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Iman Spaargaren – Ich mag unterschiedliche Arten von Musik – Interview

Iman Spaargaren, der Vielbeschäftigte.
Es ist beeindruckend, in welcher großen Zahl von Projekten der niederländische Saxofonist, Klarinettist und Komponist Iman Spaargaren tätig ist.
Anfang 2021 erschien Sly Fly, ein Modern Jazz-Album seiner Formation EyeMan All-Stars.
Neben vielen anderen Bands spielt Iman Spaargaren auch in der Gruppe StarkLinnemann.

RockTimes: Hallo Iman. Vielen Dank, dass du dir für dieses E-Mail-Interview Zeit genommen hast.
"Sly Fly" ist das erste Album einer relativ neuen Formation, die sich EyeMan All-Stars nennt. Wie kam es zu dem Bandnamen?

Iman: Der Bandname ist in einer etwas scherzhaften Weise von meinem Vornamen Iman abgeleitet. Ich dachte daran, einen richtig starken Namen zu kreieren.
Mein Plattenlabel heißt Eyeman Records meine Firma heißt Eyeman Music. In den Siebzigerjahren gab es eine Zeit, in der große Plattenlabel in den Staaten, wie zum Beispiel Fania für Latin Jazz, ihre eigene All Star-Gruppe (Fania All Stars) zusammenstellten. Darin befanden sich ihre eigenen, großartigen Künstler.

RockTimes: Im EyeMan All-Stars-Line-up sind neben dir drei Musiker. Gab es vorher schon gemeinsame Aktivitäten mit Tastenmann Dirk Balthaus, Henrik Müller (Kontrabass) sowie Schlagzeuger Efraim Schulz-Wackerbarth. Auf welche Weise habt ihr zueinander gefunden?

Iman: Wir alle leben in Amsterdam und kennen uns aus der Musik-Szene dieser Stadt.
Plus: Jeder studierte am Konservatorium von Amsterdam. Dirk und Efraim arbeiteten gemeinsam mit der niederländischen Sängerin Sietske Roscam Abbing in ihrer famosen Jazz-Gruppe Sietske & Band. Ab und an spielte ich einige Gigs mit Dirk.
Henrik ist ein Bassist, der in unterschiedlichen Bands in und um Amsterdam herum spielt.

RockTimes: Auf der Bandcamp Website stehen für "Sly Fly" zwei Release-Termine. Mai 2020 und Dezember 2020 liegen doch ein Stück auseinander. Hat sich die offizielle Veröffentlichung verzögert?

Iman Spaargaren Foto: © Ranjani Nirosha

Iman Spaargaren Foto: © Ranjani Nirosha

Iman: Ich muss diese Daten aktualisieren.
Die Sache ist die: Im November 2019 haben wir das Album "Sly Fly" aufgenommen. Dann kam Corona und veränderte jedermanns Leben. Ich wusste nicht, was ich mit dem neuen Album anfangen sollte, weil sich die Welt um mich herum so sehr veränderte. Konzerte wurden abgesagt und Leute waren damit beschäftigt, auf sich und ihre Familien aufzupassen. Wer könnte also auf ein neues Album einer Band warten, die man nicht live sehen kann?
Aber später – mehr als acht Monate waren vergangen – dachte ich, dass diese Musik immer noch gut ist. Sie hat schöne, positive Vibes. Vielleicht mögen Leute in diesen Zeiten etwas Positives. Also entschied ich mich dazu, das Album zu veröffentlichen.
Bis zu diesem Zeitpunkt erhielt die Platte in den niederländischen Medien schöne Reviews und die Reaktionen der Fans waren auch positiv. Leider habe ich weiterhin keine Konzerte geplant …

RockTimes: Grundsätzlich setzt Musik ohne Worte beim Hörer die Fantasie in Gang. Wenn es Texte gibt, liegt es fast immer nahe, welchen Namen eine Nummer bekommt. Bei Instrumentals ist es wohl anders. Okay, bei "Dreamstate" kann man sich schon vorstellen, wie die Musik vielleicht sein wird. Aber bei "Circonflex" ist es schon schwieriger. Wie kreiert ihr die Songtitel?

Iman: Es ist ein bisschen wie ein Witz.
Das Stück hat einen funky Groove mit einem eingängigen Thema. Als ich das Lied komponierte, erinnerte es mich an die niederländische Gruppe New Cool Collective. Ein Zirkumflex ist ein typisches Zeichen in der französischen Sprache, wie zum Beispiel in hôtel. Ich mag die französische Sprache. Ein Zirkumflex gibt einem Wort etwas Besonderes, ein wenig Vornehmes. Folglich ist der Song "Circonflex" eine ein bisschen vornehme Nummer, gespielt von ziemlich selbstsicheren Leuten.

RockTimes: Iman Spaargaren, der Vielbeschäftigte. Du bist in ungemein vielen Bands/Projekten tätig. Erzähle uns doch bitte etwas über Pelican Three, My Father Had A Gun oder We Are The Everlasting Guests.

Iman: Ja, ich mag unterschiedliche Arten von Musik.
Ich suche nach verschiedenen Umgebungen, um vielfältige Musik zu kreieren. Pelican Three ist eine Formation mit einer Gitarre und zwei Bläsern: Dieses Format einer Gruppe hatte ich zuvor noch nie. Kein Schlagzeug, keinen Bass. Jedes Bandmitglied muss in der Lage sein, alle Parts zu spielen … Melodie, Harmonie, Rhythmus. Vielleicht veröffentlichen wir in naher Zukunft ein Album!
My Father Held A Gun ist eine Musik-Theater-Produktion, bestehend aus zwei Erzählern sowie meinem Lieblings-Gitarristen Guillermo Celano (Undercurrent Trio). Die zwei Erzähler schildern Geschichten, die in Bezug zu deren unterschiedlichen kulturellen Hintergründen stehen: Eine Person kommt aus Israel, die anderen aus dem Iran. Maßgebliche Erfahrungen ihrer Väter haben starke Einflüsse auf sie selbst. Sie versuchen, sich mit Erwartungen, komplizierten Identitäten und Zeiten des Krieges sowie Frieden auseinander zu setzen.

RockTimes: Wann hast du realisiert, dass du eine besonders künstlerisch-kreative Ader hast?

Iman: Wow, das ist eine schwierige Frage.
Als ich noch jung war, habe ich mich für die Musik interessiert. Mit sieben, acht Jahren begann ich, Klarinette zu spielen. Aber erst als ich so um die sechsundzwanzig Jahre alt war, wurde die Musik mein vorrangiges Lebensziel!
Meine Kreativität fokussierte sich auf die Musik, aber mein Interesse für andere Kunstformen ist ziemlich weit gefächert: Malerei, Musik, Theater und Literatur. Alles gibt mir kreative Inspiration.

Iman Spaargaren Foto: © Ranjani Nirosha

Iman Spaargaren Foto: © Ranjani Nirosha

RockTimes: Hörst du auch Musik jenseits des Jazz/Modern Jazz?

Iman: Während meines Lebens habe ich mir viele unterschiedliche Musik angehört. Es begann mit Michael Jackson, Robert Cray, Tina Turner und The Doors, Velvet Underground, Urban Dance Squad, A Tribe Called Quest und Whitney Houston. Später hat mich der Funk gepackt und ich hörte George Clinton, Bootsy Collins und Sly & The Family Stone. Auf der World Music-Seite waren es Baaba Maal, Youssou N’Dour und alle möglichen kubanischen Bands. Dann richtete sich meine Aufmerksamkeit auf die Klassik. Ich begann damit, eine weite Facette von klassischen und modernen klassischen Komponisten wie Chopin, Ravel, Stravinsky und andere zu hören.

RockTimes: Eine Standardfrage bei Musikern: Welche Künstlerinnen/Künstler haben dich beeinflusst und wie beschreibst du deinen eigenen Stil?

Iman: Nur um einige wenige Einflüsse zu nennen: John Coltrane, Joe Henderson, Wayne Shorter, Sonny Rollins, Eddie Harris, Dexter Gordon, Stan Getz, Thelonious Monk.
Wenn ich meinen persönlichen Stil beschreiben müsste, ist es eine Mischung aus Modern Jazz, Blues, Funk mit einem Fokus auf Melodie sowie der Tendenz, nach dem Unerwarteten zu schauen.

RockTimes: Deinen Saxofon- und Klarinetten-Sound hören wir auf so vielen Alben unterschiedlicher Bands. Spielst du vielleicht noch andere Instrumente?

Iman: Klarinette spiele ich seit ich ungefähr acht Jahre alt war.
Später kam das Tenorsaxofon dazu. Seit meinen Jahren am Konservatorium spiele ich auch Sopransaxofon, Querflöte und Bassklarinette.

RockTimes: Stelle dir vor, du bekommst von einer Band, die nichts mit Jazz zu tun hat, das Angebot auf einem Album als Gast mitzuwirken. Bei welchen Musik-Stilen würdest du zustimmen?

Iman: Haha, schöne Frage!
Ich würde sagen, dass ich nach allen Seiten offen bin. Allerdings läuft es darauf hinaus, welche Freiheiten mir die Musik gibt. Ich bin nicht scharf auf bestimmte Standards und feststehende Parts. Ich bin ein Improvisateur!

RockTimes: Natürlich haben deine verschiedenen Bands/Projekte unterschiedliche musikalische Schwerpunkte. Welche Gruppe ist die radikalste?

Iman: Die einzige Band, die vielleicht keine Top-Charthits hervor bringt ist das Undercurrent Trio.
Deren Musik reicht von cineastischer Musik über Avantgarde bis hin zu Modern Jazz und Groove. Aber alles mit Wendungen und nichts Einfaches.

Iman Spaargaren Foto: © Ranjani Nirosha

Iman Spaargaren Foto: © Ranjani Nirosha

RockTimes: Außer "Witch Hunt" wurden auf "Sly Fly" alle Songs von dir geschrieben. Vor einer langen Zeit hatte ich Saxofonunterricht und musste feststellen, dass das Improvisieren eine der schwersten Übungen ist. Lass uns bitte an einigen Geheimnissen der Improvisation teilhaben.

Iman: Die wohl wichtigsten Dinge sind, verstanden zu haben, dass es schwere Arbeit ist, Jazz und Improvisation zu spielen!
Da gibt es keine Abkürzungen und das Improvisieren zu lernen hängt von deinem Hören, deiner Technik und deiner Ausdauer ab. Ein guter Weg, um die wesentlichen Jazz-Elemente aufzugreifen, ist buchstäblich mit den Meistern zu spielen. Spiele mit ihnen zu deiner Lieblingsplatte und versuche sie nachzuahmen.

RockTimes: Gibt es Songs, die in Videos umgesetzt wurden? Also zum Beispiel zum Titelsong "Sly Fly"?

Iman: Zum momentanen Zeitpunkt habe ich so etwas nicht in Planung. Corona und die Finanzierung eines solchen Projektes macht es alles ein wenig kompliziert. Obwohl, es ist ein schöner Plan!

RockTimes: Wenn du nicht Musiker geworden wärst, was wäre dann dein Beruf? Oder hast du ja vielleicht einen weiteren Beruf erlernt?

Iman: Bevor ich auf dem Konservatorium von Amsterdam begann, Jazz-Saxofon zu lernen, studierte ich an der Universität Utrecht Soziologie. Vielleicht wäre ich ein Forscher geworden oder ich würde für eine Organisation auf dem Gebiet der Integration von ethnischen Minderheiten in den Niederlanden arbeiten.

 

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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