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The Yardbirds / Live At The BBC – LP-Review

The Yardbirds - Live At The BBC - LP-Review

Bis heute nimmt die Band The Yardbirds eine Ausnahmestellung in der britischen Rock-Historie ein. Nicht nur, dass sie Zeit ihres Bestehens (von 1962/63 bis 1968) eine der besten Rhythm’n’Blues-Combos im Vereinigten Königreich war, sie brachte auch noch drei der besten Gitarristen des Landes ans Tageslicht, die nach ihrem Ausscheiden auch auf eigenen Füßen zu Weltruhm gelangten. Dem damaligen Blues-Puristen Eric Clapton war die im Frühjahr 1965 veröffentlichte Single "For Your Love" ein viel zu großer (kommerzieller) Dorn im Auge, sodass er ausstieg und anschließend bei John Mayall’s Bluesbreakers anheuerte. Weitere Stationen waren Cream sowie Derek & The Dominos, bevor er seine Solokarriere startete. Sein Nachfolger Jeff Beck blieb bis Ende 1966, um seither ebenfalls solo seine Brötchen zu verdienen. Und schließlich war da noch Jimmy Page, der fortan bei der sich stark auf dem absteigenden Ast befindlichen Band versuchte zu retten, was nicht mehr zu retten war. Nach dem Ende der Yardbirds versuchte Page (noch mit Chris Dreja am Bass) eine neue Gruppe mit dem Namen The New Yardbirds zu starten (es gab sogar noch eine Skandinavien-Tour), aber nach dem Ausscheiden Drejas wurde diese Band mit den weiteren Mitgliedern Robert Plant, John Bonham und John Paul Jones dann in Led Zeppelin umbenannt. Der Rest ist Geschichte…

"Live At The BBC" bietet nichts gänzlich Neues, denn ein großer Teil dieser Aufnahmen ist bereits seit etwa zwanzig Jahren auf dem Markt. Dennoch klasse, diese erweiterte Compilation nochmal auf super klingendem 180g-Vinyl bekommen zu können. Und da The Yardbirds keine wirkliche Studio- oder besser gesagt Albumband war, bekommt man mit dieser Zusammenstellung eigentlich (fast) alles, was man braucht. Rein chronologisch gesehen müsste auf den ersten drei Tracks der ersten Seite noch Eric Clapton zu hören sein, der ist aber weder im Line-up der Doppel-LP noch auf dem Promotionzettel erwähnt. Eventuell ließ er sich also bei diesen Aufnahmen bereits vertreten, bevor er die Band endgültig verließ. Auf den ersten drei Seiten dieses Doppeldeckers steht also Jeff Beck als Gitarrist im Rampenlicht, während Jimmy Page dann die vierte Seite gehört.

Wie bei den vorherigen Livealben der Band wird auch bei "Live At The BBC" schnell deutlich, wie stark die Yardbirds – egal in welcher Besetzung – auf der Bühne waren. Hervorragende Songs der Marke "I Wish You Would", "Too Much Monkey Business", "Heart Full Of Soul", "Dust My Broom", "Still I’m Sad", "The Train Kept A-Rollin'" und, und, und… sorgen dann natürlich für die amtliche Vollbedienung. Lediglich "For Your Love" kommt erstaunlich 'dünn' rüber, was den Verdacht nahe legt, dass für die Single-Version dann im Studio doch ganz groß aufgefahren wurde. Ist aber nicht wirklich schlimm, denn es gibt weiteren großartigen Trost in Form von "Shapes Of Things" sowie eher Ungewöhnlichem wie dem Bob Dylan-Cover "Most Likely You Go Your Way (And I’ll Go Mine)".

Musikalisch gesehen merkt man den Yardbirds die inneren Querelen der letzten Monate und Jahre vor dem Auseinanderfallen übrigens nicht an. Logischerweise ist die neue Besetzung an der Gitarre deutlich zu hören und die neuen Songs hatten stilistisch ebenfalls eine Kurswende eingeschlagen. Leider gingen die Charterfolge der Singles deutlich zurück und die Band brachte nach dem 1966er "Roger The Engineer" auch weiterhin kein Studioalbum auf die Reihe. Besonders interessant ist hier das später auch von Janis Joplin gebrachte "My Baby" sowie eine ganz frühe Version von "Dazed And Confused", das Jimmy Page danach mit Zeppelin aufnahm und noch viele Jahre im Live-Programm hatte. In ihren Grundmauern steht die Nummer zwar schon, hört sich durch Keith Relf als Sänger und der anderen Rhythmus-Fraktion aber doch sehr unterschiedlich an. Durchaus reizvoll.

Letzten Endes ist "Live At The BBC" als ein sich über drei Jahre spannendes Zeitdokument einer einst großartigen Band. Der Frontmann Keith Relf starb 1976 im Alter von nur 33 Jahren dramatischerweise an einem Elektro-Schock, aber sporadisch war/ist der Drummer Jim McCarty noch mit unterschiedlichen Musikern unter dem Bandnamen auf den Bühnen unterwegs.


Line-up The Yardbirds:

Keith Relf (harmonica, rhythm guitar, lead vocals)
Jim McCarty (drums, background vocals)
Chris Dreja (rhythm guitars, bass)
Paul Samwell-Smith (bass, background vocals)
Eric Clapton (guitars, background vocals)
Jeff Beck (lead & rhythm guitars, background vocals)
Jimmy Page (lead & rhythm guitars, bass)

Tracklist "Live At The BBC":

Side 1:

  1. I Ain’t Got You
  2. Interview With Keith Relf
  3. For Your Love
  4. I Wish You Would
  5. Interview With Paul Samwell-Smith
  6. Heart Full Of Soul
  7. I Ain’t Done Wrong
  8. Too Much Monkey Business
  9. I’m A Man
  10. Evil Hearted You

Side 2:

  1. Interview With Paul Samwell-Smith
  2. Still I’m Sad
  3. Hang On Sloopy
  4. Smokestack Lightning
  5. Interview With The Yardbirds
  6. Mister You’re A Better Man Than I
  7. The Train Kept A-Rollin'
  8. Dust My Broom

Side 3:

  1. Mister You’re A Better Man Than I
  2. Baby, Scratch My Back
  3. Interview With Keith Relf
  4. Over, Under, Sideways, Down
  5. The Sun Is Shining
  6. Interview With Keith Relf
  7. Shapes Of Things
  8. Most Likely You Go Your Way (And I’ll Go Mine)
  9. Little Games

Side 4:

  1. Drinking Muddy Water
  2. Think About It
  3. Interview With Jimmy Page
  4. Goodnight Sweet Josephine
  5. My Baby
  6. White Summer
  7. Dazed And Confused

Gesamtspielzeit: 21:25 (Side 1), 21:58 (Side 2), 21:13 (Side 3), 23:39 (Side 4), Erscheinungsjahr: 2017 (1965 – 1968)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
Meine Beiträge im RockTimes-Archiv
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Meine Konzerberichte im Team mit Sabine
Mail: markus(at)rocktimes.de

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