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Geater Davis / Sweet Woman’s Love – LP-Review

Geater Davis - Sweet Woman's Love - LP-Review

Eigentlich hätte man mit Geater Davis auch eine umfangreiche Kolumne unter dem Titel "Wer war eigentlich…" starten können, war der in Kountze, Texas geborene Gitarrist und Sänger – trotz großartiger Aufnahmen – doch lediglich eine kleine Randnotiz in den Annalen des Musik-Business. Wobei sich 'kleine Randnotiz' hier ausschließlich auf die Quantität seiner Veröffentlichungen und seines Bekanntheitsgrades bezieht und beileibe nicht auf die Qualität seiner Musik. So konnte der Amerikaner in den Jahren von 1970 bis 1983 zwar zwanzig Singles auf den Markt bringen, schaffte es jedoch lediglich, seine Karriere mit lediglich zwei Alben zu untermauern. Ende der sechziger Jahre sah der Plattenproduzent Allen Orange den damals 27-jährigen Musiker live auf der Bühne und war so angetan, dass er ihn umgehend ins Aufnahme-Studio zerrte.

Das Ergebnis war mit "Sweet Woman’s Love" eine erste Single, die es sogar in die Top45 Billboard R&B-Charts brachte. Um diese Geschichte fortzusetzen und weitere Aufnahmen zu ermöglichen, gründete Orange sogar sein eigenes House Of Orange-Label. Zwei weitere Singles waren zwar lange nicht mehr so erfolgreich wie die erste, glücklicherweise wurde aber dennoch beschlossen, ein ganzes Album aufzunehmen. Der Afro-Amerikaner war im Soul und Blues zuhause und wurde Zeit seines Lebens sowie auch danach oft mit dem großartigen Bobby 'Blue' Bland verglichen, ohne jedoch jemals dessen Bekannheitsgrad zu erreichen. Und diese Vergleiche sind – wie sein erstes Album "Sweet Woman’s Love" zeigt – auch gar nicht weit hergeholt.

"My Love Is So Strong For You" beginnt die Scheibe mit einer astreinen Soul-Nummer und (leider namentlich nicht festgehaltenen) Bläsern im Midtempo-Bereich. Bereits hier ließ Geater seine gesanglichen Fähigkeiten, wenn auch noch mit etwas angezogener Bremse, aufblitzen. Das Herzstück der ersten Seite ist zweifellos das über achteinhalb Minuten lange, absolut großartige "For Your Precious Love". Hier ist Davis' Gesang tatsächlich so stark, dass er sich damit vor keinem großen Namen verstecken musste. Der Track steigert sich in seinem Verlauf an Intensivität und hinterlässt pure Begeisterung. Da auch das soulige "I Love You" sowie die Ballade "I Can Hold My Own" keinen Millimeter an Qualität nachlassen, kann man sich am Ende der ersten Seite erstmal nur verwundert die Augen bzw. Ohren reiben.

Wie bei "Cry, Cry, Cry" geht es in den meisten Stücken um die erfüllte, zumeist aber unerfüllte Liebe eines Mannes, der seine Gefühle gesanglich sehr emotional und mitreißend mitteilen kann. Die Bandbreite spannt sich dabei von zurückhaltend-traurigen bis hin zu manchmal euphorischen, oft jedoch auch seelengeplagten Ausbrüchen. Die Qualität eines Sängers macht ja oft aus, ob man ihm abnimmt, was er so von sich gibt. Und Glaubwürdigkeit in der Stimme besaß Geater Davis massenhaft. Überrascht durfte ich auch feststellen, dass der Blues-Klassiker "St. James Infirmary" (danach von Joe Cocker und vielen anderen gecovert) aus der Feder des Texaners stammt, wir es hier also mit der Original-Aufnahme zu tun haben. Und die kommt hammerstark, was durch den erdig-warmen Sound dieses 180g-Vinyls natürlich noch verstärkt wird.

Den Abschluss bildet dann der Titelsong, der gleichzeitig auch der erste von zwei kleineren Hits des Amerikaners war. Erneut eine grandios gesungene Soul-Ballade, die das Album perfekt beendet. Es ist geradezu eine Schande, dass solch ein großartiger Sänger nie den so sehr verdienten Erfolg einfahren konnte. 1973 folgte mit "Your Heart Is So Cold" noch ein kleinerer Erfolg (Platz 64 in den Billboard R&B Charts), ansonsten musste sich der Mann seinen Unterhalt mit pausenlosen Tourneen verdienen.

Gegen Ende der siebziger Jahre wechselte Davis das Genre und veröffentlichte eine Reihe von Singles mit Disco Music, die schließlich zu seinem zweiten Album "Better Days" (1983) führten. Seither sind einige Compilations erschienen, die Aufnahmen aus seiner gesamten Schaffenszeit beinhalten. Vernon 'Geater' Davis starb am 29. September 1984 im Alter von nur 42 Jahren (andere Quellen sprechen von 38 Jahren) an den Folgen eines Herzinfarkts.


Line-up Geater Davis:

Geater Davis (guitars, vocals)
Joe I. Marchese (organ)
Mike McCaroll (drums)
Gill Colaianni (bass)

Tracklist "Sweet Woman’s Love":

Side 1:

  1. My Love Is So Strong For You
  2. For Your Precious Love
  3. I Love You
  4. I Can Hold My Own

Side 2:

  1. Cry, Cry, Cry
  2. Don’t Marry A Fool
  3. St. James Infirmary
  4. Wrapped Up In You
  5. Sweet Woman’s Love

Gesamtspielzeit: 18:41 (Side 1), 19:03 (Side 2), Erscheinungsjahr: 2017 (1971)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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