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Nik Turner / Life In Space – CD-Review

Nik Turner - Life In Space - CD-Review

Nachdem es längere Jahre eher ruhig um Nik Turner, den Co-Gründer und ehemaligen Musiker sowie Co-Sänger von Hawkwind, gewesen ist, tauchte er im Jahr 2013 wie Phönix aus der Asche mit dem starken Space Rock-Album Space Gypsy wieder auf. Nachdem er anschließend auch auf den Bühnen wieder sehr fleißig war, folgte 2016 das instrumentale (aber nicht weniger interessante) Space Fusion Odyssey und nun liegt mit "Life In Space" bereits das nächste Werk vor. Wie auf den gerade genannten Vorgänger-Scheiben ließ er sich dafür von dem Hedersleben-Chef Nicky Garrett (auch Ex-UK Subs) sowie anderen Ex-Musikern dieser Band unter die Arme greifen. Weitere prominente Mitstreiter waren der Produzent Jürgen Engler, der für die Abmischung zuständige Chris Lietz sowie die ehemaligen Hawkwind-Musiker Simon House (Violine) und Paul Rudolph (ebenso Ex-Pink Fairies).

Drei brandneue Songs hat Turner für diese neue Platte co-komponiert, mit "Master Of The Universe" ist ein altes Hawkwind-Stück (Songwriting von Turner/Brock) am Start, zwei Nummern stammen von Engler/Lietz und bei zwei weiteren durften sich jeweils einmal Nicky Garrett als auch Jason Willer als Autoren einbringen. Auf dieser neuen Scheibe wird dann auch wieder gesungen, was meinen Geschmack doch eher trifft. Selbst wenn der gute Nik sich zeitweise (und vermutlich seinem Alter geschuldet) im wahrsten Sinne des Wortes etwas zahnlos anhört. Ist aber halb so wild, da der Gesang selbst seine Funktion erfüllt und mit der benötigten Power aufs Band gezaubert wurde. Ansonsten stellt das Album eine gelungene Fortsetzung der beiden Vorgänger-Werke dar, das wenige Schwächen erkennen lässt. Insgesamt ist es etwas relaxter, etwas ruhiger geworden, was von der Spannung aber nichts weg nimmt. Vielmehr greift das zeitweise verschleppte Tempo sehr effektiv als Stilmittel, eine große Leere, einen schwebenden Zustand, einen zeitlosen Zustand ohne Anfang und Ende darzustellen. Sehr ausgeprägt findet man diese Stilistik beispielsweise bei "As You Were", wenn sie auch wie eine Zitadelle über dem kompletten Album zu hängen scheint.

Bereits das eröffnende "End Of The World" (mit dem bereits erwähnten Gast Paul Rudolph an der Gitarre) kreiert eine melancholische und irgendwie auch vom ’normalen' Leben losgelöste Atmosphäre, die Anfangs von Nik Turners Flöte, im weiteren Verlauf dann von Kephera Moons Keyboards und nicht zu vergessen auch dem Gesang dominiert wird. Und trotz aller versprühten Auswegslosigkeit und Leere stellt sich der Protagonist seinem Schicksal trotzig mit den Worten »I’m not scared of life…« entgegen. Musikalisch klasse umgesetzt und umgehend Aufmerksamkeit erregend, dazu versehen mit einer schönen Gesangsmelodie. Vom ersten direkt zum letzten Stück, dem Re-Make von "Master Of The Universe" (vom Hawkwind-Album "In Search Of Space" aus dem Jahr 1971): Eine ganz bestimmte Stimmung, die dazu vor mehr als 35 Jahren kreiert wurde, kann man natürlich nicht mehr wirklich reanimieren, was der Engländer aber zugegebenermaßen vielleicht auch gar nicht wollte. Ein direkter Vergleich hinkt also von vornherein und sollte deshalb auch verworfen werden. Das Stück selbst macht dagegen sehr viel Spaß, während die Band rockt und Turner seine Saxophon-Improvisationen darüber legt.

Aber auch die sechs Tracks dazwischen verfügen über viel Qualität. Neben dem bereits erwähnten "As You Were" verfügt das sehr psychedelische "Why Are You?" über ein cooles Gitarren-Riff, jede Menge abgefahrene Synthie- sowie Keyboard-Sounds und obendrein einer grundsolide rockende Rhythmus-Abteilung. Mit einer der stärksten Titel des Albums. Einen Ausfall gibt es nicht zu beklagen und die komplette Scheibe wirkt wie ein großes Ganzes. Und wenn dieses Kriterium erfolgreich umgesetzt werden kann, dann ist das bereits die halbe Miete.

Insgesamt ist "Life In Space" ein starkes Album geworden, auf das man sich einlassen sollte. Ein paar wenige Abstriche müssen beim Gesang gemacht werden, was aber insgesamt kaum ins Gewicht fällt. Glückwunsch also an Nik Turner, der erneut beeindruckend bewiesen hat, dass nach wie vor mit ihm zu rechnen ist.


Line-up Nik Turner:

Nik Turner (saxophones, flutes, vocals)
Nicky Garratt (guitars)
Kephera Moon (keyboards)
Bryce Shelton (bass)
Jason Willer (drums)
Simon House (violin)
Jürgen Engler (Moog synthesizer, guitars, bass)
Chris Lietz (keyboards)
Paul Rudolph (guitar – #1)

Tracklist "Life In Space":

  1. End Of The World
  2. Why Are You?
  3. Back To Earth
  4. Secrets Of The Galaxy
  5. Universal Mind
  6. Approaching The Unknown
  7. As You Were
  8. Master Of The Universe

Gesamtspielzeit: 44:45, Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

2 Kommentare

  1. IainHawk

    Nik hat in den letzten Jahren immerwieder mal ein Album rausgebracht oder eine DVD udn war oft Gast bei anderen bands wie Sendelica udn Space Mirrors und zwischen den Jahren auch mit einer Free Progressive Band namens Nik Turner’s Project 9 unterwegs; hauptsaechlich aber auf der Insel. Daneben natuerlich noch mit seiner Hauptband Nik Turner’s Space Ritual/New Space Ritual und der Nik Turner Band.
    Meistens bekam man seine Scheiben hier in Deutschland aber nicht zu kaufen oder nur sehr, sehr schwer, er war also nie ganz weg.
    Was Paul Rudolph angeht; als Lemmyx in Kanada im Knast sass, spielten Hawkwind die Tour mit aul Rudolph am Bass zu Ende 🙂 er war durchaus auch Ex hawkwind member. (moechte kein Klugscheisser sein ist nur eine Ergaenzung zu Deienr brilliant geschriebenen Review zu verstehen)
    Übrigens könnte man erwaehnen, dass man neuerdings die Scheiben von Nik auch auf seinem Bandcamp account beziehen kann 🙂
    Liebe Gruesse Iain,

    1. Markus Kerren

      Hi Iain,

      vielen Dank für deine Ergänzungen und die Informationen über die sonstigen Projekte von Nik. Und hey, hier klugscheißert doch keiner, wir tauschen uns lediglich aus. Dass Paul Rudolph auch mal bei Hawkwind war, hatte ich im Review ja erwähnt. Der Mann hat übrigens vor kurzem ein neues Studioalbum ("Resident Reptiles") mit den Pink Fairies rausgebracht, das Review dazu wird in Kürze bei uns erscheinen.

      Und Lemmy war schon wieder aus dem Knast draußen, schaffte es von Kanada aus sogar pünktlich zum nächsten Hawkwind-Gig in Detroit, bevor er direkt im Anschluss gefeuert wurde. Und dann kam in der Tat Paul Rudolph, um die Tour mit der Band zu beenden (was Dave Brock Jahrzehnte später mal als riesengroßen Fehler bezeichnet hat).

      Auch dir liebe Grüße und ein gutes neues Jahr,

      Markus

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