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Ritchie Blackmore’s Rainbow – Konzertbericht, 12.06.2019, Olympiahalle München

Olympiahalle München

Rein optisch ist bis zum Hardrocker locker noch Luft nach oben. In seinem Outfit mit Hemdchen, Leggins und hohen Stiefeln bekennt sich Ritchie Blackmore eher zu seiner großen Gegenwartsliebe, der Musik der Mittelalters. Blackmore’s Night heißt sein Projekt, das er 1997 gemeinsam mit Ehefrau und Sängerin Candice Night (bürgerlich Candice Lauren Isralow) ins Leben rief.

Doch um Äußerlichkeiten geht es an diesem Abend in der Olympiahalle München nicht. Die Fans in der nicht ganz ausverkauften Spielstätte wollen beim einzigen Deutschlandkonzert von Ritchie Blackmore’s Rainbow in diesem Jahr vielmehr wissen, was der 74-Jährige heute noch drauf hat, um die Klassiker von Rainbow und Deep Purple zu spielen. Hier enttäuscht die Hard Rock-Legende nicht. Ganz im Gegenteil: Es macht Spaß, ihm zuzusehen. Musikalisch spielt er immer noch in der oberen Liga der Gitarristen mit. In den Spielpausen sucht er einige Male den Kontakt zum Publikum, küsst am Ende der Show den Fußboden der Bühne in der Olympiahalle. Das ist schon mehr als in der Vergangenheit, wo Blackmore eher für seine Zurückhaltung bekannt war, bedingt durch so manche Spannung zu einigen seiner Musikerkollegen.

Ritchie Blackmore

Ritchie Blackmore

'Rock Memories 2019' lautet das Motto des Abends. Blackmore steht zwar eindeutig im Mittelpunkt des Interesses, er spielt sich aber zu keiner Zeit in den Vordergrund, sucht zumeist die Nähe zu Schlagzeuger David Keith. Er ist Bestandteil einer gut funktionierenden Band, die zumindest auf dem Papier seit 2015 in der gleichen Besetzung zusammen spielt. Liveauftritte halten sich dagegen in Grenzen, gleichwohl hat der Gitarrist mit Blackmore’s Night gefühlte Vollbeschäftigung.

Den Ton in München gibt im wahrsten Sinne des Wortes Sänger Ronnie Romero an. Der agile Chilene lässt mit seiner Stimme den genialen Ronnie James Dio (1942 – 2010)  nicht vergessen; vielmehr erinnert der 37-Jährige dank seiner Stimmfarbe an den unvergessenen Interpreten und ist mit seiner Frische und dem guten Draht zu den Fans die ideale Besetzung am Mikrofon.

»Hat das jetzt jemand aufgenommen?«, ruft er in die Menge, nachdem er bei dem Deep Purple-Hit "Black Night" festgestellt hat, dass da gerade etwas Phantastisches interpretiert wurde. Die Musiker besinnen sich mit voller Konzentration auf die Klassiker, ohne sie jeweils 100-prozentig im Original zu spielen. Warum auch? Es gibt auch keine ausschweifenden Soli. Blackmore selbst beschränkt sich auf den jeweiligen Part in den einzelnen Stücken. Das macht den Reiz des Konzertes aus, das mit einer Spieldauer von 110 Minuten eine passable Länge hat, dramaturgisch allerdings mit einem leichten Wermutstropfen auskommen muss. So ist "Smoke On The Water" der einzige Nachschlag nach dem offiziellen  Programmblock. So schnell die Akteure  nach den »Zugabe«-Rufen wieder an ihren Plätzen erscheinen, so schnell ertönt anschließend die Abmarschmusik. Für mich ist das ein kleiner Beigeschmack, der aber den positiven Gesamteindruck in keiner Weise trüben kann. Die Legende Blackmore hat insgesamt überzeugt.

Ronnie Romero

Ronnie Romero

Dabei sorgt allein "Smoke On The Water" für  Gänsehaut, als Romero und Blackmore allein in das Lied einstimmen und der Refrain zu Beginn vom Publikum übernommen wird, ehe im Anschluss Keyboard und die Rhythmus-Gruppe einsetzen.

Ein weiterer emotionaler Höhepunkt ist "Carry On … Jon." Es ist ein Instrumentalstück, das der Gitarrist für Blackmore’s Night geschrieben hat, zu Ehren seines Musikerkollegen Jon Lord (1941 – 2012). Dabei sind im Hintergrund während der gesamten Spieldauer an der Leinwand Fotos des Gründungsmitglieds von Deep Purple zu sehen. Zusammen spielten beide dort eine längere Zeit gemeinsam.

Es ist mehr als nur Routine, die Blackmore aufblitzen lässt. Da darf man schon von einer gesunden Portion Herzblut, gepaart mit erstklassigem Handwerk, sprechen.
Auch wenn es viele Fans vergangener Tage gibt, die mit Blackmore’s Night herzlich wenig anfangen können, so ist dennoch angebracht, dem Gitarristen zu danken und höchsten Respekt für dessen Lebensleistung zu zollen.

Gefühlt dürfte es bei Rainbow alles in allem ein geordneter Rückzug auf Raten sein. Blackmore wird im nächsten Jahr 75, die Band covert sich mangels neuer Stücke praktisch selbst und die Euphorie der Fans hält sich angesichts dessen, was den Verkauf der Eintrittskarten bei nur einem einzigen Konzert in Deutschland anbetrifft, in Grenzen.
Wer allerdings dabei war, darf von sich behaupten, eine gut aufgelegte Legende erlebt zu haben.
Ritchie Blackmore’s Rainbow ist anno 2019 eben auch ein Stück Nostalgietrip, wenngleich ein sehr unterhaltsamer. Man kann es eine Reise in die Vergangenheit nennen.

Nachzutragen wäre, dass die deutsche Band Tokyo als Vorband agierte. Wer die beiden Frauen als Backgroundsängerinnen waren, lässt sich nicht genau ermitteln. Ehefrau Candice Night dürfte aber eine der beiden Schönen gewesen sein.

Mein besonderer Dank geht an Jörn Seidel von JESS! PR für die Fotoakkreditierung.


Line-up Ritchie Blackmore’s Rainbow:

Ritchie Blackmore (guitar)
Ronnie Romero (vocals)
Jens Johansson (keyboard)
David Keith (drums)
Bob Nouvean (bass)

Selist Ritchie Blackmore’s Rainbow:

  1. Land Of Hope And Glory
  2. Over The Rainbow
  3. Spotlight Kid
  4. I Surrender
  5. Mistreated
  6. Since You Been Gone
  7. Man On The Silver Mountain
  8. Perfect Strangers
  9. Black Night
  10. Difficult To Cure
  11. All Night Long
  12. Stargazer
  13. Long Live Rock’n' Roll
  14. Carry On … Jon
  15. Burn
  16. Smoke On The Water

 

Hard Rock-Legende Ritchie Blackmore

Hard Rock-Legende Ritchie Blackmore

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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