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Accept / Symphonic Terror – Live At Wacken 2017 – DVD-Review

Accept / Symphonic Terror – Live At Wacken 2017

Wenn Metalklänge bei Orchestermusikern und ihrem Kapellmeister ein strahlendes Lächeln ins Gesicht zaubern, dann muss schon etwas Besonderes passiert sein.
Auf dem Accept-Album "Symphonic Terror – Live At Wacken 2017" sind derlei Reaktionen wiederholt auszumachen und sie übertragen sich beim Anschauen der DVD zwangsläufig auf den Betrachter.

Mehr als ein Jahr nach dem denkwürdigen Konzert am 3. August 2017 auf dem Wacken-Festival veröffentlichte das Label Nuclear Blast den Mitschnitt eines zweistündiges Gastspiels, dessen Charakter in dieser Art wohl einmalig sein dürfte.
Der Plan von Gitarrist Wolf Hoffmann war es, neben Stücken der deutschen Heavy Metal-Legende einige Titel seines Soloalbums "Headbanger’s Symphony" und Klassiker von Accept mit Orchesterbeteiligung an einem Abend aufzuführen.

Neu ist die Idee, klassische Musik und harte Klänge zu durchmischen, freilich nicht. 1969 haben es Deep Purple mit dem "Concerto For Group And Orchestra" zum ersten Mal erfolgreich vorgemacht, genau 30 Jahre später folgte das kontrovers diskutierte Album "S&M" mit Metallica und dem Klangkörper San Francisco Symphony. Viele weitere Beispiele ließen sich hier anfügen, aus Deutschland gehören Rage und Blind Guardian ebenfalls einer langen Reihe an.

Accept sind immer einen eigenständigen Weg gegangen und haben dabei auf vielen Alben klassische Elemente eingebaut. Man denke nur an die unverwüstliche Hymne "Metal  Heart" mit Tschaikowskis "Slawischem Marsch" als Intro und Beethovens "Für Elise".
Nun machte Hoffmann Nägel mit Köpfen und brachte auf dem weltweit größten Heavy Metal-Festival ein dreigeteiltes Konzert zur Aufführung, bei dem Metal-Puristen genauso auf ihre Kosten kommen dürften wie die Anhänger klassischer Musik.
Dabei gerät der Auftakt mit fünf Stücken der Band ohne Orchesterbegleitung zum Warmup vor 80.000 Fans. Neben "Die By The Sword" und dem zu Beginn von AC/DC inspirierten "Koolaid" vom jüngsten Album "The Rise of Chaos" (2017) erklingen im ersten Teil "Restless And Wild", "Pandemic" und "Final Journey", womit die Reise damit erst richtig beginnen sollte.

Der zweite Teil gehört sechs Instrumentalstücken, die Wolf Hoffmann für das gemeinsame Musizieren von Orchester und Metalband arrangierte. Wer wie ich sowohl Metal als auch Klassik bevorzugt, bekommt beim Zusammenspiel zweier nur scheinbar gegensächlicher Welten Ostern und Weihnachten auf  einmal serviert. Für mich ist dieser Part schließlich auch der Höhepunkt des Konzerts, das nach Ende dieses Teils keinesfalls an Spannung verliert. "Headbanger’s Symphony" bringt Werke der Komponisten Modest Petrowitsch Mussorgski, Ludwig van Beethoven, Sergei Sergejewitsch Prokofjew, Antonio Vivaldi und Wolfgang Amadeus Mozart zu Gehör. Während sich dabei Mark Tornillo (vocals), Uwe Lulis (guitars) und Peter Baltes (bass) eine kurze Verschnaufpause gönnen dürfen, wirken Phillip Shouse (guitars), Daniel Silvestri (bass) und Melo Mafali (keyboards) als Gastmusiker mit und bestreiten ihren Einsatz mit grenzenloser Spielfreude.
Derweil genießt Dirigent Jan Chalupecký vom Czech National Symphony nicht nur den Kontakt zu seinen 50 Musikern, sondern lässt sich vom riesigen Schlagzeug inspirieren, das Accept-Drummer Christopher Williams unmittelbar vor ihm bedient. Wie eingangs erwähnt, bleibt das Lächeln im Gesicht von Chalupecký fürs komplette Konzert erhalten. Zum Finale 'greift' er später sogar selbst zur Luftgitarre und gibt begeistert den Headbanger. Eine wunderbare Szene. Die Konstellation Notenpult-Schlagzeug begleitet beide Konzertteile, in dem das gut aufgelegte Orchester aus Prag mitwirkt.

Steht das 50-köpfige Ensemble in "Headbanger’s Symphony" eindeutig im Fokus, so geben im einstündigen dritten Teil die Gitarren sowie Tornillos kräftige Stimme deutlich den Ton an. Das Orchester gerät dabei aber nicht zum Beiwerk, vielmehr werden die bekannten Stücke mit überlegtem Akzent gespielt. Die sparsame Untermalung kommt dem jeweiligen Original zugute. Zugleich verleiht die Instrumentierung jedem einzelnen Accept-Titel eine unverwechselbarere Note. Der sparsame Einsatz der Streicher und Bläser lädt einerseits zum genauen Hinhören ein, er erzeugt aber – dank der Fusion von Metal und Orchester – einen besonderen Reiz.

Das außergewöhnliche Liveerlebnis verlangt zweifelsfrei nach mehr, weshalb sich Accept entschlossen haben, 2019 eine Tournee mit Sinfonieorchester durch mehrere Hallen Europas folgen lassen. Dazu gehören auch sechs Gastspiele in Deutschland mit dem "Orchestra Of Death". "Symphonic Terror" ist inzwischen auch ein zeithistorisches Dokument, hat Bassist und Ur-Mitglied Peter Baltes doch Ende 2018 seinen Ausstieg aus der Band bekannt gegeben.

Kennt man Konzertmitschnitte aus vergangenen Jahren, so fällt auf, dass Gitarrist Uwe Lulis beileibe kein Nebendarsteller ist, sondern ein gleichberechtigtes Bandmitglied neben Mastermind Wolf Hoffmann.
Nach der Reunion 2009 mit neuem Sänger ist die Dokumentation des Wacken-Konzerts aus dem Jahr 2017 sicherlich der Höhepunkt in der jüngeren Bandgeschichte. Das Zeitdokument gibt Aufschluss über das, was Accept ausmacht: Bodenständiger und ehrlicher Heavy Metal mit ungezügelter Spielfreude – und gleichzeitig der Bereitschaft zum Experimentieren.
Die Produktion erfolgte in sehr ansprechender Qualität mit guter Kameraeinstellung. Ein gefälliges Booklet mit zahlreichen Fotos vom Open-Air-Konzert rundet den positiven Gesamteindruck dieser Neuerscheinung ab.

"Symphonic Terror – Live at Wacken 2017" ist in folgenden Formaten erschienen:

  • BluRay+2CD Digibook
  • DVD+2CD Digibook
  • 2CD Digipak
  • 3LP Box (black) incl. booklet, poster
  • Limited Edition 3LP Box Set (gold) incl. booklet, poster
  • BluRay+DVD+2CD Earbook
  • Limited Edition Earbook inc. BluRay+DVD+2CD + signed photo card

Für die Besprechung stand die DVD+2CD-Digibook zur Verfügung.

Anspieltipps Headbanger’s Symphony: "Night On Bald Mountain" (Mussorgski),  "Pathétique" (Beethoven), "Symphony No. 40 in G Minor" (Mozart)
Anspieltipps Accept With Orchestra: "Shadow Soldiers", "Fast As A Shark", "Teutonic Terror"


Line-up Accept:

Mark Tornillo (vocals)
Wolf Hoffmann (guitars)
Uwe Lulis (guitars)
Peter Baltes (bass)
Christopher Williams (drums)

Guests (Part Headbanger’s Symphony):
Czech National Symphony Orchestra
(Conductor: Jan Chalupecký)
Melo Mafali (keyboard)
Phillip Shouse (guitars)
Daniel Silvestri (bass)

Tracklist "Symphonic Terror – Live At Wacken 2017":

DVD

Part 1: Accept

  1. Die By The Sword
  2. Restless And Wild
  3. Koolaid
  4. Pandemic
  5. Final Journey

Part 2: Headbanger’s Symphony

  1. Night On Bald Mountain
  2. Scherzo
  3. Romeo And Juliet
  4. Pathétique
  5. Double Cello Concerto in G Minor
  6. Symphony No. 40 in G Minor

Part 3: Accept With Orchestra

  1. Princess Of The Dawn
  2. Stalingrad
  3. Dark Side Of My Heart
  4. Breaker
  5. Shadow Soldiers
  6. Dying Breed
  7. Fast As A Shark
  8. Metal Heart
  9. Teutonic Terror
  10. Balls To The Wall

Bonus:

  1. Making Of: Wacken
  2. Making Of: Headbanger’s Symphony

CD1

  1. Die By The Sword
  2. Restless And Wild
  3. Koolaid
  4. Pandemic
  5. Final Journey
  6. Night On Bald Mountain
  7. Scherzo
  8. Romeo And Juliet
  9. Pathétique
  10. Double Cello Concerto in G Minor
  11. Symphony No. 40 in G Minor

CD2

  1. Princess Of The Dawn
  2. Stalingrad
  3. Dark Side Of My Heart
  4. Breaker
  5. Shadow Soldiers
  6. Dying Breed
  7. Fast As A Shark
  8. Metal Heart
  9. Teutonic Terror
  10. Balls To The Wall

Gesamtspielzeit: 120:05  Erscheinungsjahr 2018

Über den Autor

Mario Keim

Musikstile: Heavy Rock, Rock, Deutschrock, Hard Rock
Marios Beiträge im RockTimes-Archiv

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