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Nektar / Live In Bremen – 3 LP-Review

Nektar - "Live In Bremen" - Vinyl-Review

Jeden Musikkiebhaber der alten Schule und ganz speziell alle Nektar-Fans traf es ziemlich unvorbereitet und hart, als Ende Juli 2016 die Nachricht die Runde machte, dass der Songwriter, Sänger und Gitarrist Roye Albrighton im Alter von 67 Jahren verstorben ist. Denn abgesehen von seinem engsten Familienkreis hatte das Nektar-Mastermind scheinbar niemand davon erzählt, dass er sehr krank war. Wie hätte man auch etwas Böses ahnen sollen, wenn im Spätsommer/Herbst 2015 noch eine Deutschland-Tour durchgezogen wurde, während der sich der Engländer nochmal in allerbester Form präsentierte. Etwa ein Jahr nach Albrightons plötzlichem Ableben erschien dann ein letztes Live-Dokument, ein auf eben dieser Tour mitgeschnittenes Konzert aus dem Meisenfrei in Bremen, das mein geschätzter Kollege Jürgen ja bereits sehr treffend in seinem CD-Review unter die Lupe genommen hat.

Die Überraschung war auf meiner Seite sehr groß, als im letzten Jahr dann ein neues Studioalbum angekündigt wurde. Neben den verbliebenen Mitgliedern Klaus Henatsch (keyboards, vocals) und Tom Fry (bass) sollte dafür eigentlich auch der Original-Drummer Ron Howden mit dabei sein, der aber in letzter Sekunde absprang und von Royes Sohn Che Albrighton ersetzt wurde. Ebenfalls auf Megalomania zu hören und in sozusagen sehr große Schuhe schlüpfte der Gitarrist und Sänger Alex Hoffmeister. Aber zurück zu "Live In Bremen", das nun auch auf einer Dreifach-LP für die Vinyl-Freunde erschienen ist. Auffällig ist umgehend, das mit dem Programm so gut wie die komplette Band-Geschichte abzudecken versucht wurde. Die ganze erste Plattenseite wird von dem nach wie vor großartigen und mächtig klingenden "A Tab In The Ocean" vom gleichnamigen zweiten Studioalbum eingenommen. Nicht nur ein perfekt gelungener Einstieg in einen Konzert-Abend, sondern darüber hinaus auch gleich noch eine echte Ansage, mit welchen Klassikern es vermutlich weitergehen wird.

Aber die Band tauchte mitnichten nur in die tiefen dunklen Gänge der Vergangenheit ein, sondern brachte ohne mit der Wimper zu zucken auch neueres Material wie etwa die beiden 2008er Tracks Book Of Days sowie "Doctor Kool" (oder beispielseise auch die noch jüngere Nummer Time Machine). Und warum auch nicht, denn auch diese Tracks passten sowohl qualitativ, als auch soundmäßig hervorragend zu den Klassikern der siebziger Jahre. "Recycled" nimmt ebenfalls eine komplette Vinyl-Seite ein und auch hier sprüht Nektar nur so vor Spielfreude. Echte Hammerwerke, komponiert und gespielt für die Ewigkeit. Seite 4 führt uns dann in Form von "The Dream Nebula" vom allerersten Studioalbum (1971) wieder sehr tief in die Vergangenheit, gefolgt von zwei weiteren Tracks aus dem Werk "A Tab In The Ocean". Mit Good Day ist selbstverstänlich auch der heimliche Hit der Band vertreten und überraschend ist lediglich, wie auch Jürgen bereits erwähnt hatte, dass die bärenstarke Scheibe Remember The Future hier (bzw. auf der kompletten Tour) überhaupt nicht berücksichtigt wurde. Davon abgesehen ist der Sound des Vinyls qualitativ hochwertig und natürlich macht es nach wie vor einen Höllenspaß, die Nadel in die Rille zu setzen und erstmal ein leises zärtliches und anheimelndes 'Knistern' zu hören.

Wenn man diese teilweise packenden und mitreißenden Stücke anhört, packt einen fast die Wehmut, auf dieser letzten Konzertreise der drei Briten (plus deutschem Keyboarder) nicht dabei gewesen zu sein. Die Zeiten von Songs, die eine ganze Vinyl-Seite ausfüllten und trotzdem zu keiner Sekunde langweilig sind, haben sich seit einiger Zeit eher rar gemacht, weshalb man den Nachlass von Nektar eigentlich gar nicht hoch genug bewerten kann.

Wer dieses Zeitdokument (mit Roye Albrightons letztem aufgenommenen Konzert) und sehr starke Live-Album noch nicht in seiner Sammlung hat – es lohnt sich! Und für Vinyl-Liebhaber sind die drei LPs mit "Live In Bremen" ebenfalls eine willkommene Ergänzung, selbst wenn die CD bereits im Regal steht.


Line-up Nektar:

Roye Albrighton (guitar, lead vocals)
Ron Howden (drums, vocals)
Klaus Henatsch (keyboards, vocals)
Tom Fry (bass)

Tracklist "Live In Bremen":

Side 1:

  1. A Tab In The Ocean

Side 2:

  1. Doctor Kool
  2. King Of The Deep

Side 3:

  1. Recycled (excerpt)

Side 4:

  1. The Dream Nebula (Parts I & II)
  2. Desolation Valley
  3. Waves

Side 5:

  1. Time Machine
  2. Now
  3. Cast Your Fate

Side 6:

  1. The Debate
  2. Man In The Moon
  3. Good Day

Gesamtspielzeit: 16:45 (Side 1), 19:17 (Side 2), 17:16 (Side 3), 14:20 (Side 4), 22:32 (Side 5), 25:48 (Side 6), Erscheinungsjahr: 2018

Über den Autor

Markus Kerren

Hauptgenres: Roots Rock, Classic Rock, Country Rock, Americana, Heavy Rock, Singer/Songwriter
Über mich
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Mail: markus(at)rocktimes.de

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