«

»

Simon Robinson & Stephen Clare / Deep Purple In Rock – Der lange Weg zu einem Meisterwerk – Buch-Review

"Deep Purple In Rock - Der lange Weg zu einem Meisterwerk" von Simon Robinson & Stephen Clare - Buch-Review

Vielleicht ist vielen Musik-Fans heute gar nicht mehr so bewusst, dass die seit mittlerweile Jahrzehnten legendäre Band Deep Purple in den ersten beiden Jahren Ihres Bestehens eher schlecht als recht überlebte, ihre Geldgeber im Hintergrund bereits ziemlich unruhig wurden und sich so langsam auch der Frust bei den Musikern einnistete. Und das trotz einem frühen Überraschungs-Hit in Form von "Hush", der vor allem in den USA etwas reißen konnte, zuhause in England jedoch ein Mauerblümchen blieb. Auch die ersten drei Alben brachten das Quintett nicht weiter und schließlich fällten die Kollegen Ritchie Blackmore, Jon Lord und Ian Paice 1969 die Entscheidung, dass sowohl der Bassist Nick Simper, als auch der Sänger und Frontmann Rod Evans gehen mussten. Nach dem Besuch eines Konzerts von Episode Six wurde zunächst bei deren Sänger Ian Gillan angefragt, ob er nicht mal zur Probe vorbeikommen wolle. Als dieser an Ort und Stelle merkte, dass offenbar kein Bassist zugegen war, brachte er seinen Band-Kollegen Roger Glover ins Gespräch, der dann für die nächste Probe gleich miteingeladen wurde. Sie wussten es zwar nicht, aber beide waren erst mal drei Monate auf Probezeit, während die noch völlig ahnungslosen Evans und Simper weiterhin Konzerte mit Purple spielten.

Mit diesen Fakten beginnen Simon Robinson und Stephen Clare ihr Buch "Deep Purple In Rock – Der lange Weg zu einem Meisterwerk", wobei die sogenannte 'Mark I'-Besetzung doch recht schnell mit nur wenigen Seiten abgehandelt wird. Der Titel des Buches erregte umgehend das Interesse des Rezensenten. Und zwar in der Hoffnung, es hier nicht mit einer weiteren Biografie, sondern vielmehr mit der ganz frühen Geschichte der Band bis zu Ihrer Meilenstein- und Durchbruch-Platte zu tun zu haben. Eine Hoffnung, die sich beim Genuss dieser Lektüre durchaus bestätigt hat. Denn wenn ich eben schrieb, dass das 'Mark I'-Line-up in diesem quadratischen 168 Seiten starken Buch sehr schnell hinter sich gelassen wird, so gehen die Autoren ab den ersten Proben und der ersten Single "Hallelujah" b/w "April, Part I" (deren A-Seite in zwei Sessions am 7. und 12. Juni 1969 aufgenommen wurde) sehr akribisch und mit vielen Einzel- wie auch Kleinigkeiten auf die Reise durch die nächsten zwölf Monate. Diese erwähnte erste Single der 'Mark II'-Besetzung floppte zwar auf ganzer Linie (lediglich in Österreich sprang Rang 16 in den Charts raus), aber Purple waren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sowieso bereits in ganz anderen Sphären unterwegs.

Die ersten beiden Tracks, die für die neue Scheibe entstanden, waren "Speed King" (das lange Zeit den Namen "Kneel And Pray" – an anderen Stellen wird es im Buch auch "Kneel And Prey" geschrieben – trug, bevor es umbenannt wurde) sowie "Child In Time". Da das Geld sehr knapp war, lagen zwischen den langen Jams in verschiedenen Proberäumen und – noch entscheidender – den begonnenen Aufnahmen zur neuen Scheibe immer wieder Konzerte und kleine Tourneen (sowie selbstverständlich die Aufnahmen zum Album "Concerto For Group And Orchestra"), um wenigstens den heimischen Kühlschrank voll zu bekommen und sich auch mal ein Pint zu viel im Lieblings-Pub gönnen zu können. Aufgrund der vielen Unterbrechungen musste immer wieder auf andere, gerade freie Aufnahmestudios zurück gegriffen werden. Letzten Endes stammen die Aufnahmen aus den IBC Studios, den De Lane Lea Studios sowie den für den Track "Bloodsucker" gebuchten Abbey Road Studios. Selbstverständlich werden in dem Buch auch die Album-Outtakes "Cry Free" sowie "Jam Stew" genau unter die Lupe genommen. Beide Tracks wurden im Zuge der CD-Ausgabe zum 25. Geburtstag des Albums addiert und ebenso wie Studiogespräche unter den Musikern, als Bonus Tracks beigefügt.

Selbst wer bis hierher gelesen hat, hat gerade mal mal einen kleinen Bruchteil der gesammelten Informations-Flut dieses Buches bekommen. Sehr cool auch, dass sehr genau auf die einzelnen Gigs und die jeweiligen Setlists in der Zeit von Mitte 1969 bis Anfang 1971 eingegangen wird. Von "In Rock" schafften es in dieser Zeit überraschenderweise lediglich "Speed King" und "Child In Time" regelmäßig auf die Bühne, eine Zeit lang wurde auch "Into The Fire" häufiger gespielt. Das war’s, wenn man mal von der Plattenfirma geforderten eingängigen, aber erst nach Abschluss der Album-Aufnahmen eingespielten Single "Black Night" absieht. Vielmehr zockte die Band in diesen Monaten immer noch oft den ersten Hit "Hush", dazu eine eigene Version der Rolling Stones-Nummer "Paint It Black" sowie die bis zu dreißig Minuten dauernden Purple-Stücke "Wring That Neck" und "Mandrake Root".

Wer eine Gesamt-Biografie über die Band sucht, ist bei "Deep Purple In Rock – Der lange Weg zu einem Meisterwerk" fehl am Platz, wahre Deep Purple– oder Musik-Fans im Allgemeinen, die sich tiefer in das Leben und Schaffen der Combo reinbeißen wollen, werden hier jedoch fürstlich belohnt. Und gegen Ende werden nicht nur sämtliche von der Band gespielten Konzerte (inklusive der geplanten, aber aus diversen Gründen nicht zustande gekommenen) im Zeitraum vom 10. Juli 1969 bis 2. Januar 1971 (ebenso inklusive der Termine im Aufnahmestudio) aufgelistet, sondern auch die Diskografie des Albums mit all seinen unterschiedlichen Erscheinungformen in unterschiedlichen Ländern. Den Abschluss bilden dann die immer wieder variierenden und leicht abgewandelten Cover und obendrein gibt es massenhaft Fotomaterial aus dem thematisierten Zeitraum. Ein Fest für Fans, die alles ein bisschen genauer wissen bzw. deutlich tiefer in die Entstehungs-Geschichte des Albums eintauchen wollen.


Herausgeber: Hannibal Verlag
Sprache: Deutsch
Taschenbuch: 168 Seiten
ISBN-10: 3854456565
ISBN-13: 978-3854456568
Originaltitel: Deep Purple
Abmessungen: 21.2 x 1.3 x 21.3 cm
Preis: 25,00 Euro

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
Meine Beiträge im RockTimes-Archiv
News
Meine Konzerberichte im Team mit Sabine
Mail: markus(at)rocktimes.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>