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Octavision / Coexist – CD-Review

Octavision / Coexist – CD-Review

Heute gibt es mal ein weiteres multinationales Projekt in der Vorstellung, dessen Output, "Coexist", unlängst auf den Markt kam. Octavision, so der Name des Projekts, gerne auch Supergroup genannt, ist das Kind Hovak Alaverdyans, eines aus Armenien stammenden Musikers, der sich mittlerweile seine Heimat in L.A. gesucht hat. Vor rund fünf Jahren startete er dieses Projekt und konnte neben einigen Landsleuten, die u. a. die Sounds traditioneller armenischer Instrumente beisteuerten, auch namhafte Künstler wie Billy Sheehan (u. a. Mr. Big, Winery Dogs, Sons Of Apollo) am Bass oder Jeff Scott Soto als Sänger gewinnen. Letzterer hat auf so vielen Produktion mitgesungen, dass es nahezu unmöglich erscheint, ihn irgendwie hervorzuheben. Exemplarisch seien hier mal Malmsteen, Axel Rudi Pell oder auch sein Gastspiel bei Journey genannt. Für das vorliegende Album schrieb er auch die Texte zu den beiden nicht-instrumentalen Songs, "Coexist" und "Apocalytus".

Hört und liest man die Namen einiger der Beteiligten sowie deren Instrumente, man irgendwie an eine Folk-Combo denken, aber weit gefehlt, wir haben es mit waschechten Prog Metal-Tönen zu tun. Alaverdyans Antrieb ist das Verbinden traditioneller Elemente (aus seiner Heimat) mit Metal-Inhalten. Er selber bedient die E-Gitarre, was er wirklich phänomenal kann, und zeichnet für die Kompositionen aller sieben Stücke verantwortlich. Sieben Nummern auf etwas mehr als fünfzig Minuten, da geht kaum etwas unter sechs Minuten und einige gehen sogar an die Zehn-Minuten-Grenze – Prog halt.

Bei der Länge der meist instrumentalen Tracks könnte man vorschnell vermuten, dass wir es mit einer weiteren ellenlangen Verstrickung in aneinander gereihten Elementen zu tun haben. Jedoch muss zugestanden werden, dass die Kompositionen durchweg stimmig und auch kurzweilig sind. Speziell bei Sotos Gesang in "Coexist" kommt noch der notwendige Spritzer Effet hinzu. Die Bass-Parts knallen hammerhart, so wie man es von Sheehan gewöhnt ist. Dieser teilt sich den Job mit Victor Wooten, dessen Name ja ohnehin für Qualität bürgt, wurde er doch für sein Können bereits mehrfach mit dem Grammy ausgezeichnet, ist wiederholter Bassist des Jahres, und, und, und …

"Proctagon" ist eine der extrem coolen Instrumental-Nummern, hebt sich durch in das schwere Riffing spritzig eingeflochtene Key-Parts hervor, weist clevere Rhythmus- und Tempi-Wechsel auf und wird unablässig von Roman Lomtadzes Drumming nach vorne getrieben. Nicht, dass die anderen Stücke lahme Enten sind, aber "Proctagon" hat subjektiv das letzte Quäntchen Esprit vorzuweisen, dass man für einen Anspieltipp braucht.

"Apocalyptus" ist mit rund zehn Minuten die längste Nummer auf "Coexist" und wandelt zwischen düsteren, etwas moderater im Tempo gehaltenen Parts, Synthie-Anteilen, die ein wenig an Fusion erinnern, hart knüppelnden Drums und mächtigen Gitarrenläufen, die sich ins schier Unermessliche an Dramatik zu steigern scheinen. Dazwischen immer wieder Sotos Gesangsparts – ja, natürlich klingt er wie bei den Sons Of Apollo, aber das ist nun mal er. Ein weiteres cooles Stück, das dem Rezensenten besonders wegen der erwähnten Dramatik gefällt.

Neben allen folkloristischen Ansätzen bleibt "Coexist" am Ende dennoch ein astreines Prog Metal-Album, das man mit einem einmaligen Hören nicht abtun darf. Dem an manchen Stellen augen- bzw. ohrenscheinlichen Wirrwarr sollte der geneigte Hörer mit ein wenig Offenheit begegnen, um die Klasse der Kompositionen sowie die Umsetzung der Instrumentierung genießen zu können. Fusion-Elemente in Kombination mit der Blul, einer armenischen Flöte, kann man bei "Three Lives" sehr schön raushören und wohlwollend erkennen, dass der folkloristische Anteil rein songdienlich und nicht als bestimmendes Stilelement eingesetzt wurde.

Es wäre schade, wenn dem Album nicht der verdiente Respekt auf breiterer Ebene gezollt würde. Das ist schon richtig klasse gemacht und wer dem Prog Metal zugetan ist, der darf hier nicht sang- und klanglos vorübergehen.


Line-up Octavision:

Jeff Scott Soto (vocals)
Hovak Alaverdyan (guitars)
Victor Wooten (bass – #3,5,7)
Billy Sheehan (bass – #1,2,4,6)
Murzo (keyboards)
Roman Lomtadze (drums)
Avo Margaryan (blul – #1,5,7)
Steve Weingart (keyboards – #5)
Anahit Artushyan (kanun – #5)
Artyom Manukyan (cello – #6)

Tracklist "Coexist":

  1. Mindwar
  2. Coexist
  3. Proctagon
  4. Apocalyptus
  5. hree Lives
  6. Stormbringer
  7. So It Begins

Gesamtspielzeit: 53:57, Erscheinungsjahr: 2021

Über den Autor

Jochen von Arnim

Beiträge im Archiv
Genres: Blues, Rock, Heavy Metal

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