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Sorceress of Sin / Constantine – CD-Review

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Mit einer bemerkenswert hohen Schlagfrequenz gehen die Briten von Sorceress Of Sin ans Werk. Ihrem Ende 2020 veröffentlichen Debütalbum Mirrored Revenge ließ die erst im vergangenen Jahr gegründete Band jetzt ihr zweites Album, "Constantine", folgen. Die Produktion mit neun Tracks auf einer Spiellänge von 61 Minuten hat es in sich. Es scheint fast so, als müsste der Begriff Power Metal noch einmal erweitert werden, so enorm legen sich Sängerin Lisa Skinner und ihre vier Musikerkollegen ins Zeug.

Damit nicht genug: Während das Quintett den eigenen Anspruch hoch hält, sind die Musiker selbstbewusst genug, als Newcomer mit "Necropolis" einen acht Minuten langen Opener an den Start zu schicken. Das Lied hat einen atmosphärischen, fast schon sinfonischen Beginn, der allerdings nach weniger als zwei Minuten in einen Speed Metal-Teil mündet. "Necropolis" vermittelt den Eindruck, als schreie sich Lisa Skinner die Seele aus dem Leib. Klingt so souverän eine gerade erst neu gegründete Band, darf man schon nach dem ersten von neun Beiträgen fragen. Diese Frage stellt sich mir und ich kann nur mit einem Wort antworten: Respekt.

Das nachfolgende "Massacre Of Meridian" übernimmt praktisch den Staffelstab vom Opener: Dieser Stab wird bis zum abschließenden, fast zwölfminütigen "Constantine" sorgsam gehütet. "Massacre Of Meridian" ist ein durchgängig härterer Song. Dunklere lyrische Themen werden hier verarbeitet und haben einen druckvollen Rhythmus zur Folge, der eine gute Spannung hat. Das Gitarrensolo füllt den Mittelteil anmutig aus. Die verlangsamte Brücke gibt ein wenig Atempause, ehe das furiose Ende dem Power Metal vollauf gerecht wird.

"Realms Of Elysium" hat etwas Kurioses: Am Anfang werde ich durch den Gesang an die deutsche Metal-Sängerin Doro erinnert. Das ebbt bis zum Ende der sechs Minuten nicht ab. Ehrlich, geradlinig, aber auch selbstbewusst und von einem glänzenden Gitarrenspiel begleitet. Kurz ertönte hier die Sopranstimme der klassisch ausgebildeten Sängerin. Störend wirkt dies nicht auf mich. Sollte es eine Zäsur oder einen Kontrast darstellen, ist diese kurze und damit sparsame Einlage sogar legitim. Klassisch wird es später nur noch kurz auf "Constantine", dem abschließenden Titeltrack. Alles in allem ist Lisa Skinner sehr gut im Metal angekommen.

Angesichts ihrer überragenden Frauenstimme darf man sich schon Gedanken machen: Gegen die Männerdomäne Metal könnten aber weder Quotenregelung noch irgendwelche Proteststimmen etwas ausrichten. Hier können einzig Frauen dagegen halten, die in der Lage sind, ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen. Lisa Skinner gehört dank ihrer souveränen Vorstellung zweifelsfrei dazu. Mehr noch: Die Darbietung der kompletten Formation beweist, dass es in jedem Musikgenre hoffnungsvolle Stammeshalter gibt, überraschende noch dazu.

"Until The Dawn" hat mit neun Minuten ebenfalls eine beachtliche Spiellänge. Solche Nummern wollen erst einmal auf dem Papier in Angriff genommen werden. Doch lediglich das Intro ist langsam gehalten. Dem folgen ein einfacher Drum/Bass-Beat und solide Gitarrenklänge. Im Hauptteil gibt es einen geradezu galoppierenden Gitarrenriff, der ins Mark trifft. Das Lied ist wohl der beste Beweis dafür, wie solide sich Lisa Skinner schlägt. "Dimension IV" ist gesanglich und im Balladenstil unüberhörbar ein musikalischer Gruß an die Scorpions. An die Band aus Hannover erinnert außerdem das ausnahmsweise ruhige Gitarrenspiel von Constantine Kanakis, der auf dem kompletten Album einen überaus starken Auftritt hat.

"Adira" entwickelt sich schon fast in Richtung Thrash, so unvermindert hält das Tempo  an. Es folgt auf das viereinhalb Minuten lange "Erratica". Trotz einiger Nummern mit längerer Spieldauer eignen sich gerade die beiden kurzen Stücke Erratica und "Adira" am besten als Anspieltipp und damit fürs Kennenlernen. Sie sagen viel über die Musik, die Spielfreude der Band und die Gesangskunst von Lisa Skinner aus.

Fazit: Beeindruckend, wie die Akteure auf dem vorliegenden Album das Tempo bis zum Schlussakkord hochhalten, ständig den Rhythmus wechseln und damit bis zuletzt eine Stimmung auf hohem Niveau garantieren. Von einer kurzen Verschnaufpause bei "Dimension IV" einmal abgesehen. Genuss von der ersten Minute an und ohne Anlaufschwierigkeiten beim Hören. Der Power Metal-Fan wird mit dieser melodischen Musik sofort warm. "Constantine"  ist eine Energieleistung der Band auf hohem Niveau. »Ein Team aus Freundschaft und Talent, das arbeitet, kommuniziert und Kompromisse eingegangen ist, um ein gemeinsames Ziel, großartige Melodic-Power-Metal-Alben, zu erreichen«, geben Sorceress Of Sin auf ihrer Homepage preis. Eine scheinbar einfache Botschaft, deren Umsetzung allerdings nicht immer selbstverständlich ist, die aber hier wie ein Erfolgsrezept anmutet.


Line-up Sorceress of Sin:

Lisa Skinner (vocals)
Constantine Kanakis (guitars)
Daniel Mackender (bass)
Paul Skinner (drums)
Tom Maclean (bass keyboard, orchestral production)

Tracklist "Constantine":

  1. Necropolis
  2. Massacre of Meridian
  3. Realms of Elysium
  4. Pathogenic Parasite
  5. Until the Dawn
  6. Dimension IV
  7. Erratica
  8. Adira
  9. Constantine

Gesamtspielzeit: 61:40, Erscheinungsjahr: 2021

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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