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Maggie Mackenthun/Gerhard Sagemüller / Kozmic Blue, eine musikalische Odyssee – Buch-Review

"Eine musikalische Odyssee" – Maggie Mackenthun, Gerhard Sagemüller, Kozmic Blue gestern und heute.
Aus dem Klappentext des vorliegenden Buchs:
»[…] In der romanartig geschriebenen Familiensaga erzählt das Musiker-Ehepaar Maggie Mackenthun und Gerhard Sagemüller von lustigen, traurigen und bizarren Abenteuern, die sie auf ihrer seit einem halben Jahrhundert andauernden Tournee erlebten. […]«
Ganz am Ende des Buches steht unter einem Bild mit Maggie Mackenthun als Zitat »[…] Blues is not a genre, it’s a feeling […]«.
Maggie Mackenthun und Gerhard Sagemüller können nicht nur tolle Songs komponieren, nein, das Schreiben eines Buches scheint den beiden wohl in die Wiege gelegt worden zu sein.

Auf vierhundertzwanzig Seiten geht es spannend sowie äußerst lebhaft zu und die einzelnen Kapitel des Druckwerks machten einerseits neugierig, sind andererseits selbsterklärend.
Wie dem auch sei, die Lesenden kommen von Beginn an in einen Flow, der durch (fast) nichts unterbrochen werden kann. Und was ist mit Tee? Dann schon.
Bevor es los geht noch ein Hinweis aus dem mit vielen schwarz-weiß Fotos gestalteten Buch: »[…] Dies ist eine wahre Geschichte. Aus Respekt vor den noch Lebenden wurden deren Namen geändert. […]« Folglich erscheinen diese Namen als Zitate.

Wie in "Feuchtbiotop" (ist übrigens die hautenge Latexhose von Bassist Cläusel Quitschau) blumenreich beschrieben, ist das Tourleben kein Zuckerschlecken. Gerhard Sagemüller nimmt es mit dem entsprechenden Humor leicht. Es darf auch gelacht werden. Man erfährt, was eine Künstlerehe so alles zusammen hält.
Wer oder was ist "Cäsar"? Der Schreiber zwischen Traum unter der Bettdecke und der Wirklichkeit. Auf dem Kassettenrekorder Jimi Hendrix hören, zumindest so lange wie die Batterien mitspielen, fast die ganze Nacht durch und dann die Realität: Schule! Auch dem Schüler Sagemüller  »[…] fröstelt es […]«. Bei "Cäsar" handelt es sich nicht um einen Hund, sondern um Cäsar und "Bello Gallico". So macht das Unterricht Schwänzen Spaß, denn der zwölfjährige Schüler hatte im Keller der Schulaula ein »[…] Selbstbau-Schlagzeug […]« stehen. Aus heutiger Sicht können wir uns freuen, denn Gerhard Sagemüller sah damals die »[…] Musik […] als eine der wenigen sinnvollen Kulturerrungenschaften der Menschheit […]« an.

Für "Mandala Bazaar" übernimmt Maggie Mackenthun den Schreibstift.
Von »[…] Klassik und Schlager-Platten  […] zu meiner Begegnung mit Rock und Blues. Das geschah an einem sonnigen Mittwoch im September 1972. […]«. Der Mandala Bazaar war ein Laden mit »[…] glitzerndem Tinnef wie Kerzenständer, Wasserpfeifen, […] Schmuck […] und mit Perlen sowie Spiegelchen bestickte Hippie-Klamotten […]«. Mit ihrem Bruder Rainer kam sie zu ihren ersten Auftritten, die von einem durchgeknallten »[…] Enno […]« per Zufall organisiert wurden. Ohne Acid und Pot war Maggie Mackenthun berauscht vom Singen.
Maggie Mackenthun hatte zu tun mit Freund Marcel, dem Kriegsdienstverweigerer und der Flucht per Interrail nach Griechenland, genauer Kreta. Kein Geld, nur der Glaube und Marcels Wahrsagen bleiben Anker bis es, nach anstrengender Olivenernte, wieder zurück nach Deutschland ging. Abenteuerlich!

Was schon nach wenigen Kapiteln fasziniert, ist der Perspektivwechsel und der individuelle Schreibstil sorgen – neben den höchst interessanten Geschichten und Geschichtchen – für Abwechslung. Besonders toll sind einige Kapitel, in denen die beiden Künstler eine Geschichte in einem Kapitel aus ihrer persönlichen Sicht erzählen. Klasse!

Hamburg, des einen Leid, der anderen Freud.
Gerhard Sagemüller 1981 auf fast erfolgloser Tour (Auftritt auch im Onkel Pö) mit der Ska-Band »[…] Andis Andros […]« und 1982 nahm Maggie Mackenthun erfolgreich an einem Modellversuch Popularmusik im Bereich Rock teil. Das Zertifikat unter anderen unterschrieben von Inga Rumpf und »[…] die Band Eisen mit den drei Geschwistern Mackenthun wurde einstimmig zum Sieger des Studiengangs gekürt. […]«
Sagemüller & Co. wurden die Begleitband für die »[…] Lila Meter Band […]«. Letzte Tour-Gig in der DDR, Berlin, Volksbühne, Gerhard Sagemüllers dreitägige Verlängerung wegen Meike und der enge Gang zurück in den Westen. "Walkman" … Krimiformat!

Maggie Mackenthun 1983 zum ersten Mal schwanger, mit dickem Bauch das Aus bei »[…] Moonraft […]«, Plattenvertrag futsch, Heirat. Ihr Mann »[…] packte allerlei Zeugs und eine Spritze aus, band mir den Arm ab und drückte zuerst mir und dann sich selbst die Nadel hinein. […]« Entzug, Trennung, Scheidung. "Junk macht schlank".
Musik spielen, die man nicht wirklich mag: Gerhard Sagemüller mit Drafi Deutscher auf Tour und am 08.08.1988 wurde der Schlagzeuger Vater. Familienleben statt Band. Er trennte sich von »[…] Krueger […]«. Arbeit im Studio. Ein Anruf genügte und er trommelte für die Band bei einem Festival mit »[…] dem besagten Horex vs. Porsche Rennen. […]«
"Hass" … eine neue Band ohne Sänger … eine neue Band mit Sängerin. Maggie Mackenthun und Gerhard Sagemüller sind zum ersten Mal in einer Gruppe mit dem Namen »[…] Himalaya […]«.
Led Zeppelin-Songs stehen auf der Tagesordnung. Maggie Mackenthuns Stilettos bohrten beim vierzigsten Geburtstag von Gitarrist »[…] Dr. Ansgar von Hippo […]« Löcher in den Holzfußboden.
Das Duell zwischen Schlagzeuger und Saiten-Mann fiel aus und Himalaya war Geschichte … "Löcher".

Kozmic Blue wurde ins Leben gerufen.
Wegen der Janis Joplin-Interpretation kam »[…] Flitsch […]« auf den Bandnamen und Bassist Cläusel war der dritte im Bunde.
Maggie Mackenthun ist schwanger, Gerhard Sagemüllers »[…] linkes Ohr fiepste immer noch fies […]«. Kozmic Blue wurde auf Eis gelegt und dann doch nicht, denn als Duo gab man spontane Kneipenkonzerte, der Hut ging rum. Dann noch die sündhaft teure neue akustische Gitarre. "Tuba".
»[…] Karl die Geige […]« hatte eine Idee und so kam es zur ersten CD "Live At The Monterey".
Bei einem Benfiz-Gig für die Drogenhilfe Köln e.V. bekam Karl die Geige mit seinem neuen Song "Kiff Kiff, Suff Suff" doch noch den Dreh zur Anerkennung und für Konzerte im Sommer 1998 wurde ein Kleinwagen zum Raumwunder: "R5".

Nach dem Konzert am Schloss erleben wir Cläusel im Kapitl "Aufzug" bei seiner Geschichte mit der Band »[…] Trio Rio […]« in Hochform. Unglaublich, wozu Mann fähig ist, wenn der Blasendruck ins Unermessliche zu steigen scheint. Brüller!
Maggie Mackenthun hat Probleme, große Probleme. Nicht lustig! Vor einem Auftritt im ausverkauften Passauer Club Camera die Diagnose des Krankenhaus-HNO: »[…] schwere Stimmbandentzündung […]«. Die zieht sich über Monate hin. Zweites Standbein: Ausbildung zur Yoga-Lehrerin. Am Ende eines Gigs, bei dem sie Gast der eigenen Band war, »[…] schnappte ich mir das Mikro und sang zur Verwunderung der Band mit. Die Schluss-Stelle kam, ich nahm alle meine Kraft zusammen und schrie. Schrie wie um mein Leben. […] "The Voice" war zurück. […]«

Gerhard Sagemüller in gefühlt zehn beschiedenen Rollen, die alle mit Musik und dem Drumherum zu tun hatten. Zu viel! »[…] 2001 schrammte ich deshalb scharf an einem burn-out vorbei. Hundertfünfzig Konzerte pro Jahr waren einfach zu viel. […]« Dann auch noch Eifersucht, die in Wut mutierte und schließlich auch noch der stinkende »[…] Jupp […]« im Bett des Wohnmobils. Armer Gerhard!
Mit allem Drum und Dran geht es auch immer wieder um Tourneen und deren blumige Beschreibung. Irgendwas ist immer los. So ist – wie in "Vollmond über Verviers" dargelegt – eben nicht »[…] alles wie immer. […]« Durch Cläusels ausgestöpseltes Kabel war »[…] der schön dramatisch inszenierte Anfang […] natürlich versaut. […]« Die Hose des Bassisten sorgte im Spirit of 66 für Durchblicke.

In jungen Jahren hatte Gerhard Sagemüller unzählige Jobs, um sich über Wasser zu halten. Das »[…] Mundharmonika-Genie Narvic   […]« hatte »[…] als Bestatter auf dem Friedhof […]« allerdings die beste Story auf dem Kasten. Er ist in "Main bleibt Mainz" der Erzähler einer Geschichte, die ihm und seinen drei Kollegen die Kündigung einbrachte. Was so alles passieren kann, denn »[…] THC entfaltete brutal seine Wirkung. […] Unser Glück, dass der Sarg […] nicht noch aufsprang. […]«

"Lokomotive": Achtung, es »[…] sind Fälle von Läusebefall […]« in der Schule »[…] bekannt geworden. […]« Vier Wochen später, Sommer 2004, Burg Herzberg Festival, die arrogante Headliner-Band »[…] Lokomotive Death […]« und die Folgen, toller Auftritt und dann wieder das Thema Läuse. Harper Narvic steigt vom langhaarigen Lockenkopf auf Glatze um.
Von einem »[…] Mika […]«, der oft genug den Einsatz des Verfolger-Scheinwerfers verpasste, einem – Dank Cläusel – etwas verkorksten Interview, keine Cover-Band sein zu wollen, der ersten Idee, eine spezielle Show nur über Janis Joplin und ihre Zeit auf die Beine zu stellen, einem von den Vorbereitungen völlig fertigen Gerd Sagemüller und die ausverkaufte A Journey Through The Past With Janis-Aufführungen im "Odeon" mit Gast »[…] Wolfram Neveregger von der Kölner Gruppe MAM […]«.

Zwischen Freude und Trauer … "Husten" ist Bassist Cläusel und seinem Tod gewidmet.
Für ihn zupft Gerhard Sagemüllers Sohn Justus die dicken Saiten.
Wie schön, dass es – in vielerlei Hinsicht – noch Unterschiede zwischen Autowerkstätten gibt. Herrlich Stimmungen am Atlantik und endlich wieder Bargeld in der Hand: "Not France, Not Spain".
»[…] Hoffentlich öffnen die Live-Clubs bald wieder, sonst ist das deren und unser ENDE. […]« Wenn das letzte Kapitel "China" so endet, weiß man worum es geht.

Maggie Mackenthun und Gerhard Sagemüller sind Künstler und in dem Buch "Kozmic Blue, eine musikalische Odyssee" erweist sich das Ehepaar als wahrer Lebenskünstler. Ausgefeilt beschriebene Situationskomik und das Touren in Europa wird anschaulich und auch mit einer großen Portion Humor beschrieben.
Ja, es darf gelacht werden, auch bis die Tränen kommen.
Es gibt auch Anker der Nachdenklichkeit sowie deutliche Worte.
Hut ab, Maggie und Gerhard!

Dieses mit Hingabe geschriebene Buch ist eine dicke Empfehlung.
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für gute Musik.


Inhaltsverzeichnis "Eine musikalische Odyssee":

  1. Feuchtbiotop
  2. Cäsar
  3. Mandala Bazaar
  4. Dschinn
  5. Olive
  6. Onkel Pö
  7. Mach die Tür zu
  8. Walkman
  9. Junk macht schlank
  10. Vienna
  11. Kochtopf
  12. Krieg der Herzen
  13. Horex
  14. Hass
  15. Götter in Weiss
  16. Fürstling
  17. Löcher
  18. Gips
  19. Butterwickel
  20. Tuba
  21. Feldsalat
  22. Monterey
  23. Kiff Kiff Suff Suff
  24. R5
  25. Aufzug
  26. Lüttewitz
  27. Muschelen
  28. The Voice
  29. Jupp
  30. Saufen mit Musik
  31. Vollmond über Verviers
  32. Wonderbra
  33. Mainz bleibt Mainz
  34. Tiere
  35. Lokomotive
  36. Linie 6
  37. Cantante
  38. Odeon
  39. Fünfzig Stickis
  40. Die 8 die lacht
  41. Batucada
  42. Husten
  43. Familie
  44. Not France, Not Spain
  45. China
  46. Inhalt

Angaben zum Buch:

Buchtitel: Kozmic Blue, eine musikalische Odyssee
Autoren: Maggie Macckenthun, Gerhard Sagemüller
Copyright: Gerhard Sagemüller, 2022
Verlag: Saltworks, S-Promotion, Köln
Coverbild: Sina Sagemüller
Alle anderen Fotos: Privat-Archiv Kozmic Blue
Print: CPI
ISBN: 978-3-949599-00-2
Preis: 14,90 Euro
420 Seiten

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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