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Judas Priest / Bon Jovi – Rückblick, 14.07.1986, Coliseum, Vancouver, Kanada

Judas Priest / Bon Jovi – Rückblick, 14.07.1986, Coliseum, Vancouver, Kanada

Immer noch kaum Live-Konzert, daher hat unser Wilhelm mal wieder in der Vergangenheit gekramt und uns eine Show aus Kanada präsentiert.

1986 verbrachte ich drei Wochen in Vancouver, Kanada und als ich eines Morgens in der Zeitung sah,  welches Großereignis am nächsten Tag stattfinden sollte, rannte ich gleich los um mir eine Karte zu besorgen. Am Ticketshop staunte ich nicht schlecht. Es gab zwar noch genügend freie Plätze aber 'heiliger Halford', welch mickrige Tickets waren denn das? $o etwas gibt es bei uns Zuhause, wenn man mit dem Bahnbus von Bleckhausen nach Gerolstein fährt. Und ich hatte mir schon die tollsten Motive für meine Eintrittskartensammlung vorgestellt. Als die Frau am Shop meinen enttäuschten Blick sah, gab Sie mir zum Trost den Tipp, dass in einer Stunde Bon Jovi in der CD-Abteilung das neue Album signieren würden. "Slippery When Wet" wurde in Vancouver aufgenommen und wenn man schon mal da war, warum nicht?

Außerdem sollten Bon Jovi ja im Vorprogramm von Priest spielen und ich staunte nicht schlecht. So viele gutaussehende Frauen auf einem Haufen hatte ich noch nie gesehen. Da konnte man als 'Junge vom Dorf' nur noch staunen über enge T-Shirts, knappe Shorts und Beine, Beine, Beine. Dass ich Bon Jovi nur von weitem sah, war mir scheißegal, denn der Anblick vor den Autogrammtischen entschädigte doch für vieles. Ich machte mich also bester Laune auf den Heimweg und nahm abends in meiner Stammkneipe, der Blue Oyster Bar, noch einige Drinks zu mir. Am nächsten Tag ging es mit dem Linienbus zum Pacific Coliseum, was man in etwa mit der Dortmunder Westfalenhalle vergleichen könnte.

Schön geordnet standen dort vor mehreren Eingängen ein paar Hundertschaften von Fans und die Vancouver-Security. Auffallend war, dass keiner der Fans eine Bierdose in der Hand hatte. Das wunderte mich aber nicht, denn in Canada ist es verboten, außerhalb von Lokalen oder Privatbesitz Alkohol zu trinken. Deshalb haben die Säufer dort auch immer eine Tüte in der Hand, in der die Flasche drinsteckt. Mit dem nötigen Respekt ging es also ins Innere des Coliseums als die Tore geöffnet wurden. Als erstes wollte ich dann mal ein Bierchen zu mir nehmen, doch was war das? Alkohol wurde nur an Leute ausgegeben, die im Besitz einer bestimmten Plastikkarte waren. Wie und wo Sie an diese Karte herangekommen waren, konnte ich nicht herausfinden. Also nahm ich mir eine Cola und tigerte los in den Innenraum. Hier bot sich mir das gleiche Bild wie am Vortag im CD-Store. Viele junge Mädels und eine schöner als die andere. Ich fühlte mich richtig wohl vor der Bühne und als das Licht ausging, machte es mir komischerweise nichts aus' das alles nach vorne stürmte und ich von wohlriechenden Frauenkörpern fast erdrückt wurde.

Bon Jovi legten los mit "Livin' On A Prayer" und der Sound war klar und nicht zu laut. Gottseidank hatte die Band in dieser Phase noch keine Weichspüler der Marke "Bed Of Roses" im Programm. Straighter Heavy Rock durchpflügte die Halle und mit dem neuen Album hatte man ein Stück Rockgeschichte im Rücken. "You Give Love A Bad Name", "She Don’t Know Me" und "Runaway" kamen toll rüber und die Show war nicht von schlechten Eltern. Auch wenn ich jetzt als Poser verschrien werde, mir hat es echt gefallen und um mich herum waren die schönsten Frauen von Vancouver. Wer dabei keinen Spaß hatte war entweder tot oder ein Idiot.
Als das Licht dann (leider viel zu früh) wieder anging, zogen sich viele der Frauen zurück und die harten Jungs von Vancouver drängten nach vorne.

Judas Priest

Judas Priest

Die Umbaupause dauerte ca. 40 Minuten und im Vergleich zu Europa war alles etwas größer, eben Kanada. Das Licht ging aus und ich befürchtete  das nächste große Gedränge, doch es blieb aus. Lag es an der Biker-Gruppe, die um mich herum stand oder was? Wir standen also da und starrten mit großen Augen zur Bühne. Als das Intro endlich startete, standen Glenn Tipton und K. K. Downing als erste auf der Bühne, die in rotes Licht und Trockeneis getaucht war. Etwas behäbig startete man den Set mit "Out In The Cold" und große Jubel brach erst aus, als the godfather himself, Rob Halford, mit einem langen Ledermantel bekleidet hinter den Marshall-Türmen hervorkam.

Judas Priest

Judas Priest

Da standen die 'Priests of Heavy Metal' also in schickes Leder gehüllt und spielten die Songs vom "Turbo"-Album. "Private Property"' "Locked In" und "Turbo Lover" wurden gleich am Anfang verbraten und als die Designer-Ledermäntel abgelegt wurden, ging man an die Priest-Klassiker heran. Danke, denn "Breaking The Law" und "Hell Bent For Leather" hätte ich den Jungs in diesen Klamotten auch nicht abgenommen. Es fehlte etwas die Brutalität der "Defenders Of The Faith"-Zeiten und die Band hatte sich ein leichtes Poser-Image zugelegt. Dieses glich man aber mit einem Sound der Superlative aus, der besser nicht hätte sein können. In der Mitte des Sets kam mit "Rock You All Around the World" auch der este Song von "Turbo" zum Zuge. Was dann kam war eine Best of-Liste mit Songs wie "The Sentinal", "Freewheel Burning" und natürlich "Electric Eye", bei dem die Gitarristen von mechanischen Riesenarmen angehoben, gute fünf Meter über der Bühne schwebten. Das war dann auch das Finale der Show und mit "Green Manalishi", "Livin' Midnight" und "Another Thing Coming" wurde bei den Zugaben nochmal so richtig abgeräumt.

Das Publikum verhielt sich typisch nordamerikanisch und jubelte artig aber ohne auszurasten. Der Vorteil dieser Show lag aber auch darin' dass man beim Verlassen der Halle nicht über Bierleichen stolperte oder in Kotze trat. Draußen standen ein paar Girls, die stolz ihre Bon Jovi-Autogramme zeigten und spätestens da wünschte ich mir, der gute Jon zu sein. Nur für einen Tag.

Über den Autor

Wilhelm Eric Berwanger

Stilrichtungen: Hard Rock, Heavy Rock, Classic Rock, Heavy Metal

2 Kommentare

  1. Steffen Nitzsche

    Hallo Wilhelm Eic, na immer fein deine alten Erlebnisse rauszuholen. Du bist ja ziemlich rumgekommen früher und jetzt in Sachsen gelandet. Also bei uns gab es von Bier noch keine Leichen und ein Konzi ohne BIer war damals nicht vorstellbar. Zumindest bei uns…. Ich war diesen Sommer bei einer kanadischen Band in Dresden, die unsere Lockerheit bewundert hat bei FKK und Sauna. Unvorstellbar in Kanada. Na toll….Damals war ich nicht der Judas Priest Fan aber Bon Jovi war bei uns ne echte Nummer, auch schon 86 bei den jungen Leuten. Die Dinger waren echt der Hit, Judas Priest war was für ganz Eingefleischte wie auch Saxxon oder Accept. Diese Unbeschwertheit der damaligen Zeit wünsche ich mir gern zurück….

    1. Wilhelm Eric Berwanger

      Hallo Steffen,
      du sprichst sicher vielen Musikern und Fans aus dem Herzen mit dem Satz: "Diese Unbeschwertheit der damaligen Zeit wünsche ich mir gern zurück". Wir alle wünschen uns das sicher zurück und ich hoffe, wir können es auch noch alle erleben. Nun ja, rumgekommen bin ich meist bei Konzerten. Ich bin halt nicht in Urlaub gefahren und dafür zu Festivals und Konzerten. Musik war und ist mein Leben und es ist absolut Klasse, dass es vielen unserer Leser auch so geht. Bleib gesund und keep on rockin'

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