Eine ganz starke Leistung des ostwestfälischen Blues-Musikers Bad Temper Joe.
Wie aus den Informationen zu "The Memphis Tapes" hervorgeht, spielte der Künstler bei der International Blues Challenge im Orpheum Theatre »[…] als letzter im Wettbewerb verbliebener Europäer im Finale […]«.
Außerdem: »[…] Das amerikanische Publikum hatte er bereits an den Tagen zuvor in verschiedenen Clubs auf der Beale Street begeistert. […]«
Wenn man schon einmal in Memphis weilt, könnte man, etwas leger formuliert, ja auch gleich die legendären Sun Studios besuchen.
Bad Temper Joe hat sie nicht nur besucht, sondern einen Tag nach seinem Auftritt im Orpheum Theatre auch gebucht. Die Situation zu Beginn der Einspielung wird wie folgt beschrieben: »[…] Draußen weht ein für die Jahreszeit erstaunlich warmer Wind. Im Inneren rattert schon die Bandmaschine. Ein einzelner Stuhl wird bereitgestellt. Joe, wie immer nur mit Gitarre auf den Knien, setzt sich. Einige Mikrofone werden arrangiert und Toningenieur Daniel Crockett gibt durch die Glasscheibe das Zeichen: Die Aufnahme läuft. […]«
Sechs "The Memphis Tapes"-Songs dokumentieren die besondere Atmosphäre im Studio.
Die für die vorliegende Platte von Henning Strandt gemixt sowie gemasterten Tracks stammen von den Alben "Double Trouble", Man For The Road, Solitary Mind sowie The Maddest Of Them All.
Bad Temper Joe alleine im Sun Studio.
Empfangen werden wir von "If Tears Were Diamonds". Bei diesem Songtitel darf man gleich auf die Diamanten eingehen, denn schon diese Nummer ist ein Highlight der sechs Songs, die mit Ausnahme von "Man For The Road" – gemeinsam mit Ian Andrews geschrieben – alles Eigenkompositionen sind. Andächtig-melancholisch, zurückhaltend auf der Gitarre, auch unter Einsatz des Bottlenecks, intoniert, ist der erste Track eine Art Bad Temper Joe-Blues-Predigt mit einem hinreißend-langen instrumentalen Teil, der die siebeneinhalb Minuten zu einem Genuss erster Güte macht. Die Symbolik des Textes ist bemerkenswert.
Einen Song von nahezu identischer Länge befindet sich nicht mehr auf der LP.
"Hell’s Gonna Fly" ist eine weitere Ansage in Sachen Acoustic Blues. Ja, die Studio-Atmosphäre schwappt rüber zum Hörer. Der Musiker kann so toll singen. Emotionen von beiden Seiten: Musikalisch wie auch stimmlich ist der deutsche Künstler ein Ass. Wer den Klang des Bottleneck mag, wird auf "The Memphis Tapes" verwöhnt werden.
Im balladesken Umfeld angesiedelt, ist "Girl From The East" ein Country Blues-Track, in den man sich verlieben kann. Bad Temper Joe kreiert einen Zwölftakter-Mikrokosmos, der den Hörer mit offenen Armen einlädt und in dem man sich so wohl fühlt.
"Homeless" bringt die zweite Seite der Platte ins Rollen.
Herrlich, wie melodisch Bad Temper Joes akustische Gitarre klingen kann. Abermals bekommt man vom eindringlich-emotionalen Gesang eine Gänsehaut. Gekonntes Fingerpicking und Slide-Sound geben sich die Klinke in die Hand.
Die letzten beiden Nummern bestätigen die ausgesprochen hohe Blues-Qualität eines Bad Temper Joe.
Weil es passt, hier ein zusammenfassendes Zitat aus dem Informationsblatt: »[…] "The Memphis Tapes" wird die Welt nicht verändern. Wer sich aber auf das Knistern der Vinyl-Platte einlässt, wird für knapp 30 Minuten die Schnelllebigkeit, das Auf und Ab und das Hin und Her unserer Zeit vergessen. […]«
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für gute Musik.
Line-up Bad Temper Joe:
Bad Temper Joe (guitar, vocals)
Tracklist "The Memphis Tapes":
Side A:
- If Tears Were Diamonds
- Hell’s Gonna Fly
- Girl From The East
Side B:
- Homeless
- Sleeping Giant Blues
- Man For The Road
Gesamtspielzeit: 29:18, Erscheinungsjahr: 2020



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