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Leadbelly Calls / Talking to Huddie Ledbetter – CD-Review

Leadbelly Calls ist ein Band-Projekt von Timo Gross und Adax Dörsam.
Der Beginn der Leadbelly Calls-Geschichte liest sich folgendermaßen: »[…] Es war in einer verqualmten und durchzechten Nacht in der düstersten Kaschemme der Stadt, als die beiden Protagonisten ihre gemeinsame Liebe zu einem der am meisten unterschätzten Künstler der Welt entdeckten: Huddie Ledbetter, besser bekannt als Leadbelly! […]«

Danach »[…] wurden Pläne geschmiedet, Instrumente sorgfältig ausgewählt und Saiten gewechselt. Alte, vergessene Lieder wurden geteilt und zelebriert. Sie trauerten um verlorene Seelen und versetzten sich in den Geist des Giganten Leadbelly. […]«
Eingebettet zwischen "Prologue: Leadbelly" sowie "Epilogue: Western Plain (Ethno Mix)" sind zwölf Songs.
Neben den gerade genannten Tracks gibt es zwei weitere Nummern, zu denen es auf der Digipak-Rückseite heißt: »[…] Written in the spirit of Leadbelly by Adax Dörsam and Timo Gross. […]«

In "Prologue: Leadbelly" geht es bei einem tollen musikalischen Background in Auszügen um das Leben des 1949 verstorbenen Bluesers. Die Geschichte wird dem Hörer von Uschi Nerke ("Beat Club"/"Musikladen") näher gebracht. Alleine schon die Album-Eröffnung ist hinreißend.
Am Ende wird "Western Plain" in einer 'Ethno Mix'-Version abermals aufgegriffen. Dabei haben die beiden Protagonisten dem Song auf ganz geschickte Weise eine andere, ebenfalls sehr bezeichnende Ausgabe verpasst. Klasse! "Western Plain" darf man als ein Bespiel heranziehen, um auf das von Timo Gross inszenierte Programming einzugehen. Handgemachte Musik kontra künstlich erzeugten Sounds? Leadbelly Calls verdeutlich, dass es auf diesem Album keinen Widerspruch ergibt.

"Blow My Blues Away" ist die beseelte Gospel-Abteilung der vorliegenden Platte.
Gospel-Stimmung kommt selbstredend durch den tollen Chorgesang auf. Nicht nur hier kommen Fans des Bottleneck-Sounds auf ihre Kosten.
Wie niveauvoll Leadbelly Calls den herausfordernden Spagat zwischen der Huddie Ledbetter-Tradition und den eigenen Fantasien erfolgreich bewältigt, verdeutlicht einer der wohl bekanntesten Leadbetter-Kompositionen. Schon zu Beginn der Scheibe sorgt "Black Betty" für einen Stau, denn diese Interpretation mit Olav Federmann am Schlagzeug, ist infizierend-groovender Blues Rock. Das dezente Programming ist das Salz in dieser "Black Betty"-Suppe. So transferiert man einen Hit in unsere Zeit. Die Impuls-Nummer der Platte, zu dem es im Informationsblatt heißt: »[…] Ein extrem tanzbarer, hypnotischer Groove kontrastiert die klassische Saz, abgelöst von der Coral-Sitar-Guitar. […]«

Wahrscheinlich machte sich kaum jemand die Mühe, zu hinterfragen, welcher Komponist hinter "Cottonfields" (oder "Cotton Fields") steckt, als sich The Beach Boys oder Creedence Clearwater Revival dem Huddie Ledbetter-Song annahmen. Anziehend wirkt hier die von Adax Dörsam zum Klingen gebrachte Maultrommel. Leadbelly Calls überzeugt auch im Country Blues und abermals erzeugt man ein besonderes Spannungsfeld zwischen eingestreuten künstlichen Klängen und handgemachtem Blues. Höhepunkt!
So oft gehört: "Good Night Irene". Balladeske Andacht ist angesagt. Mit Simon Seeleuther von The Necronautics an der Pedal Steel hat die Gänsehaut Hochkonjunktur. Wunderschön!
Hingerissen ist man auch von der "Where Did You Sleep"-Lesung mit Mandolinen-Klängen und Fuzz-E-Gitarre. Die beiden Leadbelly Calls-Musiker mit ihren sozusagen handverlesenen Gästen bringen einem den Blues von Huddie Ledbetter mit faszinierender Diversität in Erinnerung.

"Talking To Huddie Ledbetter" konzentriert sich auf nur einen Blues-Musiker.
Leadbelly Calls' Kreativität und dessen Respekt vor der kulturellen Leadbelly-Wertschätzung ist die Energiequelle dieser Platte.
"Talking To Huddie Ledbetter" ist wie eine musikalische Brücke, die den Zwölftaker des Bluesers mit unserer Gegenwart verbindet.
Chapeau, Leadbelly Calls!
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für gute Musik.


Line-up Leadbelly Calls:

Timo Gross (vocals, guitars, bass. programming)
Adax Dörsam (vocals, jawharp, all fancy strings)

Guests:
Uschi Nerke (hollering – #1)
Claus Bösser-Ferrari (guitar – #1)
Olav Federmann (drums – #2,3,6,10,11)
Simon Seeleuther (pedal steel – #4,13)
Alex Auer (backing vocals – #8)
Franz Eichberger (drums – #7)
Rainer Hebenstreit (triangle – #13)
Harald Heinl (drums – #8)

Tracklist "Talking To Huddie Ledbetter":

  1. Prologue: Leadbetter
  2. Black Betty
  3. Cottonfields
  4. Where Did You Sleep
  5. Take This Hammer
  6. Western Plain
  7. It’ll Blow A Poor Man Down
  8. Blow My Blues Away
  9. John Hardy
  10. Midnight Special
  11. The Gallis Pole
  12. My Baby Left Me
  13. Good Night Irene
  14. Epilogue: Western Plain (Ethno Mix)

Gesamtspielzeit: 52:32, Erscheinungsjahr: 2021

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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Mail: joachim(at)rocktimes.de

1 Kommentar

  1. Adax Dörsam

    Hi!
    Danke, eine sehr aufmerksame und gute Besprechung!
    Nur: Adex ist falsch – Adax richtig…
    Adax Dörsam

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