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Los Lobos / Native Sons – CD-Review

Los Lobos / Native Sons

Beglückende Wurzelbehandlung mit feinster Stoffauswahl

Die Wölfe sind in Ehren ergraut und statt heiser zu heulen, wird dem Schmelz gefrönt. Sind die Wölfe damit tatsächlich handzahm geworden?

Es ist mittlerweile annähernd 50 Jahre her, dass sich ein kleines Rudel mit mexikanischen Wurzeln in East-Los Angeles zu einer Band formierte, welche ihren weltweiten Durchbruch erst 1987 mit dem Titeltrack zum Überraschungs-Kinohit "La Bamba" feiern konnte. Es folgten zwei absolute Kritikerlieblinge ("Neighborhood" 1990 und "Kito" 1992), wobei letzteres zu ihrem größten kommerziellen Erfolg avancierte. Wie keine zweite Band verstanden es Los Lobos den Schmelztiegel des Molochs Los Angeles in ein musikalischen Kleid zu wanden, in welchem so feine Garne wie Rock’n’Roll, Tex-Mex, Country, Zydeco, Folk, Rhythm and Blues, Blues und Soul unnachahmlich ineinander verwoben wurden.

Los Lobos blieben im Weiteren zwar am Ball, ohne sich groß um irgendwelche Moden zu scheren, gerieten aber sukzessive aus dem Fokus der Allgemeinheit. Eine Ausnahme bildete hier Eric Clapton, der David Hidalgo seit der ersten Ausgabe seiner Crossroads-Benefit-Reihe auf dem Schirm hatte.

Zuletzt hatten die Wölfe gar keinen Plattenvertrag mehr, blieben aber zumindest als Live-Combo im Geschäft. Just als sich doch wieder ein Deal anbahnte, grätschte Halunke Corona dazwischen, wobei es L.A. ziemlich heftig erwischte. Um den Deal doch noch zu retten, ersannen die Wölfe kurzerhand ein Cover-Album-Konzept, spielten zwölf Vorlagen ein, welche als Blaupause aller Einflüsse dieser Band und ihrer Heimat betrachtet werden dürfen – ergänzt um einen Originalsong – und sind nun via 'New-West Records' am Start, jenes Label, bei welchem auch John Hiatt veröffentlicht, der bei Neighborhood als Gast mit von der Partie war.

Nun sind Cover-Alben ja immer so eine Sache … aber die gereiften Wölfe liefern hier allerfeinsten Stoff für die Popularmusik-geschädigten Innenohr-Härchen. Mit traumwandlerischer Sicherheit macht sich das Quintett die weitgehend eher unbekannten Vorlagen zu eigen und lässt zu keiner Sekunde den Verdacht aufkommen, hier lediglich einer gutklassigen Cover-Combo zu lauschen. Insofern ist das Fazit einer nicht ganz kleinen Printpostille ('Good Times': " (…) genau passend zu einem lauen Sommerabend – oder einer amerikanischen Kneipe oder Bar mit Los Lobos als sehr guter Coverband") schlicht Unfug!

Die mit Abstand bekanntesten Vorlagen dürften "Jamaica Say You Will" (Jackson Brown) und das Medley "Bluebird/For What It’s Worth" (Stephen Stills) sein, prominent mit selten gehörtem Liedgut sind die Beach Boys "Sail On, Sailor", WAR "The World Is A Ghetto" und Percy Mayfield "Never No More" vertreten, wobei nach Meinung des Rezensenten in erster Linie die Latin-Wurzeln den Wölfen die Zähne verpassen, hier in Form der famosen Latin-Rock Rumba "Los Chucos Suaves".

Fazit: Der Zahnschmelz steht den Wölfen hervorragend, die ohne jeden Mundgeruch eine vollkommen schmerzfreie Wurzelbehandlung musikalischer Einflüsse vornehmen und sich dabei auch noch höchst vorteilhaft kleiden – ein Kleinod mit gar nicht handzahmer Songauswahl!


Line-up Los Lobos:

David Hidalgo (vocals, guitars)
Louie Pérez, Jr. (vocals, guitars)
Cesar Rosas (vocals, guitars, bass, hammond b3 organ)
Conrad Lozano (vocals, bass)
Steve Berlin (saxes, midisax, keyboards)

Additional Musicians:
David Hidalgo, Jr. (drums)
Jason Lozano (drums)
Camilo Quinones (percussion)
Phil Parlapiano (keyboards)
Dannie Ramirez (trombone)
Aaron Ballesteros (drums)
Little Willie G. (vocals)
Jacob G. (backing vocals)
Barrence Whitfield (backing vocals)
Enrique "Bugs" Gonzalez (backing vocals)

Tracklist "Native Sons":

  1. Love Special Delivery (2:23)
  2. Misery (2:34)
  3. Bluebird / For What It’s Worth (6:39)
  4. Los Chucos Suaves (3:25)
  5. Jamaica Say You Will (3:16)
  6. Never No More (2:37)
  7. Native Son (3:11)
  8. Farmer John (2:30)
  9. Dichoso (3:36)
  10. Sail On Sailor (3:21)
  11. The World Is A Ghetto (8:33)
  12. Flat Top Joint (2:51)
  13. Where Lovers Go (4:32)

Gesamtspielzeit: 49:27, Erscheinungsjahr: 2021

Über den Autor

Olaf 'Olli' Oetken

Beiträge im Archiv
Hauptgenres (Hard Rock, Southern Rock, Country Rock, AOR, Progressive Rock)

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