«

»

Latin Quarter / Kaiserslautern, Irish House, 11.04.2018 – Konzertbericht

Irish House in Kaiserslautern

Es gibt sie – die kleinen, schönen Läden, in denen gute Live-Musik gespielt wird. Manchmal sogar gar nicht weit weg. Auf die Autobahn drauf, kurz im Baustellenstau gestanden, ein paar Kilometer später wieder runter und schon fast da: am Irish House in Kaiserslautern (Mehlingen). Was nach malerischer Waldgaststätte aussieht, beherbergt einen ziemlich authentischen Irish Pub und im Nebenraum eine kleine aber feine Konzertbühne. Der Veranstalter Kunstgriff hat einen solchen getan, als er Latin Quarters Tourstart dorthin brachte.

Im Gepäck hatten Steve Skaith und Kollegen ein brandneues Album: "Pantomime Of Wealth". Dem räumten sie auch jede Menge Raum ein, sie stellten es praktisch vollständig vor. Von Drummer George Cook abgesehen, war die ganze Crew auf der Bühne bei der Einspielung der Scheibe maßgeblich beteiligt. George hatte auf der Platte schon bei zwei Songs getrommelt und sprang auf der Tour für Richie Stevens ein. Als weibliche Stimme (und was für eine!) war Mary Carewe auf der Bühne und bei den Aufnahmen dabei, am Bass Yo Yo Buys. Beide waren schon beim letzten Album The Imagination Of Thieves beteiligt. Die Keyboards besetzte Produzent und Gründungsmitglied Steve Jeffries und natürlich (nur der Vollständigkeit halber nochmal erwähnt) stand Steve Skaith mit seiner Akustikgitarre am Gesangsmikro.

Steve SkaithWie die Band, war auch das Publikum nicht mehr ganz blutjung. Viele dürften Latin Quarter schon seit der Bandgründung bzw. den größeren Erfolgen Mitte/Ende der 80er Jahre kennen und schätzen. Entsprechend war die Atmosphäre familiär und aufmerksam zugewandt. Erfreulicherweise widerstand die Band der Verlockung eine 'Best Of'-Show abzuliefern und noch erfreulicher freuten sich gerade die ganz treuen Zuschauer sehr über zwei nur selten gespielte alte Songs (mehr wird an dieser Stelle nicht verraten).

Neben den vielen neuen Songs gab es auch reichlich Material von den vorhergehenden Alben: "Nico" und "Marianne" von Tilt, "Even Superman (Is Dead)" von der Ocean Head, "You And Me" und "Dylan Thomas Was Right" von "The Imagination Of Thieves" zum Beispiel. Obwohl Latin Quarter als 'Band der 80er' gehandelt wird, sind der Sound und die Arrangements zeitgemäß. Beim Eröffnungskonzert wirkte das gesamte Songmaterial wie aus einem Guss, auch die Titel vom Debütalbum "Modern Times" waren behutsam an den heutigen Stand angepasst. 'Pop' als Stil führt ein bisschen in die falsche Richtung, denn die Songs sind zwar durchweg eingängig und sehr gekonnt arrangiert, aber niemals oberflächlich oder seicht. Wie schon der geschätzte Kollege Norbert zu "Ocean Head" schrieb: »Gefällige Melodien, runde Vokalsätze, schicke Arrangements. Ein paar Ethno-Tupfer hier, ein paar schräge Instrumentenschnipsel da, das Songwriting stimmt, die Zutaten auch.«.

Die Themen waren gemischt, persönliche und menschliche Inhalte wie Liebe und Liebesleid genauso vertreten wie Politik und Gesellschaftskritik. Wie sehr die Schere zwischen arm und reich immer weiter auseinanderklafft, zeigt der Titelsong des neuen Albums "Pantomime Of Wealth". Live kam der mit einer ziemlich rockigen Kante rüber und der Ausklang funktionierte so, wie ich es mir schon bei der Konserve vorstellen konnte: Das Publikum singt und klatscht mit bei »We are many, they are few…«. Und im Kopfkino laufen Menschen zusammen, werden immer mehr und immer lauter… »We are many, they are few…«.

"Oh Mexico", das Korruption und Drogenhandel thematisiert, knüpft an die Latin Quarter der Anfangszeit an. Erschreckend und bestürzend, dass "Radio Africa" noch immer »sad news« verkünden muss, wie vor über 30 Jahren. "America For Beginners", entstanden in der Ronald Reagan-Ära, erscheint heute aktueller denn je.»George Bush, komm zurück, es ist alles verziehen. Ronald Reagan, wir wollen dich wieder.« so die ironische Ansage Steve Skaiths; so passend an dem Tag, an dem Trump Angriffe auf Syrien angetwittert hat.

Die neuen Songs kamen durchweg gut an, auch wenn ich meinen Allerwertesten darauf verwette, dass sie im Lauf der Tour ganz sicher noch dazu gewinnen werden. Nervosität beim ersten Gig der Tour, ein paar Problemchen mit der Technik sowie eine Erkältung von Sänger Steve Skaith waren erkennbar. An manchen Stellen lief noch nicht alles ganz rund, doch genau das macht ja auch den Charme eines Live-Events aus. Gerade bei einer so fannahen Band wie Latin Quarter unterstreichen solche vermeintlichen Makel die Menschlichkeit und machen die Musiker noch sympathischer. Apropos fannah und sympathisch – Latin Quarter hat eine sehr aktive Facebook-Gruppe und Fanbase – dort gibt es immer wieder die neuesten Infos, ganz direkte Kommunikation zwischen Band und Fans und durchaus auch mal Fachsimpeleien über Fußball und andere wichtige Themen des Lebens. Im Vorfeld der Tour wurde dort nach Wünschen für die Setlist gefragt und über mögliche Songs spekuliert. Nach dem Gig waren die Musiker am Merch-Stand zum Signieren und für nette Gespräche.


Line-up Latin Quarter:

Steve Jeffries (keyboards, backing vocals)
Steve Skaith (vocals, acoustic guitar)
George Cook (drums)
Yo Yo Buys (bass, acoustic guitar, backing vocals)
Mary Carewe (vocals, melodica, keyboard)

Über den Autor

Markine (Konzertteam Markus und Sabine)

Gemeinsame Artikel von Markus Kerren und Sabine Feickert

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>