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Helloween / Helloween – CD-Review

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Mit einigem Pathos ging das neue Album der Band Helloween an den Start. Vom »Beginn einer neuen Zeitrechnung« war die Rede, nachdem sich Andi Deris, Michael Kiske, Michael Weikath, Kai Hansen, Markus Grosskopf, Sascha Gerstner und Dani Löble kollektiv an ihr selbstbetiteltes Werk machten.
Ein Debütalbum im 37. Jahr der Bandgeschichte kann es nicht sein. Vielmehr wählten schon einige Bands einen solchen Titel, wenn ihr Album aus deren Sicht etwas Besonderes werden sollte. Eine der bekanntesten Produktionen im Metal ist "Metallica" der gleichnamigen Formation aus dem Jahr 1991. Es spaltete damals zwar kräftig die Gemüter; es war aber kommerziell das mit Abstand erfolgreichste Album von Metallica. 28 Millionen Mal ging der Silberling weltweit über die Verkaufstresen. Einen ähnlichen Achtungserfolg in ihrer langen Karriere wollen Helloween landen und sind damit schon auf einem guten Weg.

Das siebenköpfige Line-up wird von einem einzigartigen Hochgefühl begleitet, das ihnen die 'Pumpkins-United-World'-Tour zwischen 2017 und 2019 bescherte. Die Besetzung mutet wie eine All-Star-Band an, allerdings mit dem Zusatz, dass hier alle Musiker aus der gleichen Familie stammen. Zum Septett gehört Rückkehrer Kai Hansen. Der Bandmitbegründer verließ Helloween 1988 im Streit mit dem Management und gründete Gamma Ray. Seit 1989 leistet er dort einen soliden Job, konnte aber kommerziell nicht an Helloween anknüpfen.
Mit Gitarrist Michael Weikath und Bassist Markus Grosskopf gibt es zwei tragende Säulen, die vom ersten Tag der Bandgeschichte dabei sind. Mit Hansen verfügt Helloween jetzt über drei Sänger. Hinzu kommen die Background-Sänger Weikath und Grosskopf.
Helloween wird gern mit dem Wechsel von Musikern und der Plattenfirmen in Verbindung gebracht. Dies überdeckt allerdings die nicht unerhebliche Tatsache, dass die in Hamburg gegründete Band ausdauernd viele Tourneen rund um den Globus spielte.
Angesichts dieser unermüdlichen Aktivitäten ist die Bezeichnung als eine der weltweit einflussreichsten deutschen Metal-Bands gerechtfertigt. Metal aus Deutschland, noch dazu melodisch und möglichst mit viel Energie vorgetragen, war schon immer ein gefragter Exportschlager. Im Gegensatz zu vielen anderen Bands weltweit, die sich offiziell auflösten, um irgendwann wieder durchzustarten, bestehen Helloween seit 1984 und sind seitdem aktiv.

Weniger Pathos, sondern vielmehr Emotionen und Bandgeschichte stecken in der Produktion von "Helloween". Hier wurde großer Wert auf gute Studioarbeit gelegt. Das Album wurde am Original-Kit von Bandgründer Ingo Schwichtenberg eingespielt. Aufgenommen wurde es in den Hamburger Home-Studios an genau den Reglern, an denen Alben wie "Master Of The Rings", "The Time Of The Oath" und "Better Than Raw" entstanden sind. Unter der Regie von Hausproduzent Charlie Bauerfeind und Co-Producer Dennis Ward reiste die Crew nach New York, um in den Valhalla-Studios von Ronald Prent (Iron Maiden, Def Leppard, Rammstein u.a.) mit analoger Technik den letzten Schliff für das neue Werk zu erhalten.
In den höchsten Tönen schwärmt Bauerfeind über die Entstehung von "Helloween", dem 16. Album der Hamburger: »Nach über 30 Jahren mit den unterschiedlichen Line-ups der Band dachte ich, dass ich auf eine weitere extrem kreative Herausforderung bestens vorbereitet wäre – weit gefehlt! Mit diesem ’super sized creativity package' im Studio hat das Ergebnis meine Erwartungen in jeder Hinsicht meilenweit übertroffen.«

Musikalisch sollte das Werk langjährige Fans begeistern, aber auch neue Hörer für Helloween gewinnen. Vieles erinnert an den erfolgreichen Zweiteiler "Keeper Of The Seven Keys" (1987/88), die Alben Nummer zwei und drei. Helloween überzeugen mit einer Gesamtspielzeit von 65 Minuten und einigen langen Stücken, darunter die vorab ausgekoppelte Single "Skyfall". Das Zwölf-Minuten-Epos zum Ende ist aus der Feder von Kai Hansen und holt den so lange vermissten "Keeper"- Hauch zurück.
Es bedarf aber keiner Spielzeit von sieben Minuten ("Out For The Glory", "Robot King") oder länger, um bei Helloween komplexe kreative Stücke zu hinterlassen. Mein ultimativer Anaspieltipp ist "Best Time". Der dritte Track ist einer der Melodic-Kracher und geht sofort ins Ohr. Textlich erinnert der Song von Sascha Gerstner an die guten alten Zeiten, musikalisch überzeugt er mit souveränen Helloween-Gitarrenharmonien und einem eingängigen Chorus, der geradezu Glückshormone freisetzt.

Gerstner kommentiert die vorliegenden zwölf neuen Titel wie folgt: »Synergie, Energie, Kreativität. Das waren die Hauptelemente, die wir auf dem Album freigesetzt haben. Wir haben old-school Aufnahmetechniken aus den 80ern mit dem aktuellen Helloween-Vibe fusioniert und dann lagen sie vor uns: über 35 Jahre Heavy Metal-Erfahrung auf einer Platte.«

"Helloween" ist vor allem eines: Authentisch. Die Attribute Speed- und Power-Metal werden mit jeder Sekunde bei einem extrem hohen Wiedererkennungswert gelebt. Dabei wirkt der Longplayer erstaunlich modern. Das zeigen Parallelen zur Musik der schwedischen Heavy Metal-Band Ghost, die in einigen Passagen auf "Fear Of The Fallen" zu hören sind.
"Mass Pollution" darf man als Wunderwerk bezeichnen. Das Stück hat eine Spielzeit von gerade einmal 4:15 Minuten. Es ist erstaunlich, mit welcher Energie hier auf komplexe Weise in einer so kurzen Zeit Spannung aufgebaut wird, so dass sich Gitarren duellieren können. Auch hier werden Erinnerungen an die 1980er wach gerufen. Doch genauso gut passen die Melodien in die Gegenwart. Das ist es, was "Helloween" so wertvoll macht.

Helloween haben mit dem selbstbetitelten Album einen Volltreffer gelandet. Das Werk führt uns zurück in die 1980er Jahre und lässt uns im Hier und Jetzt verweilen.
Versteckt muss irgendwo eine Zeitmaschine eingebaut sein.


Line-up Helloween:

Andi Deris (lead vocals)
Michael Kiske (lead vocals)
Kai Hansen (vocals, guitar)
Michael Weikath (guitar, backing vocals)
Sascha Gerstner (guitar, backing vocals)
Markus Grosskopf (bass, backing vocals)
Dani Löble (drums)

Tracklist "Helloween":

  1. Out For The Glory
  2. Fear Of The Fallen
  3. Best Time
  4. Mass Pollution
  5. Angels
  6. Rise Without Chains
  7. Indestructible
  8. Robot King
  9. Cyanide
  10. Down In The Dumps
  11. Orbit
  12. Skyfall

Gesamtspielzeit: 64:57, Erscheinungsjahr: 2021

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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