Uriah Heep feiern silbernes Jubiläum. "Chaos & Colour" ist nach Angaben der Plattenfirma Silver Lining Music bereits das 25. Studioalbum der Band, die zu den Urvätern des Hard Rock gehört. Neben Deep Purple und Nazareth gehören Uriah Heep auch zu den erfolgreichsten und dienstältesten noch aktiven Rock-Formationen aus Großbritannien. Einziges verbliebenes Gründungsmitglied ist Gitarrist Mick Box. Mit Sänger Bernie Shaw (seit 1986), Bassist Davey Rimmer (seit 2013), Keyboarder Phil Lanzon (seit 1986) und Schlagzeuger Russell Gilbrook (seit 2007) gibt es aber ein über viele Jahre eingespieltes und gefestigtes Ensemble.
In 54 Jahren Bandgeschichte seit der Gründung 1969 wurde durchschnittlich im Zwei-Jahre-Rhythmus ein neues Album veröffentlicht. Ist diese Tatsache schon bemerkenswert, so darf man nicht vergessen, wie eifrig die Briten regelmäßig um den Globus touren. Mit ihren bekannten Hits wie "Lady in Black", "July Morning", "Free Me" und "Easy Livin'" werden sie überall mit offenen Armen empfangen, haben Mick Box & Co. Legenden-Status. Mit "Chaos & Colour" treten sie den Beweis an, dass eine Band mit über 50 Jahren Erfolgsgeschichte noch immer modern klingen kann. Kraftvoll und melodisch kommen sie daher, wofür allein der Opener "Save Me Tonight" steht, der nicht ohne guten Grund als erste Single ausgekoppelt wurde.
Textlich dreht sich alles um die Themen Liebe, Licht und positives Denken. Farbe steht symbolisch für die Musik, die in Zeiten einer Pandemie die Menschen zusammengehalten hat, ihnen geholfen hat, diese schwierige Zeit zu übersehen. »Der Albumtitel spiegelt wider, dass wir uns in chaotischen Zeiten befanden, in denen wir eingesperrt waren, Tourneen abgesagt wurden, Unternehmen zusammenbrachen und all das Chaos, das in die Welt gestürzt wurde«, erklärt Mick Box. Für Co-Autor und Bassist Davey Rimmer kommt der Titelsong »aus einem Ort der Frustration und Hilflosigkeit«. "One Nation, One Sun" ist eine balladeske Reise in die Welt der Philosophie und will zum Nachdenken anregen. "Fly Like An Eagle" nimmt den Hörer mit auf einen Trip der Meditation, während "Closer To Your Dreams" ein Schlachtruf an alle Rocker ist, rauszugehen.
Uriah Heeps neues Album überrascht zuweilen durch die Parallelen zu Deep Purple. Völlig überraschend ist dies nicht, denn beide Gruppen stammen aus England, hatten die gleiche Instrumentalbesetzung und waren Zeitgenossen. Uriah Heep standen dabei eher im Schatten von Deep Purple, haben aber dennoch eine gute Visitenkarte vorzuweisen. Eine gewisse Grundstruktur mit Gemeinsamkeiten auf beiden Seiten ist nicht zu überhören, dennoch kopieren Uriah Heep nicht den Stil ihrer Landsleute, schon allein durch ihr eigenes Markenzeichen, den melodischen Rock mit dem unüberhörbaren Satzgesang. Letztlich ist der erfrischende Sound nur ein Gradmesser für ein modernes Album. Produziert von Jay Ruston und bearbeitet von Pieter Rietkerk, ist "Chaos & Colour" ein Werk mit qualitativ hochwertigem Hard Rock von Pionieren des Genres, die weiterhin erstklassiges Material produzieren und die ihr Handwerk verstehen. Alte Fans werden neu inspiriert, während neue Fans "Chaos & Colour" als eine außergewöhnliche Entdeckung empfinden sollten.
»Jay war völlig einverstanden mit dem, was wir im Studio zu erreichen versuchten«, sagt Box. »Wir sind eine Band, die ein fantastisches Erbe hat, und um diese Tradition fortzuführen, war es von entscheidender Bedeutung, dass die Band im Studio zur gleichen Zeit komplett spielte. Jay hat das verstanden und das Beste aus uns als Band und aus den einzelnen Musikern herausgeholt, wobei er uns einige erstaunliche Sounds bescherte.«
Uriah Heep anno 2023 ist in jeder Hinsicht eine positive Überraschung. Die Band nur auf die eingangs erwähnten Lieder aus den 1970er Jahren wie "Lady In Black" zu reduzieren, wäre zu kurz gedacht. Nimmt man allein das kraftvolle "You’ll Never Be Alone", so lassen die Klangfragmente aus dem Universum der schwedischen Heavy Metal-Band Ghost aufhorchen. Insofern kann man "Chaos & Colour" einerseits als radiotauglich verstehen, es lohnt aber zugleich, ruhig genauer hinzuhören. Alles in allem: Daumen hoch für Uriah Heep.
Line-up Uriah Heep:
Mick Box (lead guitar, vocals)
Phil Lanzon (keyboards, vocals)
Bernie Shaw (lead vocals)
Dave Rimmer (bass, vocals)
Russell Gilbrook (drums, percussion)
Tracklist "Chaos & Colour":
- Save Me Tonight
- Silver Sunlight
- Hail the Sunrise
- Age of Changes
- Hurricane
- One Nation, One Sun
- Golden Light
- You’ll Never Be Alone
- Fly Like an Eagle
- Freedom to Be Free
- Closer to Your Dreams
Gesamtspielzeit: 59:26, Erscheinungsjahr: 2022



3 Kommentare
Matthias Lang
12. Februar 2023 um 19:27 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
tolles neues Album, kleiner Wermutstropfen – die Vinylausgabe hat leider nur 9 der 11 Tracks, das ist schade für Vinyl-Käufer- sonst ein Hammer Album, und wenn sich Heep nicht selbst zitieren dprfen, wer dann?
Stefan
15. Februar 2023 um 10:01 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Die Beschneidung von neuen Vinylalben empfinde ich auch sehr seltsam. Hab mir von Bywater Call die neue (sehr tolle) Scheibe "Remain" zugelegt. Nur 8 der 11 Songs sind auf der LP drauf. Zwar wird ein Download-Code mitgegeben, aber was hilft das unterm Strich? 51 Minuten Spielzeit für 11 Songs (im Fall von "Remain") sind ja nicht überbordend viel. Rechtfertigt meines Erachtens nicht gleich drei Songs zu streichen.
Hans-Jürgen Müller
9. Februar 2023 um 15:03 (UTC 1) Link zu diesem Kommentar
Es ist doch immer wieder schön, wenn man von den alten Herren der Jugend mit Neuem Material versorgt wird. Das Album ist frisch und hörenswert.
Uriah Heep leistet sich keinen Ausrutscher in bei den Alben der letzten 20 Jahre. Solide eingängige Rockmusik – aber auch klar als Heep erkennbar. Keiner kann wirklich aus seiner Haut und das ist auch gar nicht schlimm.
Ich hoffe mal, dass ich dieses Jahr Heep nochmal live erleben kann.
Wenn man überlegt dass mit Kerslake, Hensley, Lawton, und Bolder in den letzten paar Jahren doch einige maßgeblichen Protagonisten der Band gestorben sind, ist es doch schön wenn uns der typische Sound auch mit neuer Besetzung erhalten bleibt.
Heep war auch live in ihrer Setlist nie statisch. Die haben sogar im Zugabenteil Songs von der neuesten Platte gebracht.
Das traut sich sonst fast niemand.
Gruss Hans-Jürgen