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Glasshammer / At The Gate – CD-Review

Glasshammer / At The Gate

Seit 1992 existiert die US-amerikanische Band Glasshammer aus Tennessee, gegründet von Steve Babb und Fred Schendel. Ja, und Beide sind noch dabei auf der aktuellen Produktion "At The Gate"! Übrigens soll das bereits das einundzwanzigste Studioalbum sein. Nur in den Begleitmusikern gab es mittlerweile recht viele Wechsel, im Wesentlichen wohl in Verbindung mit der Leadsängerin. Und die derzeitige Dame an der Sangesfront, Hannah Pryor, gefällt mir zum Beispiel besser als Susie Bogdanowicz, die einst auch für Glasshammer sang. So bemerkte ich hierzu selbst einmal, dass mir ihre Stimme oft recht dünn klang und ich mir etwas mehr Druck und vordergründige Präsenz wünschte.

Na, und das klappt dann mit Hannah Pryor ja auch recht gut, wie ich meine. Meiner Meinung nach verwirklicht sie innerhalb der neun Nummern des Albums ihre stimmliche Präsenz zwischen zartem und warmen Ausdruck und kraft- und druckvollem Auftritt. Mit einem wirklich sehr harmonischen und melodischen Song voller Tiefe, ein irgendwie schon klassischer Prog Rock-Song startet diese dritte Platte der Skallagrim-Trilogie. Hannah’s Stimme fügt sich geschmeidig ein in diese üppige und emotional ausdrucksstarke Stimmung, anfänglich von einem Orgelklang ausgefüllt, der gut in einer großen Kathedrale hätte aufgenommen werden können. Diese Klangwucht zieht sofort in den Bann des grundsätzlich auch eher Keyboard-lastigen Songs. Herrlich, wie sich die Melodie spielerisch durchschlängelt und von allen Beteiligten gleichermaßen getragen wird.

"Savage" ist ein ruhig schleppender Song, baut gleichwohl jedoch mehr Energie auf, spätestens nach gut eineinhalb Minuten, wenn ein kraftvoller Ausdruck vorgelegt wird, fast schon ein wenig in Richtung Metal. Ganz anders schallt mir "North Of North" entgegen, ein Instrumental, das stark Keyboardlastig ist und gar Assoziationen zu Bands wie Tangerine Dream entstehen lässt, dazwischen gibt es dann zum Orgelsolo à la Emerson, Lake & Palmer eine fette Breitseite Gitarrenwand, aber nur ein kleines Zwischenspiel…

Ganz heavy und schleppend erreicht mich "All Alone", ganz frühe Black Sabbath kommen mir anfänglich in den Sinn, später kommen flottere Passagen, vielleicht in Richtung von Bands wie King’s X. Ja, das ist halt stark sinfonisch und mitunter verspielt wirkender Prog Rock klassischer Prägung inklusive einiger anderer Zutaten, zusammengefügt zu einer interessanten und unterhaltsamen Mischung. Sehr abwechslungsreiche Songs wie zum Beispiel das mit vielen Facetten glänzende "Snowblind Girl" sind Eckpfeiler dieser Unterhaltung.

Letztlich mag diese Mixtur sicher unterschiedliche Freunde finden, höre ich "Standing At The Gate (Of Zagzagel)", fallen mir zum Beispiel Yes ein, recht vertrackt und mit verschiedenen Stilen arbeitend, so dass es fast in jeder Komposition Passagen gibt, die gedanklich zu einigen Acts des Prog und Art Rocks der Vergangenheit leiten. Ganz sanft, mit Piano-Einleitung, startet "In The Shadows", und der Song bleibt auch ganz locker, schwebt mitunter dezent swingend, bis es nahtlos in den letzten Titel übergeht, "It’s Love", mit knapp dreizehneinhalb Minuten das längste Stück. Zeit, die Gelegenheit gibt, sich zu öffnen, zunächst die Piano-Einleitung, dann der wuchtige Einsatz der Orgel, und ich fühle mich erneut wie in einer Kathedrale.

Somit endet die Platte mit einer Stimmung, wie sie sich auch im einleitenden "The Years Roll By" wiederfindet, und das sind letztlich meine beiden Lieblings-Tracks, weil sie eine geschmeidige Verbindung darstellen, die emotional stark belegt ist. Begleitet wird diese exzellente Album von einem sechzehn Seiten starken Booklet, mit Erläuterungen zum Inhalt der Songs sowie allen Texten. Mithin erzeugt das Ganze einen wohligen Gesamteindruck, und es ist eine Platte, die zum Pflichtprogramm für Prog-Freunde gehören sollte.


Line-up Glasshammer:

Hannah Pryor (lead vocals)
Steve Babb (bass guitar, keyboards, guitar, lead and backing vocals)
Fred Schendel (keyboards, guitars, backing vocals)
Aaron Raulston (drums)
John Beagley (vocals – #1,9)
Jon Davison (vocals – #7)
Reese Boyd (lead guitar – #4,6)

Tracklist "At The Gate":

  1. The Years Roll By
  2. Savage
  3. North Of North
  4. All Alone
  5. All For Love
  6. Snowblind Girl
  7. Standing At The Gate (Of Zagzagel)
  8. In The Shadows
  9. It’s Love

Gesamtspielzeit: 61:26, Erscheinungsjahr: 2022

Über den Autor

Wolfgang Giese

Hauptgenres: Jazz, Blues, Country
Über mich: Althippie, vom Zahn der Zeit geprägt, offen für ALLE Musikstile
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Mail: wolfgang(at)rocktimes.de

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