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The Universe By Ear / Sail Around The Sun Live (2023) – CD-Review

The Universe By Ear / Sail Around The Sun Live (2023) – CD-Review

Was fällt als erstes auf? Nach I, II und III hat vorliegende Liveplatte einen Namen: "Sail Around The Sun Live (2023)". Und die startet mit dem kurzen "Waves", das, wie es der Name bereits suggeriert, wie ein düstere Stoner-Brecher in die Ohren brettert. Kurz, wie gesagt, denn alsbald 'versöhnt' der "Salty River" mit perfektem Gesang, der losgelöst von den Instrumenten beweist, dass die Musiker nicht nur Schlagwerk und Stahlsaiten, sondern auch ihre  Stimmbänder zu ihrem beherrschten Handwerkszeug zählen dürfen.

"Salty River (incl. Monoliths)" und spätestens das hochmelodische "Lie Alone" zeigen, wo das musikalische Universum der Schweizer zu finden ist. Man kann es Prog nennen, in Teilen auch im Stoner Rock oder im Heavy Psychedelic Blues verorten. Im Interview mit Stefan Strittmatter das mein ehemaliger Kollege Michael geführt hat, fiel der Ausdruck psychedelischer Brain Blues. Das gefällt mir, denn das passt zu einer Aussage des Gitarristen im Gespräch:»den Kopf darf man schon einschalten, muss man auch, aber dabei den Bauch nicht ganz vergessen«. Genau, das trifft es. Die Musik der drei Protagonisten in eine einzige Schublade zu packen wäre das Gleiche, wie eine Galaxie als komplettes Universum zu sehen. Man spürt als Hörer zu jeder Sekunde, dass Beni, Pascal und Stefan total aufeinander eingespielt sind; da passt alles. Ob nun die gewaltigen Ausbrüche oder aber bei den zarten Klängen von "Idaho", das anfangs – ich weiß nicht genau, wieso – an eine Schweizer Alm denken lässt. Zu den zarten und melodiösen Saitenzupfern pochen die Felle und da haben wir zum Beispiel zwei Galaxien. Eine düstere und lebensfeindliche und eine, die eine habitable Zone haben dürfte,

Dass auch die Fans vor der Bühne mitgingen, beweist der immer wieder aufbrandende Beifall. Aufgenommen wurde übrigens kein einzelnes Konzert, sondern aus den Stücken der "Sail Around The Sun"-Tour 2023 von Auftritten in der Schweiz, Italien und Deutschland die wohl passendsten ausgewählt, was die ganze Sache ziemlich rund macht und ohne die sonst bei Liveaufnahmen manchmal vorherrschende Rauheit auskommt. Wobei die bereits erwähnte Eingespieltheit des Trios mit Sicherheit auch eine Rolle spielt. Für Universe By Ear sind Liveshows übrigens die »Königsdisziplin« und das merkt man an allen Ecken und Enden. Nicht dass die wild jammen und den Faden verlieren, aber wenn ich "Make It Look Like An Accident" goutiere, ist das schon eine gewisse Jam-Orgie. Eine, ohne sich zu verlieren und getreu der Bandaussage »Prog ohne Einhörner, Stoner ohne Klischee und Psychedelia ohne Pillen«. Professionell boten sie ein Potpourri ihres Œuvres, quasi ein Best of und für mich haben die Nummern des ersten Albums erst einmal die Nase vorm.

Musik von Universe By Ear ist kein Fast Food und deshalb will sie nicht runtergeschlungen, sondern genossen werden. Nach diesem Genuss hatten die Nummern aus "I" die Nase nicht mehr alleine vorne. Denn: "Sail Around The Sun" vom letzten Output fließt einem zähen aber unaufhaltsamen Lavastrom gleich, gemächlich ins Hirn und will da nicht wehr weg. Einmal eingegroovt, kann man die Musik nur noch einsaugen. Dreizehn Minuten, in denen auf den Shows wohl niemand zum Bierholen den Saal verlassen hat. Genial, wie sich Gesang und Instrumente wie im Liebsakt umeinander bewegen. Auch vom "III"er ist "Something In The Water" und das ist ebenfalls ein psychedelisches Kunstwerk, das man mit den Ohren betrachtet. Und wenn da jemand vor dem geistigen Auge ein Einhorn sieht, ist das ok, Gefangen nimmt auf jeden Fall der herrliche Gesang zu fast außerirdischen Tunes. Gemächlich im Tempo und in Verbindung mit dem ählich langen Vorgänger beamt das den Hörer fast eine halbe Stunde lang in ungeahnte Sphären – »ohne Pillen«. Oder vom "II"er, der "Loudest Gorilla In The Cage": Nach dem anfänglichen Urknall, begeben sich die drei in einen psychedelischen Stonerkeller und ja, dort gibt es keine Einhörner. Stark – und schwupps gibt es keine geschmackliche Trennung der drei Studioalben mehr. Das ist alles aus einer Küche.

"Sail Around The Sun Live (2023)" ist das Dokument, das den Hörern der Scheiben "I" bis "III" den I-Tupfer ins Regal bringt. Auf diesen drei Alben, die ihr nach diesem Review ebenfalls lesen solltet, gibt es die Meinung zweier Kollegen und spätestens wenn ihr die auch kennt, sollten die Schweizer in euer Universum einziehen.


Line-up Universe By Ear:

Beni Bürgin (drums, percussion, vocals)
Pascal Grünenfelder (bass, vocals)
Stef Strittmatter (guitars, vocals)

Tracklist Sail Around The Sun Live (2023):

  1. Waves (1:18)
  2. Salty River (incl. Monoliths)  (6:16)
  3. Lie Alone  (6:23)
  4. Idaho  (6:01)
  5. High On The Hynek Scale (6:09)
  6. Ocean Clouds  (4:39)
  7. Seven Pounds  (6:43)
  8. Follow The Echo  (5:39)
  9. Make It Look Like An Accident  (3:39)
  10. Loudest Gorilla In The Cage (6:43)
  11. Sail Around The Sun (12:59)
  12. Something In The Water (12:08)

Gesamtspielzeit: 78:37, Erscheinungsjahr: 2023

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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