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Udo Klopke Band / Make Me An Offer – CD-Review

Udo Klopke Band / Make Me An Offer – CD-Review

Man sollte im Leben öfter lieber zweimal hinschauen bzw. nichts liegen lassen. Denn dann wäre dieses Review bereits vor gut zwei Wochen bei uns erschienen. Im Redaktionsalltag flattern ja täglich Platten ein und auch viele Mails landen im Postfach. Mails, in denen Musiker anfragen, ob man denn ihre Platte rezensieren möchte. Unmöglich, das alles zu schaffen. Man reagiert, wenn jemand schreibt, dass es sich um die ultimative Metal-Band, die verquerteste Jazztruppe oder die freakigsten Psychedelic-Rocker handeln soll. Interessieren die Stile, wird schnell gehört, ob es passt. Und so haben schon sehr viele Mailanfragen absolut tolle Neuentdeckungen zu Tage gefördert.

In vorliegendem Fall hat uns Udo ganz unprätentiös geschrieben: »Ich bin Singer/Songwriter und Gitarrist, und habe musikalisch schon ein wenig gemacht.«.
Singer/Songwriter ist so eine Stilangabe, die zwar einerseits auf große, ganz große Künstler zutrifft, aber auch Hobbyklampfer Egon aus dem weiteren Bekanntenkreis behauptet, ein Singer und Songwriter zu sein, wenn er bierselig des Abends seiner Fahne Worte mitgibt und diese in den Nachthimmel holpert.

So hob ich mir Udos Mail für den nächsten Tag auf, um mir den Mann einmal anzuhören. Ein Fehler, denn aus dem Tag wurden mehrere und fast hätte ich sie vergessen. Gottlob passierte das nicht, denn mir wäre ein tolles Album durch die Lappen gegangen. Singer/Songwriter? Ja, Udo singt und schreibt seine Songs selbst. Auch produziert hat er das Album selbst. Aber stilistisch ist mir die Angabe zu untertrieben, denn das ist alles vom Feinsten und von einer musikalischen Qualität, die mitnichten auf einen Musiker aus Neuss schließen lässt. Nichts gegen Neuss, aber das hier hat internationale Klasse.

Dabei war der Song, der mich auf Anhieb faszinierte und der mich die Platte anfordern ließ im Nachhinein tatsächlich ’nur' der Appetizer. Dem Link zum Titeltrack "Make Me An Offer" folgend, war sofort klar, dass hier eine Perle schlummert. Irgendwo zwischen Pop und Rock liegend, brannte sich das Lied sofort ein. Schade allerdings, dass Sängerin Katja Symannek nur bei diesem Stück vertreten ist. Ihre und Udos Stimme harmonieren hervorragend. Als Videoauskopplung ist "Make Me An Offer" die passende Wahl, hat dieser Track doch in allen Disziplinen das Zeug, landauf und landauf gespielt zu werden.

"Soul" startet funkig, behält diesen Grundtenor über weite Strecken auch bei, bietet darüber hinaus aber auch starke Breaks, klasse Gitarrenarbeit und traumhafte Harmonieparts. Und eine weitere Stärke des Musikers wird offensichtlich: Die Wahl seiner Mitmusiker. Markus Bender am Bass und Jan Wienstroer am Schlagzeug stehen hier – und auf einigen anderen Stücken Heiko Braun an der Percussion sowie Keyboarder Willem BeussUdo zur Seite. Handwerklich gibt es nichts, aber rein gar nichts auszusetzen. Die Band spielt dienlich aber auch instrumental erkennbar. Nicht aufdringlich, aber jeder gespielte Ton würde fehlen, wäre er nicht genau an der passenden Stelle vorhanden.

Perfekt arrangiert ist das alles und perfekt ist auch das Instrument des Hauptprotagonisten: Die Stimme. Ich gebe jetzt einmal einen groben Rahmen: Phil Collins, Ray Wilson, Steve Winwood.
Seine Fähigkeiten sind anerkannt, und so ist der Profimusiker bei vielen Produktionen und Künstlern eine feste Größe. Er war z.B. der Bandleader bei Marla Glen und wurde von SEAL als Sänger und Chorleiter gebucht. Ihn hat er dabei auf den Proben auch schon mal vertreten. Eingangs erwähntem Egon wäre das mit Sicherheit verwehrt worden.

Gitarrentechnisch geht es laut Udo auf vorliegendem Album etwas gemäßigter zu. Das war auf dem Vorgänger "The Pirate’s Son" wohl anders, wie der Bonustrack "Silvermoon" beweist. Diesem Stück darf man außerdem eine gute Portion Prog attestieren. Diese Spielart scheint ebenfalls wie gemacht für den Protagonisten. Es ist faszinierend, dieser Stimme zu lauschen. Die Band dahinter zieht ebenfalls alle Register. "Norway" ist etwas verspielter, klingt trotz des Namens wie ein irischer Frühlingsmorgen. Leicht jazzig die Gitarre, fett die Tasten. Auch stark. Das Vorhandensein dieser beiden Extrastücke haben wir der Tatsache zu verdanken, dass das Originalalbum anscheinend nicht mehr erhältlich ist. Es hat übrigens beim Deutschen Rock und Pop Preis 2017 zweimal den 2. Preis gewonnen: 'Bestes Rock Album des Jahres' sowie 'Bestes englischsprachiges CD-Album des Jahres'.

Die Bandbreite der Scheibe ist enorm. "Up All Night (For Elke)" etwa bietet Reggae. Keinen verrauchten, sondern einen mit feinsten Harmonien. Chapeau auch wieder an den Drummer und den Sechssaiter. Das Stück hat Udo seiner Frau gewidmet und im Gegensatz zu mir wird sie wissen, ob Udo flunkert, wenn er sagt, dass er von Hause aus Gitarrist sei und sich auf dem vorliegenden Werk aber diesbezüglich zurückgenommen hat. Alle Gitarrenparts sind genial und zeugen von großem Können. Falls er nicht geflunkert hat, wünsche ich mir auf dem nächsten Album ein paar heiße Läufe.

Spaß beiseite, "Make Me An Offer" ist ein starkes Stück Musik und ich muss die Neusser schon wieder um Verzeihung bitten, da ich derartige Produktionen nicht mit Neuss verbinde. In allen Liedern steckt ausgeklügeltes Songwriting, stecken unerwartete Wendungen. Mit "Water Runs Down" präsentiert sich mein persönliches Highlight. Sting oder die alten Genesis hätten den stellenweise vertrackten Grundtenor dieser Nummer auch nicht besser hinbekommen. Gibt man dem Volumeregler Feuer, darf man sich auch über wuchtige Drums und Tieffrequentes freuen. Und dann kommt es doch: Ein Gitarrenpart par excellence. Melodische Spannung gibt es kostenlos dazu. Ein Hammerstück vor dem Herrn!

"Hey Hey Hey" und "Big Amounts" sind akustischer und besonders letztgenanntes Stück beweist, wie einsatzfähig Udos Stimmbänder sind. "Hey Hey Hey" könnte aus dem Südwesten der USA kommen. Ich sehe den Protagonisten mit Cowboyhut und wie auch in "I Would Lay My Sword Down" könnte man hier die Storyteller-Karte ziehen. Wobei allerdings, auch bedingt durch die Mitmusiker, das normale Singer/Songwriter-Prädikat nicht ausreichend ist. Zu abgebrüht und ausgefeilt ist das alles. Die ganze Scheibe lässt eigentlich nur eine Wertung zu: Beide Daumen nach oben für Udo Klopke … aus Neuss.

Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass gerade der Titeltrack den Sprung ins Radio schafft. Er hat die richtige Rezeptur aus Pop und Rock, die nach Radiozeit schreit. Zumal der dritte Bonussong bereits als Radio Edit auf Platte ist. Den Namen Udo Klopke sollte man behalten. Ihr habt Glück, ihr Neusser …


Line-up Udo Klopke Band:

Udo Klopke (vocals, backing vocals, acoustic & electric guitars)
Markus Bender (bass)
Jan Wienstroer (drums)
Katja Symannek (backing vocals – #1)
Heiko Braun (percussion – #2,3,7)
Willem Beuss (keyboards – #1-4,8,9)

Tracklist: "Make Me An Offer"

  1. Make Me An Offer
  2. Soul
  3. Big Amounts
  4. Up All Night (For Elke)
  5. I Would Lay My Sword Down
  6. Hey Hey Hey
  7. Silvermoon [Bonus]
  8. Norway [Bonus]
  9. Make Me An Offer (Radio Edit) [Bonus]

Gesamtspielzeit: 49:34, Erscheinungsjahr: 2019

Über den Autor

Ulli Heiser

Hauptgenres: Mittlerweile alles, was mich anspricht
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2 Kommentare

  1. Ulli Heiser

    Ja, Udo ist ein hervorragender Musiker, der es schafft, auf der einen Seite sehr spannend zu klingen und trotzdem, auf der anderen Seite, ins Radio gehört. Das schaffen nicht allzu viele.

  2. Quarkde

    Es ist gut geschrieben und voll auf den Punkt. Bin Fan der ersten Udo-Stunde. Höre alle seine Lieder immer seh gern
    Kenne ihn von Geburt an. Danke für den tollen Bericht.

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