«

»

Nektar / Live in Bremen – CD-Review

Dass dieses Live-Album eventuell zu seinem musikalischen Vermächtnis werden könnte, war Nektar-Mastermind und Frontmann Roye Albrighton wohl ziemlich klar. Wie mir Keyboarder Klaus Henatsch erzählte, wusste Roye von der Schwere seiner Krankheit, drängte aber trotzdem vehement darauf, die geplante Tour im Jahr 2015 durchzuziehen und dabei einen Gig herauszupicken und mitzuschneiden. Ausgesucht wurde das Konzert am 19. September im legendären Meisenfrei Bluesclub, Bremen, das jetzt als Doppel-CD vorliegt.

Die Fans der Band ahnten natürlich nichts von diesen tragischen Begleitumständen, zumal die Tour hervorragend lief, wovon ich mich fünf Tage vor der Show in Bremen persönlich überzeugen konnte, als Nektar in der Bluesgarage Isernhagen einen sehr starken Auftritt hinlegten. Leider bestätigten sich die Vorahnungen, denn während der Arbeiten an "Live in Bremen" verstarb Roye Albrighton am 26. Juli 2016 und konnte so die Veröffentlichung des Longplayers nicht mehr miterleben.

Um es gleich vorweg zu nehmen, der Doppeldecker erfüllt soundmäßig alle Erwartungen, die Töne kommen glasklar rüber. Eine Tatsache, die bei früheren Nektar-Livemitschnitten nicht immer selbstverständlich war. Man höre sich nur mal die beiden "Live In New York"-Aufnahmen an, die vom Klang her beim Hörer nur noch Pickel verursachen und höchstens Bootleg-Qualität besitzen. Hier haben Kai Fiefstück, zuständig für das Mixing und Mastering, sowie die beiden Produzenten Hartwig Komar und Klaus Henatsch wirklich ganze Arbeit geleistet.

Auch das Zusammenspiel der Band passt perfekt. Man merkt den Musikern deutlich an, dass sie in diesem Line-up schon viele Jahre miteinander Musik gemacht haben. Immerhin konnte ich Albrighton, Henatsch und Howden schon im Jahr 2007 live auf der Bühne erleben. Nur der Posten des Bassisten wechselte öfter. Bei dieser letzten Tour zupfte Tom Fry die dicken Saiten. Die Chemie stimmte also nach so einer langen Zeit, und das kann man bei den einzelnen Songs deutlich heraushören. Das Duo Albrighton/Henatsch ergänzte sich absolut perfekt. Und wenn man weiß, wie wichtig die Zusammenarbeit von Gitarre und Orgel bei der Musik von Nektar ist, dann sagt die Kooperation der Beiden schon alles zur Qualität dieses Konzertes aus.

Was mich in Sachen Trackliste schon bei dem Konzert in Isernhagen etwas verwunderte, war die Tatsache, dass das Kult-Album Remember The Future bei dem Auftritt, also auch auf "Live in Bremen" keinerlei Berücksichtigung fand. Das war doch schon ziemlich ungewöhnlich für einen Nektar-Gig, gehörten die Songs dieser Scheibe in der Regel doch immer zu den festen Bestandteilen der Shows. Doch natürlich waren trotzdem noch jede Menge Highlights in der Setlist vertreten. Allein schon der ellenlange Opener "A Tab In The Ocean" vom gleichnamigen Album verbreitete das so typische Nektar-Feeling. Nach der Bandvorstellung folgten übergangslos die beiden Book Of Days-Songs "Doctor Kool" und "King Of The Deep", zusammen mit "Recycled", dem Titelsong des gleichbetitelten Longplayers.

CD 2 beginnt dann erneut mit einem Höhepunkt. "The Dream Nebula Part 1 & 2" vom ersten Album überhaupt wurde ergänzt mit "Desolation Valley" und "Waves" und gab so ein perfektes und langgestrecktes Medley ab. Da passte einfach alles zusammen. Herrlich lange Soloeinlagen und Improvisationen bestimmten die Szenerie. Genau so liebt und liebte man diese Band. Und genau in dieser Art ging es dann mit einem munteren Mix aus den verschiedensten Epochen von Nektar weiter. Alles perfekt aufeinander abgestimmt und klasse gespielt von hervorragenden Musikern.

Mit dem wohl eingängigsten Nektar-Song, der als Zugabe Kultstatus besitzt, ging das Konzert und somit auch dieses Live-Album zuende. "Good Day" vom Album Sounds Like This animierte das Publikum zum Mitsingen und war ein würdiger Abschluss dieses Konzertes von einer Band, die es nun wohl nicht mehr geben wird.

"Live in Bremen" wird für alle Nektar-Fans das Vermächtnis von Roye Albrighton bleiben, der uns über Jahrzehnte mit seiner Musik begeistert hat und uns nun sehr fehlen wird.


 

Line-up Nektar:

Roye Albrighton (guitar, lead vocals)
Ron Howden (drums, vocals)
Klaus Henatsch (keyboards, vocals)
Tom Fry (bass)

Tracklist "Live in Bremen":

 

CD 1:

  1. A Tab In the Ocean
  2. Band Introduction
  3. Doctor Kool
    a. King Of The Deep
    b. Recycled

CD 2:

  1. The Dream Nebula (Part 1 & 2)
    a. Desolation Valley
    b. Waves
  2. Time Machine
  3. Now
  4. Cast Your Fate
    a. The Debate
    b. Man On The Moon
  5. Good Day

 

Gesamtspielzeit: 56:17 (CD 1), 63:20 (CD 2), Erscheinungsjahr: 2017

Über den Autor

Jürgen Bauerochse

Hauptsächlich zu besprechende Musikstile: Blues, Blues Rock, Southern Rock, Classic Rock
Meine Seite im Archiv
News
Mail: juergen(at)rocktimes.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>