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Bröselmaschine / Live At Rockpalast – CD-Review

Bröselmaschine - "Live At Rockpalast" - CD-Review

Es ist fast schon verstörend festzustellen, wie wenige Studioalben von der in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre gegründeten Formation Bröselmaschine lediglich existieren. Zu Buche steht das gleichnamige Debüt aus dem Jahr 1971, gefolgt von "Peter Bursch und die Bröselmaschine!" (1976), "I Feel Fine" (1978) sowie "Graublau" (1985) und abgesehen von einigen Live-Scheiben wars das auch schon. Naja, nicht ganz, denn in der zweiten Hälfte der 2010er Jahre kam nochmal richtig Schwung in die Bude. Die beiden Studioplatten Indian Camel (2017) und Elegy (2019) wurden nicht nur in der RockTimes-Redaktion richtig abgefeiert, auch die Macher des WDR-Rockpalast waren ganz offensichtlich (wieder?) hellhörig geworden, hatte die Band doch bereits 2008 ein Konzert für diese Sendung eingespielt. Die hier enthaltenen zehn Tracks wurden 2021 aufgrund der Pandemie ohne Publikum, dafür jedoch komplett live auf der Bühne eingespielt und spiegeln mit sieben Tracks in erster Linie das Album "Elegy", mit drei weiteren Nummern aber auch die Scheibe "Indian Camel" wider.

Dem Verfasser dieser Zeilen waren die beiden vorgenannten Studioalben bisher nicht bekannt, nichtsdestotrotz kann er die Faszination seines ehemaligen Kollegen Michael mittlerweile durchaus teilen. Was Bröselmaschine auf "Live At Rockpalast" präsentiert, sind hervorragende Songs, gespielt von einer Band, der man ihre musikalische Klasse, ihre – in diesem Fall positiv gemeinte – Routine und ihr selbstsicheres Auftreten umgehend anhört. Dazu überzeugt die relativ neue, auf "Elegy" bereits vertretene Sängerin Stella Tonin auf voller Linie, in dem sie es schafft, trotz der deutlich vorhandenen (erlernten) Technik immer viel Gefühl in die Songs zu übertragen. Besonders deutlich zum Vorschein kommt dies auf dem Blues-Klassiker "I’d Rather Go Blind", bei dem sie gekonnt zwischen eleganter professioneller Präzision und Gefühlsausbrüchen hin und her mäandert. Die Band wird diesem immer wieder gern gehörten Stück ebenfalls mehr als gerechnet, was es zu einem der absoluten Gewinner auf "Live At Rockpalast" macht.

Um mal bei den anderen 'Ausreißern' einzubiegen, stellt "Indian Camel" einen köstlichen Trip in die orientalische bzw. indische Welt dar. Peter Bursch glänzt hier einerseits an der Sitar, während Michael Dommers an der elektrischen Gitarre die Brücke zur westlichen Welt schlägt. Und um diesen Film im Kopfkino des Hörers erst gar nicht in andere Richtungen abdriften zu lassen, bleibt das Stück auch in seiner Gänze instrumental. Klasse! Auch "Oriental Mind", der Name deutet es bereits an, fließt geschmeidig auf der World Music-Schiene und hier zeigt Stella Tonon, dass sie auch diesbezüglich gesanglich mithalten kann. Um das Thema 'Ausreißer' abzuschließen, muss natürlich noch das T. Rex-Cover "Children Of The Revolution" angesprochen werden. Verpackt in ein kompaktes Bröselmaschine-Arrangement gewinnt das Stück an zusätzlicher Dimension, verliert allerdings auch etwas von seiner unmittelbaren Direktheit. Dennoch ist die Marc Bolan-Komposition deutlich auf der Haben-Seite zu verbuchen.

Um auf die auf dieser CD vertretenen Stücke von "Elegy" zu kommen, macht "Bliss" mit seinem straighten Songwriting und seiner gelungenen Umsetzung einen bärenstarken Anfang. Klar ist, dass man neben den bereits genannten Musikern auch einem Manni von Bohr am Schlagzeug nichts mehr beibringen muss, aber auch Carlos Palmen am Bass und Thomas Plötzer an den Keyboards überzeugen auf voller Distanz. Ob des atmosphärischen "Sole Ruler" oder des rockigen und sehr starken "Black Is Your Color", bei diesem Auftritt von Bröselmaschine im Rahmen des Rockpalast, aufgenommen am 20. April 2021 in der Zeche Heinrich-Robert in Hamm, ist alles stimmig, alles im Lot und die Scheibe schreit geradezu danach, von ebenfalls noch Ahnungslosen (wie es bis vor kurzem auch der Rezensent noch war) entdeckt zu werden.

Dicker Tipp für alle, die Lust auf extrem gut gemachte Rock-Musik 'Made in Germany' mit dem gewissen Blick über den Tellerrand haben. Ein Gewinn für jede Plattensammlung!


Line-up Bröselmaschine:

Peter Bursch (guitars, sitar, background vocals)
Stella Tonon (lead vocals)
Michael Dommers (guitars, background vocals)
Carlos Palmen (bass)
Thomas Plötzer (keyboards)
Manni von Bohr (drums)

Tracklist "Live At Rockpalast":

  1. Bliss
  2. Elegy
  3. Oriental Mind
  4. I’d Rather Go Blind
  5. Black Is Your Color
  6. Indian Camel
  7. Fall Into The Sky
  8. Sole Ruler
  9. Pajaro
  10. Children Of The Revolution

Gesamtspielzeit: 59:52, Erscheinungsjahr: 2023 (2021)

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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