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Ruffyunz / III – CD-Review

Ruffyunz / III

Schwedische Lücken, viele Köche und brotlose Kunst

Ruffyunz, da kapituliert sogar ein schwedischer Streaming-Gigant … kein Anschluss unter dieser Nummer.
Dabei besteht dieses musikalische Projekt aus New York City beileibe nicht aus Anfängern. Mastermind Randy Pratt am Tieftöner und diversen Effektgeräten gehört beispielsweise seit 17 Jahren dem reformierten Cactus an und ist bei den ebenfalls in NYC ansässigen Lizards tätig, sein Partner in Crime am Gesangsmikro – Ed Terry – arbeitete zwischen David Bowie und Stevie Wonder quasi alles mit Rang und Namen ab und JZ Barrell macht sich bereits seit Anfang der 1990er Jahre als Aufnahmespezialist einen guten Namen. Und doch sind selbige eher nur Eingeweihten ein Begriff.

Daher entstand im Pandemiejahr 2020 die Idee, von dem genannten Nukleus ausgehend deutlich prominentere Gäste am Schlagwerk, den Tasten und sechs Saiten einzusetzen, um die Grundidee einer Gemengelage aus Black Sabbath und James Brown umzusetzen.
So tummelten sich auf dieser geplanten Fünf-Album-Strecke bisher Koryphäen wie Pat Travers, Pat Thrall, Tracy G (Dio), Dave Meniketti (Y&T), Joel Hoekstra (u. a. Night Ranger, Whitesnake), Don-'ich habe bereits mit jedem zusammengespielt'-Airey und Bobby Rondinelli (u. a. The Lizards, Black Sabbath, Blue Öyster Cult, Rainbow, Axel Rudi Pell), wobei sich die vier Erstgenannten auch auf dem hier vorliegenden dritten Teil wiederfinden. Zusätzlich bekommen wir die Gäste Billy 'Spaceman' Patterson (Miles Davis, David Sanborn), Vinnie Moore (UFO), Bumblefoot (Guns N' Roses), Jim McCarty (u. a. Mitch Ryder & The Detroit Wheels, Buddy Miles Express, Cactus), Tony Franklin (u. a. The Firm, Blue Murder, Carmine Appices Guitar Zeus) und Derek Sherinian (u. a. Dream Theater, Black Country Communion) zu Gehör, komplettiert von Carmine 'The Goodfather' Appice (u. a. Vanilla Fudge, Beck, Bogert & Appice, Cactus, Blue Murder), der mit einer Ausnahme alle Felle und Becken in vom Lebensalter unbeeindruckter Manier bearbeitet.

Verderben aber jetzt womöglich so viele Köche doch den Brei?
Kurze Antwort: Ja!
Warum?

Bei der Zehn-Song-Kollektion gibt es zwei Coverversionen … und genau die entpuppen sich als die zwei einzigen Highlights des Albums. Vielleicht auch, weil sie bei dem ansonsten vorherrschenden Funky-Heavy-Hard Rock-Einheitsbrei einen Ausbruchsversuch wagen und absolut hörenswert interpretiert sind.
"I’m Gonna Tear Your Playhouse Down" von Earl Randle wurde 1972 von Ann Peebles erstmals aufgenommen, 1977 von Graham Parker And The Rumour präsentiert und schließlich durch Paul Young 1984/1985 zu Hitehren gebracht. Letztere Version scheint auch die Grundlage für die Ruffyunz gewesen zu sein, allerdings abgespeckt durch den Wegfall des 1980er Jahre Plastikgedöhns. Hier brilliert Tony Franklin in Pino Palladino-Manier, Randy Pratt erdet mit der Harp, Ed Terry darf endlich nach Ed Terry klingen, da Paul Young nachzuahmen ein sinnloses Unterfangen ist und Fernando Perdomo, der bereits mit Carmine Appice zusammengearbeitet hat, schmeißt die Orgel an und hält sich angenehm an den Saiten zurück, was ansonsten kein Trademark dieses Albums ist.

"Cadillac Walk" wiederum stammt von Moon Martin, wurde aber als eigenwilliger Boogie von Mink DeVille 1977 Erstveröffentlicht, bevor ein Jahr später der Urheber auf seinem Debütalbum das Ding in einen Country-Rocker ummodelte. Die Ruffyunz erweitern nun das Spektrum dieses Songs und machen einen Glam-Rocker im T-Rex-Style draus, inklusive eines überraschend feinfühligen Spiels mit dem Röhrchen vom raubeinigen Ex-Cactus-Axtschwinger Jim McCarty.

Der Rest des Albums klingt überwiegend wie ein Glenn Hughes-Projekt, welchem der Namensgeber abhandengekommen ist. Was wiederum Vokalist Ed Terry nicht gerecht wird, der sich im realen Leben gerne im stimmlichen Dreieck Robert Plant, Paul Rodgers und Jack Russell (Great White) bewegt, sich hier aber des Öfteren in die Richtung des Ex-Purple quälen muss und viel zu häufig elektronisch verfremdet wird. Glücklicherweise unterlässt er dabei jegliche Manierismen. Songs bleiben leider keine im Ohr, Saiten werden nicht gespielt, sondern geschreddert, Randy Pratt tobt sich auf Effektgeräten aus und Veteran Appice poltert wie ein Elefant im Porzellanladen durch die Gegend.
"Warm Oasis" mit dem Multiinstrumentalisten Billy 'Spaceman' Patterson lässt dann wenigstens noch durch eine proggige Jazz/Blues/Funk-Note im Laid-Back-Tempo aufhorchen.

Fazit:
Wer auf krachenden Funky-Heavy-Hard Rock abfährt, Effekthascherei zu schätzen weiß und auf jegliche Eingängigkeit bei Songs verzichten kann, sollte unbedingt ein bis zwei Ohren riskieren. Immerhin sind hier absolut profilierte Musiker am Start, die ihr Handwerk verstehen. Und drei Songs versprechen sogar Abwechslung und Raffinesse.
Aber insgesamt macht diese Veröffentlichung der brotlosen Kunst nur sehr bedingt Appetit auf zwei weitere angekündigte Werke.
Der schwedische Streaming-Gigant hat da ganz andere Repertoire-Lücken.


Line-up Ruffyunz:

Ed Terry (vocals)
Randy Pratt (bass, pedals, harp #5)
JZ Barrell (guitar)
Carmine Appice (drums)

With:
Pat Travers (lead guitar #1)
Pat Thrall (lead guitar #1)
Mike Dimeo (clavinet, B3 keys #1)
Bumblefoot (guitar #2, #4)
Derek Sherinian (keys #2)
Tracy G (lead guitars, rhythm guitars #3, #10)
Jesse Berlin (rhythm guitar #4, guitars #6)
Tony Franklin (bass #5)
Fernando Perdomo (lead guitar, keys #5)
Vinnie Moore (guitars #6)
Jim McCarty (slide guitar #7)
Dave Meniketti (guitar solo #8)
Billy "Spaceman" Patterson (guitars & everything else #9)

Tracklist "III":

  1. Street Corner High (5:08)
  2. Looking For The Edge (4:17)
  3. Malevolent Fool (5:44)
  4. Red Lines (5:20)
  5. I’m Gonna Tear Your Playhouse Down (4:53)
  6. Electric Mind Control (5:16)
  7. Cadillac Walk (4:38)
  8. Far Too Long (5:48)
  9. Warm Oasis (6:11)
  10. Hanging (4:27)

Gesamtspielzeit: 51:43, Erscheinungsjahr: 2023

Über den Autor

Olaf 'Olli' Oetken

Beiträge im Archiv
Hauptgenres (Hard Rock, Southern Rock, Country Rock, AOR, Progressive Rock)

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