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Grobschnitt / Solar Music Live – DLP-Review

Grobschnitt - "Solar Music Live" - LP-Review

Im Jahr 1977 hatte die Hagener Band Grobschnitt mit ihrem aktuellen Album Rockpommel’s Land nicht nur künstlerisch, sondern endlich auch kommerziell einen großen Erfolg erzielt. Logischerweise schloss sich auch dieser Platte wieder eine Deutschland-Tour an und neben den neuen Tracks wurde bei jedem Gig selbstverständlich der Titel gespielt, der schon sehr früh – und bis zum heutigen Tag – das Aushängeschild, das Identifikations-Stück der Westfalen war. "Solar Music" erreichte während dieser Tour – je nach Tagesform und Laune der Musiker – eine Spielzeit von nahezu einer Stunde und nahm somit die komplette zweite Hälfte der Show ein. Da als nächstes ein Live-Album geplant war, stand der Name dafür auch bereits sehr bald fest: "Solar Music Live". Ein mobiles Aufnahmestudio wurde zwar nicht organisiert, dafür brachte der Schlagzeuger Eroc eine kleine, aber professionelle 8-Spur-Machine mit und kümmerte sich vor jedem Konzert selbst um die Technik und möglichst optimale Aufnahmebedingungen. Bei der Nachbearbeitung überspielte Eroc die Aufnahmen zunächst von der 8- auf eine 16-Spur Maschine, um anschließend mit der Abmischung und dem Zusammenschneiden der Stücke zu beginnen.

Das 1978 veröffentlichte Album reihte sich dann nahtlos in die erfolgreichsten Werke der Band ein und wird bis zum heutigen Tage von Fans und Kritikern als Kult-Scheibe verehrt. Die Aufnahmen der Original-Veröffentlichung stammen von dem Konzert am 07. April 1978 in Mülheim an der Ruhr und da Grobschnitt neben ihrer Musik immer auch eine dazugehörige Show (mit viel Humor und Kostümen) am Start hatte, bekommt man auf dieser Platte auch ein kleines bisschen davon mit. Der Fokus liegt jedoch eindeutig auf den Songs. "Solar Music" wurde namentlich in drei Parts aufgeteilt und von anders genannten Tracks (die aber alle zum großen Ganzen "Solar Music" gehören) umrandet. Werden bereits auf der ersten Seite der Original-Scheibe keine Gefangenen gemacht (vor allem die Parts "Solar Music II" und "Mülheim Special" sind großartig), so setzt die zweite sogar noch einen drauf und liefert die Vollbedienung in Sachen powervollem, von starken Melodien getragenem Rock, den damals wohl keine andere Band in dieser Form drauf hatte. Nach wie vor sehr stark!

Auf der weißen Bonus-Vinylscheibe sind dann nochmal zehn Nummern festgehalten, die am 13. April 1977 – also ca. ein Jahr früher – im Winterhuder Fährhaus in Hamburg auf die Bretter gelegt wurden. Auch hier besticht die Band wieder durch ideenreiche Improvisationen und eine beeindruckende Bühnen-Präsenz. Der Sound scheint hier nicht ganz so 'voll' zu sein, ist aber nach wie vor sehr gut. Ansonsten fuhr die Band auch an diesem Abend ihr ganzes Können auf, was "Solar Fährhaus" (wieder in drei Parts unterteilt, wobei wie auf dem ersten Vinyl eigentlich alle vorhandenen Teile ein einziger Song, bestehend aus mehreren Parts, sind) oder auch "Eroc’s Fährhaus", "Wonderful Mist" sowie "Lupo’s Theme" zu Abräumern auf ganzer Linie macht. Und welche Version von "Solar Music" ist nun die beste? Eine Frage, die schlicht und ergreifend nicht allgemein zu beantworten ist. Seine persönliche Lieblings-Fassung darf sich nämlich jeder selbst aussuchen, zumindest aus denen, die bisher veröffentlicht wurden. Denn irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass der gute Eroc da noch gefühlte 327 Stück (alleine auf der Frühjahrs-Tour 1978 wurde die Nummer über zwanzig Mal aufgenommen) im Ärmel hat.

"Solar Music Live" gehört zusammen mit "Rockpommel’s Land" (und eigentlich auch Jumbo) zum kreativen und künstlerischen Höhepunkt der Band und kommt heute noch genauso zeitlos gut rüber, wie vor vierzig Jahren bei ihrem ersten Erscheinen. Der Sound der 180g-Vinyl-Scheiben ist erneut superb, die Aufmachung inklusive Inlays (in LP-Größe) mit weiteren Informationen, alten Zeitungsausschnitten sowie Fotos wieder wie gewohnt erstklassig und obendrauf ist auch hier ein Download-Code dabei. Allererste Sahne!

Den Musikern war damals schon sehr bewusst, dass sich eine Band immer bewegen, sich immer weiter entwickeln muss und sah "Solar Music Live" offensichtlich als Abschluss der bisherigen Phase ihres Wirkens. Denn bereits mit dem nächsten Studioalbum "Merry-Go-Round" (das wir euch in Kürze vorstellen werden), änderte sich der Sound und die Ausrichtung der Band doch erheblich. Aber das ist wie gesagt eine andere Geschichte, die bereits sehr bald bei uns in RockTimes nachgelesen werden kann.


Line-up Grobschnitt:

Eroc (drums, electronic effects)
Lupo (lead guitars)
Mist (keyboards)
Popo (bass)
Wildschwein (rhythm guitars, vocals)

Tracklist "Solar Music Live":

Side 1:

  1. Solar Music I
  2. Food Sicore
  3. Solar Music II
  4. Mülheim Special
  5. Otto Pankrock I

Side 2:

  1. Otto Pankrock II
  2. Golden Mist
  3. Solar Music III

Side 3:

  1. Solar Fährhaus I
  2. Lupo’s Theme
  3. Solar Fährhaus II
  4. Fährhaus Special
  5. Solar Guitar Battle I

Side 4:

  1. Solar Guitar Battle II
  2. Eroc’s Fährhaus
  3. Wonderful Mist
  4. Solar Fährhaus III
  5. Solar Melody

Gesamtspielzeit: 23:05 (Side 1), 27:17 (Side 2), 28:29 (Side 3), 27:46 (Side 4), Erscheinungsjahr: 2017 (1978)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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