Kickbit Information / Bitkicks – The Graue Recordings – LP-Review

Eine Zeitreise ist angesagt, wenn es um die Gruppe Kickbit Information geht.
So titelt man im Informationsblatt:
"Bitkicks – The Graue Recordings" sind die »[…] einzigen erhaltenen Aufnahmen der "Supergroup" um Carsten Bohn (ex-Frumpy und Uli Trepte (ex-Guru Guru) von 1975 auf Vinyl! […]«
Daraus geht weiterhin hervor, dass Carsten Bohn nach der Auflösung von Frumpy das kurzlebige Projekt Dennis gründete.
Mit dabei war der Saxofonist Willi Pape, der sich bei der Band Thirsty Moon einbrachte.

Die beiden Musiker »[…] lebten zu der Zeit in einem alten Schulhaus im niedersächsischen Graue, wo es Platz in Hülle und Fülle gab. Uli Trepte zog im Sommer 1974 ebenfalls im Schulhaus ein und brachte aus Berlin den Geiger Otto Richter mit. […]«
Über Carsten Bohns Bemühungen kam auch der Tastenmann Fritz Hegi nach Graue.
»[…] Kickbit Information war geboren! […]«

Zur Vinyl-Ausgabe sollte man wissen:
»[…] Die vorliegenden Tonaufnahmen stammen vom Mitschnitt einer Probe in Graue und wurden mit nur einem Mikro und einem Tonbandgerät aufgenommen. […]«
Auf der Cover-Rückseite liest man unter anderem folgende Zeilen:
»[…] We […] apologize for the rough quality in some places. Mastering for vinyl by Marlon Klein at Exil Studios, Berlin. […]«
Produziert hat Tom Redecker (The Perc).

Der Tonarm senkt sich und schon sind wir mittendrin im Geschehen.
Es braucht nicht lange, und man wird feststellen, dass "Psychedelic Review" nichts für zartbesaitete Musik-Anhänger ist.
Man muss ein verdammt aufgeschlossenes Gemüt haben, um die Jam der gesamten ersten LP-Seite zu überstehen. Der fast dreiundzwanzigminütige Track wird, wenn man so will, durch die Rhythmus-Kombination aus Schlagzeuger Carsten Bohn sowie Tiefton-Spezialist Uli Trepte zusammengehalten.
Engagiert, wild, furios, extrovertiert, aber immer kommunikativ, jammt Kickbit Information, was das musikalische Zeug hält. Dieses Zeug ist strapazierfähig und extrem dehnbar. Dieser Track ist – bis auf wenige Phasen der Einkehr – nicht unbedingt der Stoff aus dem Träume sind. Vielleicht eher Alpträume.
Kickbit Information kann aus seinem psychedelischen Orbit auch durch die Wolkendecke stoßen und sanftere Töne anstoßen. Zunächst bekommt am den Eindruck, als würde jeder Musiker frei Schnauze spielen. Allerdings wird der Hörer bei einem weiteren Durchgang davon überzeugt, dass die Künstler aufeinander eingehen, sich gegenseitig inspirieren (lassen). Aus der vermeidlichen Unordnung wird Ordnung.
Kickbit Information ist anders und befindet sich am äußeren Rand des improvisierten Krautrocks beziehungsweise Psychedelic Rock.

Darf man von der "Hacksack Serenade" eine beruhigendere Jam erwarten?
Immer noch psychedelisch angehaucht, findet das Quintett den Weg in so etwas wie eine durchaus auch hypnotische Ruhezone. Bei diesem Lied stehen Violinist Otto Richter sowie E-Piano-Mann Fritz Hegi im Vordergrund. Klasse!

Mal ebenso im Vorbeigehen kommt man um "Schnellbedienung" nicht herum.
Ach wie schön, wenn der Bass herrlich melodisch pumpt und sich die Violine in den luftleeren Raum schraubt.
Kaum zu glauben, man rechnet gar nicht damit, dass es die Combo tatsächlich sanft-zurückhaltend kann. Kickbit Information gleitet in die Fusion, in dem sich Freiräume für zum Beispiel Fritz Hegi auftun. Super!

Schade!
Die drei Jams auf "Bitkicks – The Graue Recordings" sind die »[…] einzigen erhaltenen Aufnahmen […]« von Kickbit Information.
Vielleicht begibt man sich auf die Suche und findet noch erhaltenswerte Musik.
Der geneigte Musik-Fan muss sich die drei Nummern schon erobern.
Ist der Funke einmal beim Hörer angekommen, tun sich herrliche Fantasiewelten auf.
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für gute Musik.

Line-up Kickbit Information:

Carsten Bohn (drums, percussion)
Uli Trepte (bass)
Willi Pape (woodwinds)
Fritz Hegi (e-piano)
Otto Richter (violin)

Tracklist "Bitkicks – The Graue Recordings":

Gesamtspielzeit: 22:44 (Side One), 22:32 (Side Two), Erscheinungsjahr: 2021 (1998)