«

»

Interstellar Overdrive – Konzertbericht 05.09.2020 Wiesbaden, Schlachthof

'Bienvenue trotz Pandemie' – unter diesem Motto veranstaltet der Schlachthof Wiesbaden seit Beginn September wieder Konzerte – mit Abstand und gemäß den Auflagen des Bundeslandes Hessen. 250 Personen sind erlaubt  – trotz Reduzierung auf 50 Ende August, dürfen die Betreiber aufgrund eines guten Hygiene-Konzeptes bei der vorher gültigen höheren Besucherzahl bleiben.

Neugierig und natürlich auch um den Schlachthof unterstützen, habe ich geschaut, wer dort spielt. Die Wahl für das erste Konzerte seit 05.03.2020 fiel auf eine lokale Band, nämlich Interstellar Overdrive. Normalerweise sind Cover- bzw. Tribute-Bands nicht so unser Fall. Aber da es Pink Floyd nicht mehr gibt und wenn die einzelnen Mitglieder auftreten, dies ziemlich teuer ist (und auch nicht ganz original), und es in Wiesbaden eine Tribute-Band gibt, war die Entscheidung, diese zu unterstützen und das Konzept ausprobieren, schnell getroffen.

Interstellar Overdrive - Schlachthof Wiesbaden 05.09.2020

Interstellar Overdrive – Schlachthof Wiesbaden 05.09.2020

Tickets mussten vorher im Netz bestellt und ähnlich wie im Kino, genau die Plätze ausgewählt werden, auf die die Tickets mit Platznummer und Name personalisiert wurden. Es gab sechs Sitzblöcke, wovon die äußeren zwei Stühle pro Reihe hatten und die anderen jeweils sechs. Zwischen ausgewählten Plätzen wurde am Ende immer zwei Stühle (die übrigens sehr bequem sind) freigelassen. Wir nahmen Block C, vierte Reihe (weit genug vorne, um gut zu sehen).  Ein Lob an den Schlachthof für die professionelle Umsetzung und an das – wie immer – freundliche Personal.

Interstellar Overdrive - Schlachthof Wiesbaden 05.09.2020

Interstellar Overdrive – Schlachthof Wiesbaden 05.09.2020

Um 20 Uhr ging es los mit "Interstellar Overdrive" (wer hätte das gedacht …). Es folgten weitere Stücke von der "The Piper At The Gates Of Dawn", zu meiner Freude "Lucifer Sam" und später noch "Astronomy Domine". Zunächst wurden hauptsächlich alte Songs gespielt, dann kam ein kleiner Zeitsprung zu "The Wall" mit "Another Brick In The Wall" (Part 1 und 2) und "Hey You".
Nach einer Stunde gab es erst einmal eine Pause. Für uns als Metaller ungewohnt, ebenso wie die Tatsache, dass es keinerlei Vorbands gab.
Danach ging es weiter mit "Shine On You Crazy Diamond". Später folgte noch das Titellied der 1975-er Scheibe Wish You Were Here. Dabei (und in einigen anderen Fällen) wurde auf Samples zur Einleitung / Untermalung gesetzt. Auch der 1973er Klassiker "Dark Side Of The Moon" wurde natürlich bedacht. Bei "Money" und "Us And Them" wechselte Markus zum Saxofon.

Interstellar Overdrive - Schlachthof Wiesbaden 05.09.2020

Interstellar Overdrive – Schlachthof Wiesbaden 05.09.2020

Überhaupt war es schon faszinierend, wie häufig die Instrumente getauscht wurden, z. B. Elektrische Gitarren, Akustische Gitarren, Keyboard. Maximal vier Saitenkünstler waren zu sehen, zwei davon und der links sitzende Keyboarder teilten sich den Gesang. Zwei Schlagzeuger saßen im Hintergrund, wechselten sich am Drumkit bzw. Percussion ab. Interstellar Overdrive bestehen aus sieben Musikern. Macht Sinn, bei Pink Floyd war es auf der Bühne auch immer recht voll … da gab es zusätzlich noch Background-Sängerinnen, was hier völlig fehlte.
Somit waren die Cover nicht ganz originalgetreu, teilweise wurden eigene Akzente gesetzt, Passagen leicht verändert / interpretiert, natürlich nicht zu sehr. Aber etwas Spielraum war schon, auch für Solomomente, insbesondere von Pofter und Tobi.

Klar, Tribute-Band hat immer den Beigeschmack von ’nachspielen' statt eigenem Songwriting, aber wenn dies gut gespielt und umgesetzt ist, kann das durchaus Spaß machen und mitreißen. Was hier der Fall war. Manchmal war es schon schwer, sitzen zu bleiben. Eine Frau tanzte zeitweilig direkt vor der Bühne – mit Mund-Nasen-Schutz natürlich. Am Ende des zweiten Showblocks, der länger war als der erste, gab es Standing Ovations und Zugaben wurden gefordert.
Diese wurden gewährt in Form von "Time", "Comfortably Numb" und "Run Like Hell". Ich hatte mich schon gewundert, dass diese 'Hits' nicht vorher kamen – das war die Erklärung. Denn irgendwie 'müssen' diese Stücke schon sein (die ersten zwei gehören auch zu meinen Favoriten von Pink Floyd).

Interstellar Overdrive - Schlachthof Wiesbaden 05.09.2020

Interstellar Overdrive – Schlachthof Wiesbaden 05.09.2020

Lobenswerterweise setzen die Wiesbadener dennoch nicht nur auf die bekanntesten Songs, sondern spielten auch selten Gehörtes wie "Summer ’68". Auch "Echoes" und "Sheep" gehören ebenso wie "Interstellar Overdrive" nicht zu den im Radio 'totgedudelten' Nummern, bzw. zu dem was David Gilmour oder Roger Waters bei ihren Shows bringen, letzterer spielt allerdings "Dogs", das hier bedacht wurde. Die anderen Stücke sind dann eher bei Nick Mason in der Setlist zu erwarten.
Auch optisch war es eher diese Richtung, kein Cyclorama, keine gigantischen Showelemente (nun, dafür war der Eintrittspreis nur ein Bruchteil von dem was für Gigantisches bezahlt werden muss), sondern eher eine Untermalung, die die Musik stimmungsvoll ergänzte. Schön umgesetzt, farbenfroh und mit psychedelischen Mustern. Also eher an die Anfänge angelehnt, was zu dem Bandnamen passt, der sich auf einen Song des Debüts der Floyds bezieht.

Interstellar Overdrive - Schlachthof Wiesbaden 05.09.2020

Interstellar Overdrive – Schlachthof Wiesbaden 05.09.2020

Insgesamt wurden die Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern übertroffen. Die Spielzeit von knapp drei Stunden ist lobenswert, Spielfreude war vorhanden, trotz geringer Zahl an Anwesenden, aber für die wurde alles gegeben. Mag sein, dass es daran lag, dass dies das Zusatzkonzert war und viele interessierte Zuschaue bereits beim Auftritt am Tag vorher anwesend waren. Oder dass die Menschen noch vorsichtig sind mit Konzerten oder keine Lust auf Pandemie-Regelungen haben, von den 250 möglichen Plätzen waren vielleicht 150 besetzt. Etwas schade und ich hoffe, es war kein Verlust oder zumindest nicht zu sehr.
Für Interstellar Overdrive war es der dritte Auftritt in diesem Jahr, der erste lag wohl schon Monate zurück, vor dem Lockdown, und sie waren sichtlich froh, spielen zu dürfen.
Umgekehrt war es für das Publikum schön, wieder ein Konzert erleben zu dürfen und die gute Stimmung zu spüren. Wünschen wir, dass der begonnene Weg weiter begehbar ist und alle gesund bleiben und Musik zukünftig häufiger live erleben dürfen.


Line-up Interstellar Overdrive:

Pofter (voc,git, synth, gong)
Rainer Weimar (bass, git, synth, fx)
Tobi Untucht (voc, piano, org, synth)
Matze Brück (voc, git,bass)
Markus Thurn (sax, akk, git, fx)
Ingo Deul (drums, perc)
Frederik Ehmke (drums, perc, voc)

Setlist Interstellar Overdrive:

1. Interstellar Overdrive

2. Lucifer Sam

3. Summer ’68

4. Astronomy Dominé

5. Dogs

6. Another Brick In The Wall I

7. The Happiest Days Of Our Lives

8. Another Brick In The Wall II

9. Hey You

10. Sheep

—-Pause —-

11. Shine On You Crazy Diamond

12. One Of Theses Days

13. Fat Old Sun

14. Money

15. Us And Them

16. Wish You Were Here

17. Echoes

—- Zugaben:

18. Time

19. Comfortably Numb

20. Run Like Hell

 


 

Über den Autor

Andrea Groh

Hauptgenres: Doom/Death/Black Metal, auch Post/Progressive/Pagan Metal u.a.
Über mich
Meine Seite im Archiv
News
Konzertberichte als Team mit Jens
Mail: andrea(at)rocktimes.de

3 Kommentare

  1. Mario Keim

    Die Worte von Peter gehen zu Herzen. Sie berühren mich. Sie beschreiben den kulturellen Entzug aus Sicht vieler Menschen in der Pandemie, die Schwierigkeiten um dieses Phänomen (Stichwort: Risikopatient). In dem Bericht steckt für mich aber auch Hoffnung: Ja, es gibt sie wieder, die ersten Konzerte! Musikfan Peter begegnet Andrea mit viel Respekt und bedankt sich herzlich bei ihr. Ihre Zeilen drücken aus, was aktuell möglich ist. Das tut gut. Danke Andrea und Danke Dir, Peter, und alles Gute für Dich und Deine Frau.
    LG Mario

  2. Peter

    Sehr schön geschriebener Bericht. Aufgrund deiner Schilderung lief in dem Kopf von mir und meiner Frau ein tolles Kopfkino ab. Als langjähriger Merchandiser von Interstellar Overdrive habe ich schon viele Konzerte der Jungs erlebt. Leider konnte ich mit meiner Frau als Risikopatienten nicht selbst anwesend sein, aber dein Bericht, zusammen mit meinem Kopfkino, haben mir einige Minuten an schönen Momenten beschert. Vielen Dank dafür.

    1. Andrea Groh

      Hallo Peter,
      Kopfkino auslösen – das ist das schönste Kompliment, das ich für einen Konzertbericht bekommen kann. Genau so sollte es sein.
      Vielen Dank, das freut mich wirklich.
      Schade, dass ihr nicht hingehen konntet / derzeit könnt – hoffen wir darauf, dass es irgendwann einmal wieder andere Zeiten gibt.
      Ich fand es auf jeden Fall schön, dass überhaupt wieder Konzerte stattfinden – wenn auch mit Einschränkungen – und es war wirklich ein klasse Abend.
      LG
      Andrea

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>