2003 veröffentlichte die Electric Family ihr drittes Studioalbum Ice Ceam Phoenix, zu dem ich u. a. schrieb »… so daß ich das Album nur wärmstens empfehlen kann«. "Rolling Stone"-Chefredakteur David Fricke muss auch schwer begeistert gewesen sein, denn er schrieb die Liner Notes.
Dann meldete sich das Filmfest Schwerin mit der Frage, ob die Electric Family nicht Lust hätte, bei einer Doppelveranstaltung mitzuwirken.
Die Band sollte nach der Vorführung von Michelangelo Antonionis "Zabriskie Point" das neue Album live vorstellen. Die Zuschauer des Films hatten mit Sicherheit die richtige musikalische Vorglühung, denn im Drama gab es u. a. Grateful Dead, die Stones, Patti Page (!) oder Pink Floyd. Interessant ist, dass im Film "Come In Number 51, Your Time Is Up" von Pink Floyd gespielt wurde. Das ist nichts anderes als "Careful With That Axe, Eugene", allerdings für den Film neu eingespielt. Und genau dieser Track ist auch auf "Ice Cream Phoenix" der Eletcric Family, stand aber an diesem 9. Mai im Schweriner Speicher nicht auf der Setliste
Die Electric Family ist ja bekannt dafür, stets mit einer großen Schar an Gastmusikern aufzutreten und so war das komplette "Ice Cream Phoenix"-Werk sowieso schwer adäquat zu präsentieren, da die Stammband quasi die kleine Besetzung war.. Alleine Toms Duette u. a. mit Ulla Meinecke …
So meinte Tom: »Wir haben stattdessen ein paar "Gassenhauer" aus dem Oeuvre von mir und The Perc Meets The Hidden Gentleman präsentiert.«
Und in der Tat gab der Fundus des Meisters einiges her und stilistisch war das außerdem sehr gut geeignet, um die Musik aus Redeckers Kosmos denjenigen näher zu bringen bzw. vorzustellen, für die das Neuland war. Perfekt gewählt war meiner Meinung nach der Opener "Sirius". Sphärig und spacig (Nomen est Omen) war das Instrumental hervorragend geeignet, die Filmkucker des Dramas abzuholen und in Konzertbesucher zu verwandeln. "I Love The Lighthouse" war prädestiniert, um die markante Stimme des Hauptprotagonisten vorzustellen und gleichzeitig einen ersten Einblick in die Psychedelic der Familie zu geben.
Aus diesem psychedelischen Traum holte der "Dragon Song" die Hörer aber schnell wieder heraus. Aber nur um mit "The Last Phase Of The Moon" und besonders "Landmark Visions" wieder in Traumwelten zu reisen. Letztgenannter Track ist einer meine Favoriten der Band. Logisch, dass es live kein Froschgequake und Gewittergrollen gab, aber ansonsten transportiert das Stück genau die Stimmung, wie damals im Review zum Studioalbum beschrieben; selbst wenn dieses natürlich perfekt austariert wurde – auch klanglich. Vorliegendes Livealbum ist roh und ungeschliffen, wie das live eben so ist. Die "Electric Kindergarten"-Reihe ist ja bekanntlich auch eine, die die Bänder »sanft überarbeitet aber nicht digital erstellt«. Zudem wurder vorliegender Liveauftritt »mit wenig Aufwand mitgeschnitten«. Das passt!
Das hypnotisch rhythmische "Smalltown" leitet hin zu einem weiteren 'meiner' Familytracks: das psychedelische Monster "Airchild". Mindestens ebenbürtig folgen "This Moon Of Both Sides" mit einem packenden Gitarrenspiel sowie das mitnehmende "Bricks Of Time" mit diesem Duett aus Tasten und Fellen. Ein starkes Stück. Wie auch "Bronx Vanilla", eine Nummer zu der ich einmal schrieb: »… eine Hammernummer und in meiner ewigen 'Gern-hör-Liste' auf immer dabei«.
Es muss für die Dabeigewesenen ein toller Abend gewesen sein, im Schweriner Speicher – erst "Zabriskie Point" und im Anschluss die "Electric Family". Den Film gibt es sicher auf Konserve und mit vorliegender CD nun auch das sich anschließende Konzert. Punktlandung!
Und dass sogar der damalige Festival-Preisträger Mario Adorf backstage für den Auftritt gratulierte, zeigt, dass der Mann auch musikalisch gut unterwegs ist.
Line-up The Electric Family:
Tom 'The Perc' Redecker (vocals, acoustic guitar)
Jochen Schobert (electric guitar, synthesizer guitar)
Volker Kahrs (keyboards)
Hanno Janssen (drums)
Ben Schadow (bass)
Tracklist "Electric Kindergarten Vol. 9 – Live At Filmfest Schwerin, 09.Mai 2003":
- Sirius (3:25)
- I Love The Lighthouse (6:15)
- The Dragon Song (3:56)
- The Last Phase Of The Moon (4:30)
- Landmark Visions (10:24)
- Smalltown (3:26)
- Airchild (6:05)
- This Moon Of Both Sides (6:52)
- Bricks Of Time (7:56)
- Bronx Vanilla 4:05)
Gesamtspielzeit: 57:40, Erscheinungsjahr: 2023 (2003)
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