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Nick Mason’s Saucerful Of Secrets / Live At The Roundhouse – CD-/DVD-Review

Erst gucken, dann hören.
Dann hören und gucken.
Zwei CDs, eine DVD und ein richtig dickes Booklet stecken in einem Pappschuber, den ein kreisrundes Loch ziert.
Große Freude kommt bei einem Blick in die Tracklist auf. Mit "Obscured By Clouds", "When You’re In" sowie "Childhood’s End" gibt es drei Songs vom Album Obscured By Clouds aus dem Jahr 1972 . Ein Soundtrack zum Film "La Vallée". Die Scheibe erschien nach Meddle und vor Dark Side Of The Moon. "Obscured By Clouds" war beim Rezensenten schon damals beim Kauf der LP ein Favorit und ist es geblieben.

Die "Dark Side Of The Moon"-Veröffentlichung zählt schon nicht mehr zur Song-Auswahl der Band Nick Mason’s Saucerful Of Secrets.
Bei "Live At The Roundhouse" handelt es sich folglich um einen echten Rückblick auf die ersten Pink Floyd-Alben.
Musikalisch in Szene gesetzt werden die insgesamt zweiundzwanzig Songs von Gary Kemp, Guy Pratt, Dom Beken, Lee Harris und natürlich Nick Mason. Den Bassisten Guy Pratt kann man schon als einen engen Pink Floyd-Intimus sowie David Gilmour-Freund bezeichnen.
Aber wie kommt Gary Kemp ins Line-up von Nick Mason’s Saucerful Of Secrets? Der Gitarrist gehört zur New Wave-Band Spandau Ballet. Nike Mason sowie Gary Kemp kennen sich schon jahrelang und letztendlich hatte auch Guy Pratt die Finger mit im Spiel der Band-Findung.

Auf reichlich psychedelische Momente muss man nicht verzichten, denn Nick Mason’s Saucerful Of Secrets' Pink Floyd-Retrospektive geht zurück bis an die Album-Anfänge der Band als noch der bizarre Musiker Syd Barrett maßgeblich für die Kompositionen zuständig war.
Natürlich mischt sich die Psychedelic auch gut mit anderen Momenten, wie zum Beispiel in "Lucifer Sam", bei dem man die Neigung verspürt, den Refrain mitzusingen.
Selten live gehört, reflektiert "Arnold Layne" deutlich den Beat der Sechzigerjahre. Ebenfalls aus dieser Zeit stammt "Vegetable Man". "Bike" ist in diesem Verbund wohl extra abgedreht.

Den Hauptgesang teilen sich Gary Kemp sowie Guy Pratt.
Da könnte man vielleicht ein kleines Sandkorn im Getriebe des Quartetts finden, aber aus meiner Sicht macht Gary Kemp seiner Rolle als Sänger alle Ehre. Authentizität geht vor einem vielleicht missglückten Klingen wie Syd Barrett oder anderen Pink Floyd-Sängern.

Chapeau!
Nick Mason’s Saucerful Of Secrets ist weit davon entfernt, die alten Songs einfach nur nachzuspielen. Die individuellen Würzungen der Musiker sind erfreuliche Song-Färbungen, die wohl allen Anhängern dieser Pink Floyd-Ära gefallen werden. Bei den vielen Highlights kommen die Slide-Einsätze beim Rezensenten besonders gut an. So ist der Respekt vor der Tradition gewahrt und die Combo gleitet nicht in einen wahrlich unerwünschten Status einer Cover-Band.

Schießt die Formation über ihr Ziel hinaus, wenn man dem Titelsong des Albums Atom Heart Mother gegen Ende ein Reggae-Gewand verpasst? Aus meiner Sicht ein sehr gelungener Stil-Ausflug der geschickt komprimierten Suite.
Das Album bietet einen sehr ausgewogenen Sound, der einem Schlagzeuger wie Nick Mason auch gerecht wird.

Der zupackende Rock von "The Nile Song" erschüttert nicht nur die Wände des Roundhouse. Der Lautstärkeregler testet die Stereoanlage.
Bei den "Obscured By Clouds"-Songs reagiert die Gänsehaut ganz unbewusst. Brillant!

Bei "Set The Controls For The Heart Of The Sun" oder "One Of These Days" sind natürlich, wie während so manch anderer Nummer, jede Menge Glückhormone angesagt.

Zum Ohren- kommt jetzt auch noch der Augenschmaus hinzu.
Die DVD mit einen sehr gut strukturierten Menü, ist das Nonplusultra des Sets.
Man kann sich den gesamten Film anschauen, oder die Entscheidung trifft nur die Songs des Konzerts. Besondere Punkte des Bonus Features-Interesses sind zum Beispiel "Band Rehearsals", Vorstellung der Location oder Interviews der einzelnen Musiker.

David Gilmour hin, Roger Waters her, Nick Mason’s Saucerful Of Secrets verdrängt sie gewissermaßen und steht deutlich im Fokus des Pink Floyd-Nachlasses.
Bei "Live At The Roundhouse" haben beide Daumen Hochkonjunktur.
Bleibt gesund und nehmt euch zur Ablenkung Zeit für gute Musik.


Line-up Nick Mason’s Saucerful Of Secrets:

Nick Mason (drums, percussion)
Gary Kemp (guitar, lead vocals)
Lee Harris (guitar, vocals)
Guy Pratt (bass, lead vocals)
Dom Beken (keyboards, vocals)

Tracklist "Live At The Roundhouse":

CD 1:

  1. Interstellar Overdrive
  2. Astronomy Domine
  3. Lucifer Sam
  4. Fearless
  5. Obscured By Clouds
  6. When You’re In
  7. Remember A Day
  8. Arnold Layne
  9. Vegetable Man
  10. If
  11. Atom Heart Mother
  12. If (Reprise)
  13. The Nile Song

CD 2:

  1. Green Is The Colour
  2. Let There Be More Light
  3. Childhood’s End
  4. Set The Controls For The Heart Of The Sun
  5. See Emily Play
  6. Bike
  7. One Of These Days
  8. A Saucerful Of Secrets
  9. Point Me At The Sky

DVD: Main Feature

  1. Beginnings
  2. Interstellar Overdrive
  3. Astronomy Domine
  4. The History
  5. Lucifer Sam
  6. Fearless
  7. Obscured By Clouds
  8. When You’re In
  9. Remember A Day
  10. Arnold Layne
  11. Vegetable Man
  12. The Venue
  13. If
  14. Atom Heart Mother
  15. If (Reprise)
  16. The Nile Song
  17. Green Is The Colour
  18. Let There Be More Light
  19. The Perfornances
  20. Childhood’s End
  21. Set The Controls For The Heart Of The Sun
  22. See Emily Play
  23. Bike
  24. One Of These Days
  25. The Future
  26. A Saucerful Of Secrets
  27. Point Me At The Sky
  28. Band Rehearsals (Bonus Features)
  29. Band Interviews (Bonus Features)

Gesamtspielzeit: 48:38 (CD 1), 47:36 (CD 2), 115:45 (DVD), Erscheinungsjahr: 2020

Über den Autor

Joachim 'Joe' Brookes

Genres: Blues, Blues Rock, Alternative Music, Space Rock, Psychedelic Music, Stoner Rock, Jazz ...
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Mail: joachim(at)rocktimes.de

1 Kommentar

  1. Manni

    Hallo Joachim, schöne Review, liest sich gut!

    Zur gebotenen Musik hab ich zwiespältige Eindrücke. Mit viel Vorfreude hatte ich schon vor drei oder vier Monaten den Appetizer „If → Atom Heart Mother“ gehört. Ganz große Klasse. Als dann vor ein paar Wochen das Werk im Haus war, ist meine ursprüngliche Begeisterung durch einen gehörigen Schuss Ernüchterung verwässert worden…

    Die Songs aus der „Beat“-Phase von Pink Floyd, vor allem „Lucifer Sam“ und „See Emily Play“ sind wirklich gut gelungen, auch wie schon gesagt, ist die Version von „Atom Heart Mother“ – wenn auch mit etwas über 7 Min. fast 70% kürzer als auf der originalen LP – als Werkschau ein Schätzchen geworden.

    Ich kann mich aber mit vielen Versionen hier nicht so recht anfreunden, und das sind die Songs von Meddle (Fearless, One Of These Days) und meiner Lieblingsplatte Obscured By Clouds (der Titelsong, When You‘re In, Childhood‘s End). Bei „Fearless“ hat man am Ende des Songs sogar die originalen Fangesänge „You‘ll never walk alone“ aus dem Anfield-Stadion des Liverpool F.C. direkt von Meddle übernommen/reingemischt. Schlecht ist es ja nicht, was hier geboten wird. Wahrscheinlich sind mir die Originale einfach seit fast 5 Jahrzehnten zu vertraut.

    Gänzlich enttäuscht bin ich aber von den Tracks, die einen Vergleich zu vorliegenden Liveversionen von Pink Floyd selbst (auf dem 69er Doppelalbum Ummagumma ) erlauben (Astronomy Devine, Set The Controls For The Heart Of The Sun, A Saucerful Of Secrets): Hier sind die Defizite für mich überdeutlich. Auch wenn der Pink Floyd Drummer Nick Mason am Schlagzeug sitzt, bei diesen Songs hört es sich dann eben doch nach Coverband an. Fast jeder wird wohl Pink Floyd als musikalische Giganten anerkennen und das hört man dann auch im Vergleich. Auf Ummagumma brennen die ein rauschhaftes Live-Feuerwerk ab.

    Pink Floyd zu erreichen ist sicher verdammt schwer, wenn überhaupt möglich. Ehrlicherweise kann man Nick Mason‘s Band daher keinen Vorwurf machen, sie sind natürlich nicht auf dem Level der Altmeister. Beim echten Live-Erlebnis kommt es sicher auch besser rüber als von der Konserve; nur muss man auch sagen dürfen, wenn es nicht gefällt.

    Leider sind die uralten Aufnahmen von Pink Floyd aus 1969 klanglich – auch in remasterter Form – wohl … ja na, suboptimal. Aber die Musik reißt es raus. In dieser Hinsicht sind vorliegenden, 50 Jahre später mitgeschnittenen Aufnahmen naturgemäß weit überlegen. Für mich stellt sich damit die Frage: Lieber klangliche Abstriche für eine mitreißende Performance oder guten Klang für eine eher durchschnittliche Aufführung? Lange überlegen muss ich da nicht.

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