«

»

David Mitchell / Utopia Avenue – Buch-Review

David Mitchell - "Utopia Avenue" - Buch-Review

Der Autor dieses Buches, David Mitchell, ist ein in Irland lebender Engländer, der in seinem Leben auch bereits viele Jahre auf Sizilien sowie Japan verbracht hat. Für seine schriftstellerischen Arbeiten konnte er bereits so einige Preise einfahren und sein Bestseller "Der Wolkenatlas" wurde verfilmt. Geboren wurde er im Jahr 1969 und erstaunlicherweise spielt sein aktuelles Buch sogar vor dieser Zeit.

"Utopia Avenue" ist ein Rock’n’Roll-Roman, der zum größten Teil in London spielt. Zugegebenermaßen beginnt er ein bisschen klischeehaft mit dem Bassisten Dean, der gerade aus seiner Band geflogen ist. Vor wenigen Minuten erst war er auf der Bank um die Moneten abzuholen, die für die letzte Rate seines Basses sowie die Miete für eine weitere Woche in einem kleinen Zimmer gedacht waren. Seine letzten paar Pfund, bis er in sieben Tagen wieder für seinen Job als Kellner in einem Pub bezahlt wird. Um es kurz zu machen: Er wird von Trickbetrügern um sein Geld gebracht, kann deshalb seine Miete nicht zahlen und wird von seiner herzlosen Wirtin auf die Straße gesetzt. Abends nach Feierabend im Pub fragt er seinen Chef nach einem Vorschuss und aus einem anfänglichen Streitgespräch ergibt sich dann ganz schnell Deans Rauswurf. Also keine Kohle mehr, keine Wohnung mehr, keinen Job mehr und … ach ja, eine Band hat er ebenfalls nicht mehr. Ganz zu schweigen von anwesenden Bekannten, die ihm für die Nacht zumindest ein Dach über dem Kopf bieten könnten. Volltreffer!

Aus mehreren Randbemerkungen, etwa welcher Song gerade im Radio läuft, weiß der chronologisch einigermaßen bewanderte Leser, dass er sich mit dieser Geschichte im Jahr 1966 befinden muss. Und wie die Story sich dann weiter entwickelt ähnelt zwar auch ein bisschen einem Klischee, dafür aber einem, das sich in jenem Jahrzehnt (und wahrscheinlich auch im nächsten) nicht gerade selten genau so zugetragen hat. Und auch ohne hier bereits zu viel vorweg nehmen zu wollen, kommt es zur Gründung einer neuen Band, die sich nach gewisser Zeit Utopia Avenue tauft. Bei den Mitgliedern handelt es sich um den wenn nicht genialen, dann doch aus einer Vielzahl anderer herausstechenden Gitarristen Jasper de Zoet, die eigentlich vom Folk kommende Pianistin Elf Holloway, den punktgenauen Drummer mit hartem Bumms und ebenso viel Feeling für Jazz, 'Griff' Griffin sowie eben jenen, bereits anfänglich erwähnten Bassisten Dean Moss.

Außer dem Drummer sind alle weiteren Musiker sowohl Komponisten, als auch Sänger, was der Vielfalt ihrer Songs nicht schadet. Ein erster Plattenvertrag wird an Land gezogen und los geht die Reise … genauso cool und oft spannend wie die Bandgeschichte erzählt der Autor David Mitchell jedoch auch die Hintergründe der einzelnen Musiker, was sie bzw. Ihren Charakter geprägt hat, die entscheidenden Szenen ihres bisherigen Lebens und die Konsequenzen, die sie für sich daraus gezogen haben. Manche, eigentlich gute, Stilmittel übertreibt der Schriftsteller zwar durch etwas zu häufige Anwendung, was aber hier nur als Randnote erwähnt werden sollte, da dieser Punkt den Leser lediglich perifär stört. Ansonsten geht die Reise mit vollem Karacho durch die Sixties, ihrer Umbruchstimmung, den neuen Ideen, Drogen, ersten Studioerfahrungen, erste Achtungserfolge, immer wieder mal Treffen mit großen Namen (unter anderem David Bowie, Jerry Garcia, Leonard Cohen, Janis Joplin etc.), erneut Drogen, der erste Ruhm, Affären, Vaterschaftsklagen, Skandalen sowie die erste US-Tour weiter.

Der Leser ist zwar über den gesamten Zeitraum nicht gefesselt wie bei einem … sagen wir mal … Stephen King-Roman, aber die Geschichte ist dennoch sehr schön, empathisch und auch ziemlich authentisch erzählt. Sie endet abrupt, was ein bisschen schade ist, da – zumindest der Rezensent – gerne noch weitergelesen und erfahren hätte, was noch alles so für diese imaginäre Band möglich gewesen wäre. Schade, aber dennoch: "Utopia Avenue" ist ein echter Lesespaß und durchaus empfehlenswert, speziell wenn man die Bands und Koryphäen der damaligen Zeit mag. Und nein, es gab weder die Band Utopie Avenue, noch die in diesem Buch beschriebenen Alben, während derer Entstehung man beim Lesen teilweise ganz nah dabei sein darf. Ich sag’s nur nochmal, denn seit Erscheinen dieser Lektüre gab es scheinbar bereits sowohl beim Verlag, als auch beim Autor selbst massenhaft Anfragen, wie bzw. wo man die Platten der Band denn erwerben könne … Ein Punkt, der – sollte es sich nicht um eine Fake News handeln – eindeutig für dieses Buch spricht.

Sicher ist, dass es großen Spaß macht, "Utopia Avenue" zu lesen, was unter anderem auch der guten Übersetzung von Volker Oldenburg sowie einem sehr ordentlichen Lektorat mit kaum vorhandenen Rechschreibfehlern zu verdanken ist.


Medium: Buch
Verlag: Rowohlt Verlag, 2022
Hardcover, 748 Seiten
Sprache: Deutsch
Original-Titel: Utopia Avenue
Keine Fotos
ISBN-10: 3498002279
ISBN-13: 978-3498002275
Preis: 26,00 EUR

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
Meine Beiträge im RockTimes-Archiv
News
Meine Konzerberichte im Team mit Sabine
Mail: markus(at)rocktimes.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>