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Alice Cooper / Road – CD-Review

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Unter dem Namen Alice Cooper finden wir bei der Suche im Internet zum 1972 veröffentlichten Album "School’s Out" die Begriffe Alternative/Indie, Musik & Hörspiele für Kinder, Pop und Rock gleichzeitig. Eine ungewöhnliche Mischung, die aber zeigt, was mit Rockmusik alles möglich ist. "School’s Out" dürfte den meisten bekannt sein und geht nach kurzem Anspielen nicht mehr aus dem Ohr.

Aus dem Titel des 51 Jahre alten Albums leitet sich die Frage ab, wie es aktuell um die Kreativität des populären Künstlers steht. Um es auf den Punkt zu bringen: "School’s Out" heißt es noch lange nicht in der langen Karriere des Sängers. Stattdessen ist 'Old School' angesagt und dies richtig. Alice Cooper lässt es mit seinen Bandkollegen richtig krachen.
Die 13 Stücke auf seinem neuen Album "Road" sind beste Beispiele für genreübergreifende Musik. Auf jeden Fall geht diese Musik sofort ins Blut. Beim Hören taucht die Frage auf, woher der 75-Jährige diese geballte Energie nimmt.

Eine erste Geige bei der Produktion spielt Bob Ezrin. Der Erfolgsproduzent (Deep Purple, Kiss, Pink Floyd) begleitet Alice Cooper schon seit mehreren Jahrzehnten. Die Zusammenarbeit mit dem kanadischen Musiker und Plattenproduzenten begann mit "Love It To Death". Es war das dritte Studioalbum der Band mit dem Namen Alice Cooper und erschien am 9. März 1971. Es folgten bis heute ein Dutzend weiterer Platten, an denen Alice Cooper und Bob Ezrin gemeinsam gearbeitet haben. Dagegen nehmen sich die vier bisherigen Alben von Deep Purple unter Mitwirkung von Ezrin bescheiden aus, wenngleich diese zuletzt für eine Frischenzellenkur bei den britischen Hardrockern gesorgt hatten, sowohl im Studio als auch auf der Bühne.

Die Produktion bei "Road" geht einher mit einem soliden, abwechslungsreichen Songwriting. Man spürt die Energie und Leichtigkeit, die die Band mit jedem Riff mitbringt, und hört die Geschichte hinter dem, was sie inspiriert hat. Das Sahnehäubchen liefern die Begleitmusiker an der Seite von Cooper, der gebürtig Vincent Damon Furnier heißt. Es sind seine treuen langjährigen Bandkollegen, seine Touring-Band: Ryan Roxie (Gitarre), Chuck Garric (Bass), Tommy Henrikson (Gitarre), Glen Sobel (Schlagzeug) und Nita Strauss (Gitarre) sind mit von der Partie. Kane Roberts, ein früherer Tour- und Aufnahmepartner von Alices Band, der 2022 kurzzeitig mit Cooper unterwegs war, hat einen besonderen Gastauftritt und steuert das raue und mitreißende "Dead Don’t Dance" bei. Zu den weiteren besonderen Mitwirkenden des Albums zählen Tom Morello von Rage Against The Machine, der Co-Autor von "White Line Frankenstein" war und Backing-Vocals singt, sowie Keith Nelson von Buckcherry und Wayne Kramer von MC5, die gemeinsam mit Alice neue Songs geschrieben haben.

Inhaltlich handelt es sich bei "Road" um ein Konzeptalbum über das Unterwegssein und die Geschichten, die ein Leben auf Tour schreibt. »Es geht um die Sachen, die unterwegs so passieren«, so Alice Cooper. »Es steckt viel Humor in diesem Album, auch einige Herzschmerz-Songs, aber insgesamt sehr Gitarren-lastig. Denn das ist es, worum es mir geht. Ich liebe es, die Songs mit Bob und der Band zu schreiben und es ist allen klar, dass die Gitarre immer das Hauptinstrument sein wird. Etwas anderes wird es bei uns nie geben.«

Musikalisch bleiben keine Wünsche offen. Das Hören der Platte ist schon deshalb Genuss pur, weil sich hier die Stilrichtungen die Klinke in die Hand geben. "Rules Of The Road" pendelt zwischen Blues und Südstaatenrock. Um kurz den Vergleich mit ZZ Top zu bemühen, sollte man bedenken, dass hier garantiert mehr Esprit dahinter steckt als bei mancher Live-Darbietung des Trios aus Texas, weil die Protagnisten dort mitunter vergessen ließen, welche geerdete Musik in ihnen steckte und es live viel langsamer angehen ließen. Soll heißen: Wenn man sich die Live-Umsetzung von "Road" vorstellen mag, bleibt garantiert kein Auge trocken.

Für Abwechslung und gute Laune sorgen die Interpretationen, die an die Stones erinnern ("All Over The World" und "Big Boots"). Dabei wird ins Gedächtnis gerufen, dass deren Musik schon immer eine Vorbildfunktion für den heute 75-Jährigen mit fast 60 Jahren Bühnenerfahrung hatte. Solche Vergleiche machen natürlich nicht die komplette Länge einer Interpretation aus, aber der Geist der beschriebenen Musik steckt unbestritten darin. "Go Away" hat bei mir alleine schon die Endlosschleife verdient. Nach Coopers eigenen Angaben entstand dieses Lied auf der Suche nach einer Kennmelodie oder Hymne, die eindeutig der Band Alice Cooper zugeordnet werden würde. Die Rolling Stones hatten "(I Can’t Get No) Satisfaction" und The Who hatten "My Generation", war dessen Motivation beim Schreiben. Musikalisch hört sich "Go Away" ein bisschen an wie 'Rainbow trifft AC/DC'. Damit wird deutlich, in welchen Regionen das komplette Album unterwegs ist.

Die Rolle des Schock-Rockers schien Alice Cooper lange Zeit gepachtet zu haben. Es war vor allem sein Image als Kunstfigur. Auf "Road" tritt er uns mit Rockmusik der 1970er und 1980er Jahre entgegen – traditionell, aber modern und zeitlos verpackt. »Auf Road wollte ich, dass die Band an der Entstehung aller Songs beteiligt ist. Ich sehe die Jungs und Nita nur, wenn wir auf Tour sind. Ich wollte also, dass sie so tight wie bei den Live-Gigs sind, aber eben mit ganz neuem Material. Genau das war der Ansatz für diese Platte. Wenn man eine Band hat, die so fantastisch wie meine ist, sollte man auch mit ihnen angeben – und das Album ist meine Art, eben das zu tun«, wird Alice Cooper zitiert. Diesen Anspruch hat er gewiss umgesetzt. Folglich gibt es dafür von mir die volle Punktzahl.

"Road" erscheint in diversen Formaten, unter anderem in limitierten Vinylfarben und mit einer Bonus-DVD/Blu-ray, die eine Aufzeichnung der Show beim Hellfest 2022 enthält.


Line-up Alice Cooper:

Alice Cooper (vocals, backing vocals)
Tommy Henriksen (guitars, keyboard, percussion, backing vocals, piano – #7, bass – #7,11)
Ryan Roxie (guitars, backing vocals – #13)
Nita Strauss (guitars, backing vocals – #13)
Chuck Garric (bass, backing vocals – #13)
Glen Sobel (drums)

With

Bob Ezrin (backing vocals, acoustic guitar – #11, horn synth – #12)
Keith Miller (acoustic guitar – #11)
Roger Glover (bass – #11)
Burleigh Johnson (piano – #10)
Kane Roberts, (guitars– #4)
Tom Morello (guitars – #6, backing vocals – #6))
Sheryl Cooper (backing vocals – #8)

Tracklist "Road":

  1. I’m Alice
  2. Welcome To The Show
  3. All Over The World
  4. Dead Don’t Dance
  5. Go Away
  6. White Line Frankenstein
  7. Big Boots
  8. Rules Of The Road
  9. The Big Goodbye
  10. Road Rats Forever
  11. Baby Please Don’t Go
  12. 100 More Miles
  13. Magic Bus

Gesamtspielzeit: 47:49, Erscheinungsjahr: 2023

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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