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Jimmy Gee / Rock N Soul – CD-Review

Na, da hat er mich doch voll erwischt, unser Protagonist Jimmy, Kopf und Namensgeber von Jimmy Gee. Erinnere ich mich doch noch gut an sein Zweitwerk, Rock Your Town, das ich vor ein paar Jahren voller Begeisterung besprochen hatte und in Erwartung dessen, also ausschließlich knackiger und fetzender Töne, legte ich auch prompt den neuen Rundling, "Rock N Soul", in den Player. Und was dann aus den Boxen floss, hat in weiten Teilen so gar nichts mit Saitenhexerei und den vorgenannten Tönen zu tun. Im Grunde ganz schön blöd von mir, denn wer nennt auch ein Album "Rock N Soul" und versucht sich dann nur an Geschwindigkeitsrekorden…?

So aber haben wir hier ein Werk mit einem guten Dutzend, meist dem Blues zugetaner Songs, die sehr stark auf Feeling und nicht auf Effekthascherei ausgerichtet sind. Die beiden ersten Alben Jimmy Gees konzentrieren sich subjektiv subsummiert mehr aufs Deftige und hier kommen nun wohlgereifte Trauben in die Presse – man möge mir diesen etwas unpassenden Vergleich nachsehen. Unverzichtbar tragen dazu auch die anderen drei Musiker aus der Truppe bei, die eine fein modellierte Basis für das Wirken des Fronters erarbeiten. Neben Jimmy himself, der für alle Gitarren und die Haupt-Stimme verantwortlich zeichnet, gibt es den Tastenmeister Eda Schilling, der zudem noch Backings liefert, Oliver Busch am satten Tieftöner und last but not least Leo Sieg am Schlagzeug und anderen Instrumenten, auf die man hauen kann.

Unsere vier Musiker steigen mit dem noch recht rockigen Opener, "You Will See The Light", in die Scheibe ein und sorgen erstmal für einen gelungenen Weckruf. Dann wird man aber dem anderen Teil des Titels der CD treu und es folgt eine eingängige Ballade, deren rockige Provenienz jedoch nicht zu leugnen ist (um hier mal ganz klar ein Trennstrich zwischen Rock-Ballade und Schnulze zu ziehen!). Schon bevor ich kürzlich die Bestätigung erhielt, drängte sich mir beim ersten Hören von "Stairway To Your Heart" sofort der Eindruck auf, der frisch vermählte Jimmy habe diese Zeilen seiner Liebsten gewidmet…

"No War!" haut dann wieder etwas mehr rein, bringt eine Melodie- und Gesangslinie, die sich schnell einprägt – ab und zu unterbrochen von kleinen Proben der Fingerfertigkeit unseres Protagonisten. Ja, und dann, als hätte er sich meine Worte von vor drei Jahren gemerkt, folgt mit "Rock The Orient" ein Song, der mit seinen leicht arabisch angehauchten Attributen genau meinen Geschmack trifft.

Break. Um 180 Grad gedreht. "All We Need Is Love" verliert sich (positiv!) in einer feinen Gitarreninstrumentierung, die durchaus an Töne erinnert, wie wir sie so gerne von Altmeister Gary Moore hörten. Unterstützt von einer sauberen Tastenarbeit und wenig, aber effektiven Beiträgen aus der Rhythmusabteilung, singt Herr Jimmy hier gegen Krieg, Despoten und weitere Ungerechtigkeiten. In ähnlichem Stil folgt "I Want You To Know", bevor die Band dann mit "Liar" wieder etwas an Tempo aufnimmt.

Bei "Say Goodbye" muss jeder Freund ausgedehnter bluesiger Gitarrentöne in Verzückung geraten. Das ist ein Song, der so gut vorgetragen ist, dass er gerne auch acht statt vier Minuten dauern könnte. Ja, nicht zu Unrecht wurde Jimmy vor ein paar Jahren zum besten Rock-Gitarristen Deutschlands gekürt, er hat es wirklich drauf und beherrscht die Saiten perfekt. Das zeigt sich auch in der 'Feuerzeug-Schwenk-Ballade' "You’re Gone", die von der Band und ihm einwandfrei vorgetragen wird. Getoppt wird das noch von "I Feel Blue", sehr – nomen est omen – gefühlvoll gespielt und gesungen, authentisch bluesig-soulig.

Die Instrumentalnummer, "One Day In Late Summer", würde uns ganz gemächlich und leicht melancholisch aus der Scheibe entlassen, gäbe es nicht noch einen nicht gelisteten Song, der als Nr. 13 noch für ein wenig Country Rock-Flair sorgt.

Insgesamt freue ich mich, dieses dritte Album von Jimmy Gee ebenfalls in meinem Besitz zu haben und kann garantieren, dass mir manch Gelegenheit einfällt, zu der ich eine 'Relokation' von CD-Regal zu CD-Player vornehmen werde. Gelungen – sehr sogar!


Line-up Jimmy Gee:

Jimmy Gee (vocals, guitars)
Eda Schilling (keyboards, backings)
Oliver Busch (bass)
Leo Sieg (drums, percussion)
Margarita Gross (guest violin)

Tracklist "Rock N Soul":

1. You Will See The Light

2. Stairway To Your Heart

3. No War!

4. Rock The Orient

5. All We Need Is Love

6. I Want You To Know

7. Liar

8. Too Late

9. Say Goodbye

10. You’re Gone

11. I Feel Blue

12. One Day In Late Summer

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Gesamtspielzeit: 55:10, Erscheinungsjahr: 2016

Über den Autor

Jochen von Arnim

Beiträge im Archiv
Genres: Blues, Rock, Heavy Metal

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