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Cactus – Black Dawn-Tour – Bluesgarage, Isernhagen, 11.05.2017 – Konzertbericht

Frontmann vom Feinsten: Jimmy Kunes

Jimmy Kunes auf der Bühne der Bluesgarage

Manchmal kann man sich nur wundern, wie schnell die Zeit vergeht. Was uns in jungen Jahren von den Eltern und Großeltern immer wieder vorgebetet und von uns halbwüchsigen Leuten immer nur müde belächelt wurde, hat uns jetzt eingeholt. Ein Jahr ist eigentlich nichts! Als bestes Beispiel dafür kann ich jetzt anführen, dass die letzte Europa-Tour der amerikanischen Rocklegende Cactus auch schon wieder vier Jahre her ist. Fast auf den Tag genau vor vier Jahren und einem Monat stand die Band um Drummer Carmine Appice zum letzten Mal auf der Bühne der Bluesgarage. Damals musste die Truppe kurzfristig auf Tim Bogert verzichten, der ganz kurz vor der Tour aus gesundheitlichen Gründen ausgestiegen war, und auch Randy Pratt an der Harmonika fiel krankheitsbedingt kurzfristig aus. Trotzdem spielten Cactus ein richtig geiles Konzert und begeisterten ihr Publikum total.

Jimmy Caputo rockt den Gig

Jimmy Caputo live

Und auch an diesem Donnerstagabend, an dem die Band ihre diesjährige Europa-Tour begann, waren einige Änderungen im Line-up zu verzeichnen. Zwar stand Randy Pratt diesmal mit auf der Bühne, dafür fehlten aber Gitarrist und Gründungsmitglied Jim McCarty, für den das Touren aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich ist und Bassist Pete Bremy, der sich in Zukunft eigenen Projekten widmen will und deshalb seinen Dienst bei Cactus quittiert hat. Ersetzt wurden sie von Jimmy Caputo an den dicken Saiten und Paul Warren, der als Leadgitarrist schon Leute wie Rod Stewart, Tina Turner und Joe Cocker auf der Visitenkarte stehen hat. Beide Musiker gehören seit Anfang diesen Jahres zum festen Line-up von Cactus. Man konnte also gespannt sein, wie das Zusammenspiel mit den restlichen Bandmitgliedern klappen würde.

Der unvergleichliche Carmine Appice an der Schießbude

Carmine Appice in Action

Nachdem die Hinfahrt unsere Geduld auf eine harte Probe gestellt hatte (10 Kilometer Stau auf der A7 verzögerte unsere Ankunft in Isernhagen erheblich), kamen wir doch noch eine halbe Stunde vor Konzertbeginn in der Bluesgarage an und fanden auch noch gute Plätze. Danach füllte sich der Saal dann aber ziemlich zügig, sodass die Location zum Start des Gigs für einen Donnerstag sehr gut gefüllt war. Auf die Minute pünktlich um 20.00 Uhr enterten Cactus die Bühne und stiegen gleich voll ein. Sänger Jimmy Kunes (Ex-Savoy Brown) stolzierte mit hochschwingendem Mikrofonständer über die Bühne und feuerte seine Kollegen damit gleichzeitig so richtig an. Randy Pratt (Ex-Lizards) knallte heftige Harmonika-Salven ab. Dazu machte die Rhythmus-Sektion unglaublich viel Druck. Jimmy Caputo ließ die dicken Saiten glühen, während der unvergleichliche Carmine Appice die Felle und Becken mit einer fast unwirklichen Präzision bearbeitete. Dieser Mann ist einfach nur der blanke Wahnsinn und alleine schon das Eintrittsgeld wert.

Paul Warren gibt alles

Paul Warren in vollem Einsatz

Die eigentliche Überraschung war aber für mich Paul Warren am Sechssaiter. Klasse, wie er die Cactus-Songs inzwischen voll verinnerlicht und ihnen dabei seinen ganz eigenen Stempel aufgedrückt hat. Es macht mächtig viel Spaß, diesen Mann zu beobachten, wie er mit vollem Körpereinsatz seine Soli abfeuert und voll in der Musik aufgeht. Und dazwischen tobt immer wieder Jimmy Kunes über die Bühne. Von links nach rechts, von hinten nach vorne, der Mann ist wirklich überall. Vom Schlagzeugpodest bis zum vorderen Bühnenrand – kein Teil der Bühne ist vor ihm sicher. Und neben seiner hervorragenden Stimme ist die Kommunikation mit dem Publikum seine große Stärke. Immer wieder animierte er die Zuhörer zum Mitsingen und –klatschen, was auch sehr gerne angenommen wurde. Jimmy Kunes ist eben der perfekte Entertainer!

Randy Pratt in Topform

Randy Pratt war diesmal dabei

Die Setlist war seit dem letzten Auftritt der Band in Europa natürlich leicht verändert, denn mit "Black Dawn" ist im letzten Jahr ein neues Studio-Album auf den Markt gekommen, das promotet werden muss. Doch es waren auch Songs vom Album V mit dabei, sowie auch einige Klassiker aus früheren Zeiten, mit denen Cactus an ihren früheren Frontmann Rusty Day erinnerten, der im Jahr 1982 auf so tragische Weise ums Leben kam, als er, zusammen mit seinem Sohn von einem Einbrecher erschossen wurde. Außerdem wanderte "Long Tall Sally", jahrelang der Eröffnungssong der Cactus-Gigs in den Zugabenteil. Absolutes Highlight aber war und ist das zehnminütige Schlagzeugsolo von Carmine Appice, bei dem er das Publikum im Mittelteil vom vorderen Bühnenrand aus nur mit seinen Drumsticks bewaffnet, zum Mitmachen animierte. Ganz großes Kino! Wie üblich wurde das Konzert mit "Rock’n’Roll Children" beendet, bei dem die Band noch einmal ihre ganze Energie reinlegte und herrlich abrockte. Nach 110 Minuten war leider schon wieder Schluss. Erneut konnten Cactus voll überzeugen und legten einen ganz starken Auftritt hin. Hoffentlich dauert es nicht wieder mehrere Jahre, bis sich die Band in unsere Gefilde verirrt, denn auch in der alten Welt schätzt man gute Rockkonzerte von der Güte einer Band wie Cactus.


Carmine Appice (drums, vocals)
Jimmy Kunes (lead vocals, percussion)
Randy Pratt (harmonica)
Paul Warren (guitar)
Jimmy Caputo (bass)

Über den Autor

Jürgen Bauerochse

Hauptsächlich zu besprechende Musikstile: Blues, Blues Rock, Southern Rock, Classic Rock
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Mail: juergen(at)rocktimes.de

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