausfällt, Songvorlagen in seine eklektische Soundvorstellung zu gießen. Und so darf bei entsprechender Geduld (sehr lange Pausen) beispielsweise "Cinnamon Girl" (Neil Young & Crazy Horse, 1969), "Ticket To Ride" (Beatles, 1965) oder "Morning Dew" (Bonnie Dobson, 1962 … bekannter ist die Aufnahme von Tim Rose, 1967) gelauscht werden, entschleunigt wie ein zäher Lava-Fluss und mit einem Saiten-Sound versehen, der an einen Neil Young in genießbar gemahnt.

Überhaupt lässt es Rich Hopkins insgesamt deutlich weniger Krachen als noch in der Vergangenheit, stattdessen räumt er seiner Ehefrau Lisa Novak und seinen weiteren Mitstreitern gebührend Raum zur Entfaltung ein, offeriert in Zusammenarbeit mit seiner besseren Hälfte ein reifes Songwriting, was insgesamt zu einem Werk führt, welches selbst Feingeister aufhorchen lassen könnte, sofern ihnen der Wüstensand … äh … amerikanischer Roots-Rock nicht gänzlich fremd ist.
Und schließlich weiß der gut klingende Mix mit nicht ganz so extremer Lautstärkekomprimierung auf der heimischen Antik-Anlage zu gefallen, wobei dem Rezensenten als gleichfalls antiquiertem CD-Liebhaber positiv auffällt, dass es die sechs Bonus-Tracks inklusive zweier Sequenzen mit Erläuterungen zum vorliegenden Album exklusiv nur auf dem Silberling gibt. Alle Jünger des Streaming-Zeitalters und Vinyl-Hippster schauen da in die sandige Röhre.

Fazit:
Es scheint dem Rezensenten zwar immer noch nicht hinreichend geklärt, was nun genau Desert Rock sein soll … dieses Werk, welches Neil Young erheblich näher steht als den Rolling Stones, hat vom harten Sandpapier – im Sinne von mehr Wohlklang – aber einiges abgeschmirgelt und fügt dem Kanon des Protagonisten eine weitere Facette seines Wirkens hinzu, welche mehr als ein Ohr des Interesses verdient hätte.


Line-up Rich Hopkins & Luminarios:

Rich Hopkins (vocals, guitars)
Lisa Novak (vocals, harmony vocals, backing vocals, acoustic guitars)
Paul Beebe (bass, guitars, vocals)
Mike Therieau (bass)
Jaime Peters (drums)
Falcon Valdez (drums, percussion)
Lars Goransson (piano, keyboards)
Daniel Jones (vocals)

Tracklist "Exiled On Mabel St.":

  1. A Message Of Hope (3:53)
  2. Count On Me (3:59)
  3. Everybody Knows (4:01)
  4. Prodigal Son (6:20)
  5. I Don’t Care (4:07)
  6. Break Through (4:12)
  7. Josephine (3:57)
  8. Nuthin' At All (4:05)
  9. I Wouldn’t Listen To Me (4:43)
  10. Bataan Death March (4:30)

CD-Hidden Tracks:

  1. Cinnamon Girl (3:02)
  2. The Human Race (3:37)
  3. Ticket To Ride (3:47)
  4. Count On Me Story (3:16)
  5. Morning Dew (9:37)
  6. Band Spew (4:01)

Gesamtspielzeit: 77:13, Erscheinungsjahr: 2022

Über den Autor

Olaf 'Olli' Oetken

Beiträge im Archiv
Hauptgenres (Hard Rock, Southern Rock, Country Rock, AOR, Progressive Rock)

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