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Psycho Toaster / Same – CD-Review

Psycho Toaster / Same

Stoner Rock Made In Austria hat mich eigentlich schon immer begleitet, ich hab ja sogar mal ein paar Monate für eine österreichische Seite geschrieben. Und dann dieser irre, coole Titel, "Psycho Toaster"! Ein Titel, der sowohl der Band, dem Album als auch einem Song den Namen spendet, auf dem Cover wirkungsvoll dargestellt durch eine simple, aber sehr wirkungsvolle psychedelische Gestaltung. Respekt, Jungs, so kann man schon mal Neugier erzeugen, da bin ich dabei. Die Band ist seit 2013 miteinander unterwegs, seit 2017 sehr aktiv auf heimischen Bühnen und hat da dem Vernehmen nach schon ordentlich abgeräumt. Alles, was bei den Fans offen blieb, war der Wunsch nach einem eigenen Album.
»Where the hack is your album?« fragt das Info-Material, fragten auch die Enthusiasten, die endlich was Wiederverwendbares von den wilden Live-Gigs mit nach Hause schleppen wollten. Freut Euch, Jungs und Mädels, dem kann endlich begegnet werden.

Ein doomig tiefer Einschlag wie aus der Pforte der Hölle empfängt den Stoner-Jünger stilgerecht und voller aggressiver Verzückung. Ein Intro, böse und düster wie der Arsch eines schwarzen Stiers in einer sternenlosen Wüstennacht. Hatten wir doch schon mal irgendwo, oder? (Anmerkung: Zitat aus "The Big Lebowski" von den Coen-Brüdern). Und irgendwie scheinen Mr. Iommi und Butler zumindest Pate gestanden zu haben.

Mit dem Klingelton einer Mikrowelle, die hier ganz sicher einen Toaster doubelt, driften wir in den leicht metal-beflügelten Halb-Titelsong. Simple Riffs über dem treibenden Rhythmus werden von einer überaus markanten Stimme in die Schlacht geführt, die plötzlich mit einem zurückgenommenen Break aufwartet, aus dem sich eine geile Gitarre heraus heraus kristallisiert, die nicht nur im Stoner, sondern auch im klassischen Hard Rock ihren Tribut fordern könnte. Manchmal klingt es fast nach den frühen UFO, doch die harten Riffs führen schnell zurück zum Ausgangspunkt.

Nein, hier wird der Wüstenrock mit einer Dreingabe von allerlei krachenden Randerscheinungen dargeboten. Schicke Gesangslinien schon in den Strophen, die erst recht abgehen im Refrain und von einer stimmlichen Eruption zur nächsten führen. Dieser Gesang hat wahrlich Charisma und das instrumentale Fundament heizt gehörig dazu ein. Da liefert Konstantin Gober sowohl am Mikro als auch an den Saiten erstklassige Arbeit ab. Und er stützt sich auf ein machtvolles Fundament, denn die Herren aus der Antriebsabteilung verstehen ihr Handwerk nicht minder – sehr schön zu eruieren in den zündenden Tempoverschärfungen und -rücknahmen in "Running Away", wobei ich mir seit Tagen den Kopf zerbreche, woher mir das doomige Riff in den Breaks so bekannt vorkommt. Irgendwann fällt es mir noch ein und ich werde es in einem Kommentar ergänzen. Ist ein Song, der mir auch sehr am Herzen liegt, aber ich komme einfach nicht drauf.

Überhaupt versteht sich die Band sehr geschickt auf treffliche Rhythmus-Variationen, die wie schon erwähnt auch gelegentlich recht metallene Ausmaße annehmen können, dann wieder doomig verschleppt werden. Das baut die Intensität auf, die diese Musik braucht und die geile, dominierende Stimme treibt wie ein Steuermann von einem Wellenritt in den nächsten. Und immer bleibt ein leicht düsterer Duktus über den Songs, Stoner ist keine Musik für das Wolkenkuckucksheim. Dafür aber ein Hort abgefahrener Gitarrensoli, wenn man es denn ernst meint. Psycho Toaster lassen da keinen Zweifel und jagen uns ein ums andere Mal in ekstatische Exzentrik.

Aber eine reine Stoner-Band sind sie nicht, wie auch das fast Boogie-getriebene "The King" belegt, das ist eher klassischer Hard Rock oder noch eher Heavy Rock. Aber so oder so, es kracht und das ist der Grundtenor des Albums. Und nach ein paar Harmonien aus dem Black Sabbath-Imperium entwickelt "Liar" mit seiner eindrücklich dominierenden Hookline eine hypnotische Zeile, die wirklich ein Ohrwurm sein kann, wenngleich ein sehr aggressiver. Das Ding bleibt hängen in der Birne. Und als ob das noch nicht genug wäre, holt der Song zum Ende hin aus einer Warteschleife langsam aufsteigend noch einmal zu einem krachenden Finale aus und kann dich an dieser Stelle echt aus der Fassung bringen. Das abrupte Ende bringt den G-Punkt. Geil.

Das intensive "Lights Out" verschafft mir endgültig die Erkenntnis, dass bei der Zuordnung der Stilrichtung der Heavy Rock eindeutig vor dem Stoner genannt werden muss. Aber wen interessiert das, wenn die Gitarre so schön eskaliert, wenn die Bässe dröhnen und das Schlagzeug tobt?

Im letzten Drittel des Albums zieht aber vor allem das doomig entschleunigt startende "Going Insane" alle Aufmerksamkeit auf sich. Hier wird geradezu perfekt mit Spannung und Stimmung gespielt, wenn zwischen gedehnt langsamen Passagen und wilder Beschleunigung permanent gewechselt wird. Kaum irgendwo anders reißt der Gesang derart leidenschaftlich mit, jetzt werden wir wie Flipper-Kugeln hin und her geschossen, ein geiles letztes Solo gibt noch einmal mächtig auf die Zwölf. Scheiße, ist die Scheibe wirklich schon zu Ende?

Gut vierzig Minuten lang wird man auf dem Grill krachender Riffs, herrlicher Breaks und einprägsamer Gesänge durchgerostet, wir werden psycho-getoasted. Dabei gibt es mächtig Feuer unter dem Arsch, aber am Ende erreicht man einen sehr guten Garpunkt dabei und weiß, dass man den Weg hinein in diesen verrückten Toaster keinesfalls umsonst gemacht hat. Österreich hat schon wieder eine geile Combo am Start, die der gesamten europäischen Szene gut tun wird. Mögen Kontaktsperren und Scheu vor größeren Versammlungen mit Verstand und Gefühl gehandhabt werden, damit diese drei Jungs ganz schnell wieder dahin zurückkehren, wo sie sich offenkundig sehr wohl gefühlt haben. Auf die Bühne natürlich. Die Österreicher schaffen das, die haben ihre wichtigsten Positionen bestens besetzt.

Und was sagt man zu der ganzen Brot-Brutzelei?

Abgefahren!


Line-up Psycho Toaster:

Konstantin Gober (vocals, guitar)
Matthias Traupmann (bass)
Martin Hasler (drums)

Tracklist "Psycho Toaster":

  1. Intro
  2. Toasted
  3. Running Away
  4. Psyche Storm
  5. The King
  6. Liar
  7. Lost For A Lifetime
  8. Lights Out
  9. Going Insane

Gesamtspielzeit: 43:39, Erscheinungsjahr: 2020

Über den Autor

Michael Breuer

Hauptgenres: Gov´t Mule bzw. Jam Rock, Stoner und Psychedelic, manchmal Prog, gerne Blues oder Fusion

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