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Fairport Convention / Live At Rockpalast – CD/DVD-Review

Fairport Convention / Live At Rockpalast

1975 war es, als die britische Folk Rock-Band Fairport Convention mit "Rising Of The Moon" das letzte Album mit Sandy Denny aufnahm. Leider war sie also nicht mehr dabei, als man sich am 23.3.1976 beim WDR, Studio L in Köln traf, um die neun Titel für dieses Doppelalbum aufzunehmen. "Live At Rockpalast", hier waren nicht nur Sandy Denny, sondern auch die Bandmitglieder Trevor Lucas und Jerry Donahue nicht mehr anwesend. Dave Swarbrick, Dave Pegg und Bruce Rowland, das waren die verbliebenen Musiker, die auch hier antraten, und sich mit Dan Ar Braz, Roger Burridge und Bob Brady wieder zur Bandstärke versammelten. Nun, man bedenke, dass sich seit der Gründung im Jahre 1967 so manch ein Wechsel vollzogen hatte, somit stand eigentlich gar kein Gründungsmitglied mehr auf der Bühne. Mit Dave Swarbrick war immerhin ein Musiker dabei, der 1969 erstmals in Erscheinung trat.

Man darf zwar die Musik erwarten, die man aus den frühen Jahren der Band kennt, eben diesen typischen Folk Rock englischer Prägung, doch hinsichtlich dessen, dass man eigentlich fast schon festgemauert war auf den Gesang von Sandy Denny oder Richard Thompson, klingt es zunächst einmal doch ein wenig anders als in den Anfangszeiten.

Die 1976 eingespielten Aufnahmen wurden noch einmal gründlich überarbeitet und klanglich restauriert, so dass man das Konzert in sehr ansprechender Qualität nun zu Hause nachvollziehen kann. Neben zumeist vorgetragenen Eigenkompositionen hat man relativ wenig auf alte bekannte Songs zurück gegriffen, so dass insofern ein recht frischer, unverbrauchter und neuer Ausdruck entstanden ist. "Sir B. McKenzie" ist einer der älteren Stücke und verbreitet noch am ehesten den bekannten Sound der Band, im Übrigen ein Instrumental, das unter anderem Richard Thompson noch mitkomponierte.

Gespickt mit Humor trug man die Nummern vor, das Publikum konnte jedoch wohl nicht so ganz mitgenommen werden dabei, dazu mehr zu den Eindrücken der DVD. Jedenfalls wird der letzte Song des Konzerts, "Dirty Linen", so angekündigt: »This is an instrumental and it is dedicated to our drummer’s underwear….«, gut gelaunt geht es hier also zu Ende, wie man es von einer solchen Musik erwarten kann…

Ungewöhnlich ist auch, dass mit dem Sänger und Gitarristen Dan Ar Braz ein französischer Folker an Bord ist, ein Musiker, der nie zu einem regulären Line-up der Band zählte. Das gleiche gilt eigentlich auch für Burridge und Brady, die für die Platte "Gottle O’Geer" aus 1976 ebenfalls nur Gäste waren. Zu den näheren Hintergründen empfiehlt es sich, im informativen Booklet zu lesen.

Die DVD erstrahlt zwar auch restauriert, aber eine hervorragende und einwandfreie Bildqualität wird nicht unbedingt geboten, so ganz scharf ist das Bild nicht. Doch letztlich ist es eine wertvolle Bereicherung, die Songs noch einmal auf diese Weise zu hören. Denn die Freude, mit der die Band ihre Stücke präsentiert, kann man so noch umfangreicher teilen und das trägt dazu bei, dass man viel besser genießen kann, was die Musiker vortragen. Hier sieht man dann auch diese brodelnde Leidenschaft! Herrlich, wie zum Beispiel Swarbrick und Burridge mit ihren Fiddles eine mitreißende Show abliefern! Derweil animiert Pianist Brady das Publikum zum Tanzen und schnappt sich gleich eine Dame aus dem Publikum, um dann noch weitere Personen förmlich von den Sitzen zu zerren, das ist einfach herrlich ("Cropredy Capers/The Frog Up The Pump")!

Es befinden sich sehr viele junge Menschen im Publikum, wobei es aussieht, als seien sie speziell geladen worden zu diesem Konzert, um zwischen den Songs brav Beifall zu klatschen. Echte Begeisterung sieht anders aus. Vergleichend ziehe ich einmal die Konzerte heran, die ich im Rahmen der St. Patrick’s Day Celebration Festivals habe erleben können, und die Menge stets 'aus dem Häuschen' war! Doch – oh Wunder, für das Fordern einer Zugabe wird man doch noch ein wenig 'wild'! Und für diese Zugabe, "Dirty Linen", fordert dann auch noch Swarbrick nachdrücklich zum Tanzen auf. Doch man bleibt brav sitzen – letztlich sind die Musiker auf der Bühne lebendiger.

Mithin – das Konzert mag keine Sternstunde der Band gewesen sein, es gibt bessere Live-Einspielungen, aber schließlich bewies diese 'Vorzeige-Institution' des britischen Folk Rocks doch, wie man Folk und Rock auf diese besondere Weise verknüpfen kann, und das in jener Formation auf hohem Niveau.


Line-up Fairport Convention:

Dave Swarbrick (vocals, violin, mandolin, autoharp)
Dave Pegg (bass, mandolin, vocals)
Bruce Rowland (drums)
Dan ar Bras (guitar, vocals)
Roger Burridge (fiddle)
Bob Brady (piano, vocals)

Tracklist "Live At Rockpalast":

CD:

  1. Applause
  2. Friendship Song (Come And Get It)
  3. Limey’s Lament
  4. Sir B. McKenzie
  5. The Boys Of Blue Hill
  6. When First Into This Country
  7. Our Band
  8. Lay Me Down Easy
  9. Cropredy Capers/The Frog Up The Pump
  10. Dirty Linen

DVD:

  1. Friendship Song (Come And Get It)
  2. Limey’s Lament
  3. Sir B. McKenzie
  4. The Boys Of Blue Hill
  5. When First Into This Country
  6. Our Band
  7. Lay Me Down Easy
  8. Cropredy Capers/The Frog Up The Pump
  9. Dirty Linen

Gesamtspielzeit: 41:07 (CD), 46:17 (DVD), Erscheinungsjahr: 2022

Über den Autor

Wolfgang Giese

Hauptgenres: Jazz, Blues, Country
Über mich: Althippie, vom Zahn der Zeit geprägt, offen für ALLE Musikstile
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Mail: wolfgang(at)rocktimes.de

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